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# taz.de -- Neues Album von M.I.A.: Sie gibt niemals auf
> Nun ist „Matangi“ raus. Die britisch-tamilische Künstlerin M.I.A. will es
> wieder allen zeigen: dem Ex, dem Westen und den Imperialisten sowieso.
Bild: Anti-imperialistische Hupfdohle: M.I.A. beim Burn Selector Festival 2013 …
„Matangi“, das vierte Album von Matangi „Maya“ Arulpragasam alias M.I.A…
war ursprünglich bereits für Sommer 2012 angekündigt, zeitgleich mit einer
Autobiografie der Künstlerin und einem ihr gewidmeten Dokumentarfilm. Doch
daraus wurde nichts.
„Niemand in der Industrie hat in den letzten drei Jahren so viele Schläge
abbekommen wie ich. Das ist ein Fuck you an euch – und ein Danke an meine
Fans!“, teilte sie noch 2012 ihren Followern via Twitter mit. Doch die Welt
werde demnächst die ganze, ungeschminkte Wahrheit über die Frau hinter dem
Pop-Phänomen M.I.A. erfahren. Darauf wies auch der Titel des nach ihrem
bürgerlichen Vornamen getauften Opus [1][//soundcloud.com/miauk:„Matangi“]
hin. Maya – so hieß noch der Vorgänger – war nur ihr Spitzname.
Vor gerade acht Jahren überrumpelte eine bis dato unbekannte M.I.A. die
internationale Musikszene mit ihrem Debüt „Arular“, einem extravagant
eigenwilligen und energetischen Mix aus urbanen Sounds – von Grime über
Electroclash bis Baile Funk – und politisch engagierten Texten, die ihre
Erfahrung mit dem Bürgerkrieg im heimatlichen Sri Lanka und dem Rassismus
im englischen Asyl zum Thema machten.
„Like PLO Don’t surrender!“, (Ich gebe niemals auf, wie die PLO!), rappte
sie im Song „Sunshowers“. Ihr Antrag auf ein Visum in die USA wurde prompt
abgelehnt. Die klangliche Inspiration für ihr 2007 erschienenes Album
„Kala“ holte sie sich stattdessen dann in Jamaika, Liberia, Angola, Indien
und Australien. Ziel- und stilsicher avancierte sie als einstiger
Kriegsflüchtling zum Sprachrohr der „Third World Democracy“ – wie eine
Textzeile aus „Paper Planes“ verkündet. Der mit Pistolenschüssen und
klingenden Kassenschubladen untermalte Song landete auf dem Soundtrack von
„Slumdog Millionaire“.
## Kritik aus Beverly Hills
Der Film räumte bei den Oscars 2009 acht goldene Statuen ab, unter anderem
für die beste Musik, und katapultierte die Underground-Ikone über Nacht in
die Topliga der Popindustrie. Von dann an kamen die Schläge, und es hagelte
Kontroversen, Polemik und knallharte Kritik.
In der New York Times wurde sie 2010 von der Journalistin Lynn Hirschberg
seziert und als [2][politisch naiv und heuchlerisch porträtiert]. Damals
residierte M.I.A. in Beverly Hills mit ihrem Verlobten Ben Bronfman, Erbe
des milliardenschweren Seagram-Imperiums (eines der weltweit größten
Spirituosenhersteller) und Sohn des Firmenchefs von Warner Music Group.
Wie passt das mit ihrem Image als Verfechterin der unterdrückten Völker,
auf das sie lautstark beharrt, zusammen? Hirschbergs Fazit: M.I.A.s hohler
„Agitprop Pop“ dient vor allem ihren eigenen Interessen.
Doch ihre Zeile „I fight the ones who fight me“ im Song „Lovalot“ ist k…
reines Lippenbekenntnis. Wütend postete sie verzerrte Interviewfetzen auf
ihrer Website und twitterte Hirschbergs private Handynummer – eine
Einladung an ihre Fans, der kritischen Journalistin mal die Meinung zu
geigen.
## Fuckfinger als Rundumschlag
Während ihres Liveauftritts beim Super Bowl 2012, bei dem sie an der Seite
von Madonna und der Rapperin Nicki Minaj auftrat, streckte sie vor
laufenden Kameras einem 111,3 Millionen Fernsehpublikum den Mittelfinger
entgegen. Diesmal kam M.I.A. nicht so einfach davon: Die National Football
League kündigte an, die Künstlerin auf eine Geldstrafe in Höhe von
anderthalb Millionen US-Dollar verklagen zu wollen. Zudem müsse sie sich
öffentlich für die unflätige Geste entschuldigen.
Man weiß nicht, welche Strafe sie härter trifft. In einem derzeit auf
YouTube [3][//www.youtube.com/watch?v=wyVh0O8DiCs:kursierenden Video] macht
M.I.A. auf die sexuell explizit tanzenden Cheerleaders aufmerksam, die
Madonna für ihre Show aus einer Highschool in Indianapolis angeheuert
hatte, und fragt: „Was ist für das Familienpublikum die größere Zumutung?
Mein Finger oder das halbnackte, minderjährige schwarze Mädchen mit weit
gespreizten Beinen?“
Dieser sexualisierten Zurschaustellung von Frauen habe sie lediglich eine
weibliche Bevollmächtigung durch Punk-Rock entgegengestellt. Genau das
werde ihr nun vorgeworfen, und dafür solle sie sich entschuldigen? Ihr als
ultimativer Fuckfinger angekündigter Rundumschlag aus Biografie, Album und
Dokumentarfilm steht mittlerweile auch auf der Kippe.
## „Ich bin raus“
Im Juli stellte Regisseur Steve Loveridge einen ersten Teaser auf seinen
Blog, der mit dem M.I.A.-Zitat endet: „I could be a genius, I could be a
cheat, it’s a thin line and I’m fucking with it.“ Kurz darauf wird das
Video vom Label aus dem Netz entfernt – angeblich wegen
Copyright-Verletzung. Fans vermuten als Beweggrund für die Zensur eher
Bedenken um die Vermarktbarkeit von M.I.A.s Image und Authentizität. Der
Regisseur Loveridge dazu: „Ich bin raus. Ich würde lieber sterben, als an
dem Projekt weiterzuarbeiten.“ Ob der Film noch herauskommt, ist fraglich.
Die ständige verzögerte Veröffentlichung von „Matangi“ kommentierte M.I.…
Anfang des Jahres in einem Interview mit dem australischen Internetmagazin
Gold Coast: „Ich dachte, das Album wäre fertig. Aber meinem Label
[Interscope] ist es zu positiv, die wollen, dass es irgendwie düsterer
wird.“ Was damit gemeint sei, müsse sie erst mal verarbeiten. Auf Anhieb
klinge es jedenfalls absurd, als wolle das Label einen Wandel von ihrem
ursprünglichen Riot-Grrrl-Image verhindern.
Im August schließlich twittert die Künstlerin, dass es ihr reicht: „Wenn
Interscope jetzt weiter bremst, stelle ich die Musik einfach selbst ins
Netz und mache eine neue, bis die endlich so weit sind.“ Das Label
reagierte sofort: Nun erscheint das Album am 4. November.
## Hysterisch hypnotisch
Ob das Werk nun M.I.A.s ursprünglichem künstlerischem Vorhaben entspricht
oder den Interessen ihres Labels, lässt sich kaum beurteilen. Textlich geht
es jedenfalls – wie zu erwarten – vorrangig um die aggressive Verteidigung
ihrer Authentizität: „Lara Croft ist soft / When it comes to my stuff /
She‘’ made up / I’m real! I’m a lady of rage“, rappt sie in „Only 1…
Die wütende Kampfansage verkommt in „Come Walk With Me“ kurzzeitig zur
parodistischen Karikatur: „There is nothing that can touch me now /You
can’t even break me down“, verkündet sie mit übertrieben imitiertem
amerikanischem Akzent. Der Song klingt zunächst unwürdig poppig, driftet
aber schnell in ein elektrisierendes Electro-Bhangra ab – hysterisch
hypnotisch. Mal artikuliert M.I.A. penetrant übertrieben, als würde sie
sicherstellen wollen, dass man sie ja versteht, mal rekrutiert sie im
Stakkato vor treibenden Trommeln Ländernamen zum Manifest, bis schließlich
eine unerträglich schrille Tröte das Klangspektrum dominiert.
Auch wenn man jederzeit damit rechnen muss, eine unvermittelt knallende
akustische Ohrfeige verpasst zu bekommen, als Mantra zur Unterdrückung all
ihrer Wut durchzieht „Matangi“ immer wieder ein stilles, lang gezogenes und
von indischen Harfen begleitetes „Ommmm“.
3 Nov 2013
## LINKS
[1] http://https
[2] http://www.nytimes.com/2010/05/30/magazine/30mia-t.html?pagewanted=all&…
[3] http://https
## AUTOREN
Elisa Graton
## TAGS
M.I.A.
Pop
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