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# taz.de -- Tuareg in Mali: Rebellen wieder auf Siegeszug
> Malis Regierungsarmee zieht sich mit schweren Verlusten aus der Stadt
> Kidal und weiteren Ortschaften zurück. Internationale Truppen greifen
> nicht ein.
Bild: Malis Armee lernt von ausländischen Ausbildern, wie man schnell wegläuf…
BERLIN taz | In Mali haben bewaffnete Tuareg-Rebellen ihren größten Sieg
seit der kurzlebigen Ausrufung ihres eigenen Staats „Azawad“ in Nordmali
vor über zwei Jahren errungen. Die Kämpfer der Tuareg-Rebellenbewegung MNLA
(Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad) übernahmen am Mittwoch die
vollständige Kontrolle über Malis nördlichste Provinzhauptstadt Kidal und
fügten den Regierungstruppen schwere Verluste zu. Nach Angaben aus
Rebellenkreisen sind die Regierungstruppen jetzt aus zahlreichen weiteren
Ortschaften im Nordosten Malis aus der Flucht.
Eigentlich sollte das andersherum laufen. Nachdem MNLA-Einheiten am
vergangenen Samstag ein Armeelager und den Gouverneurssitz von Kidal
besetzt hatten, um einen Besuch des malischen Premierministers in der Stadt
zu verhindern, hatte Malis Regierung den Rebellen den „Krieg“ erklärt und
Verstärkung in Marsch gesetzt, um Kidal zurückzuerobern.
1.500 Soldaten kamen am Mittwoch früh dem 200 Mann starken
Regierungskontingent in Kidal zu Hilfe. Aber aus der Offensive wurde eine
Niederlage: Die 500 Tuareg-Kämpfer in der Stadt eroberten innerhalb weniger
Stunden das Armeehauptquartier. 40 Regierungssoldaten starben, darunter der
stellvertretende Kommandeur; 70 wurden gefangen genommen. Auf von den
Rebellen verbreiteten Fotos sind verlassene Armeefahrzeuge und Kochtöpfe zu
sehen.
Einige Regierungssoldaten flohen mit 27 Fahrzeugen ins Hauptquartier der
UN-Blauhelme und französischen Soldaten, wo sie allerdings erst
hineindurften, nachdem sie ihre Waffen abgegeben hatten. Andere Einheiten
zogen sich aus Kidal Richtung Westen an die Transsahara-Straße zurück, die
aus Nordmalis größter Stadt Gao durch die Wüste nach Algerien führt. Sie
richteten sich in Anefis ein, 120 Kilometer westlich von Kidal. Im gesamten
Gebiet weiter östlich ohne feste Straßen sind nun die Tuareg-Rebellen nach
eigenen Angaben im Begriff, siegreich von einem Ort in den anderen zu
fahren, bis nach Menaka 300 Kilometer südlich.
## Wie schon einmal im Jahr 2012
Aus eigener Sicht stehen die Tuareg-Rebellen kurz davor, ihren Blitzkrieg
vom März 2012 zu wiederholen, als sie innerhalb kürzester Zeit Nordmalis
drei Provinzhauptstädte Kidal, Gao und Timbuktu unter ihre Kontrolle
brachten und dann ihren eigenen Staat ausriefen. Zwischenzeitlich hatte
damals Malis Armee in der Hauptstadt Bamako geputscht. Die Wirren endeten
erst Anfang 2013 mit einer französischen Militärintervention, auf die freie
Wahlen folgten.
Die Öffentlichkeit in Bamako ist nun ebenso entsetzt wie damals. Am größten
ist die Wut auf die internationale Gemeinschaft: Während 2012 Malis Armee
allein stand gegen Rebellen, bei denen hochgerüstete algerische Islamisten
und Libyen-Kriegsveteranen kämpften, stehen heute aufseiten der Armee 3.000
französische Soldaten und knapp 6.500 zumeist afrikanische UN-Soldaten,
dazu eine 550 Mann starke EU-Mission zur Militärausbildung. Aber in Kidal
blieben die ausländischen Truppen untätig.
In Bamako kommt es seit Mittwoch zu Demonstrationen gegen die UN-Mission
„Minusma“ und die französische Eingreiftruppe „Serval“. Am Donnerstag …
die französische Schule in Bamako aus Sicherheitsgründen geschlossen. „Mali
Opfer eines internationalen Komplotts“, titelte die malische Zeitung Le
Prétoire.
In einer Erklärung rief Malis Regierung am Mittwochabend zur „nationalen
Einheit“ auf: „Unser gemeinsamer Feind sind die Terroristen und
Drogenschmuggler.“ Die Armee sei dabei, sich zu „reorganisieren“. Aber
nachdem Malis Armee seit einem Jahr schon von der EU reorganisiert wird,
stellt sich die Frage, warum sie offenbar in keinem besseren Zustand ist
als vor zwei Jahren. Manche Beobachter zeigen schon mit dem Finger auf den
Leiter der gescheiterten Kidal-Operation: General Elhadj Gamou, selbst ein
Tuareg.
22 May 2014
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Mali
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