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# taz.de -- Reaktionen auf Erdogans Rede: Ein leises Echo
> Erdogans hierzulande kontrovers diskutierter Auftritt in Köln erntet in
> der Türkei routinierte Reaktionen. Am Bosporus wird eher über dessen
> Zukunft spekuliert.
Bild: Euphorie in Köln: Will Erdogan für das höchste politische Amt in der T…
ISTANBUL taz | Die [1][Spannung], mit der in Deutschland auf [2][Recep
Tayyip Erdogans] Auftritt in Köln geschaut wurde, schlug sich in der Türkei
nicht nieder. Schließlich gehören polemisch-populistische Auftritte des
Ministerpräsidenten hier zum Alltag. Eher routinemäßig melden die Zeitungen
deshalb, je nach politischem Lager – wie etwa die regierungsnahe Zeitung
Sabah –, Erdogan hätte in Köln gefordert, der Westen solle endlich die
neue, größere, stärkere Türkei akzeptieren,
Während die eher kritische Hürriyet Köln als gespaltene Stadt betitelt und
darauf verweist, dass Erdogan in Deutschland nicht nur mit seinen Fans,
sondern auch mit vielen Gegendemonstraten konfrontiert war. Das Ganze macht
einen eher geschäftsmäßigen Eindruck, schließlich haben die türkischen
Zeitungen heute auch den Gewinn der „Goldenen Palme“ in Cannes – [3][für
Regisseur Nuri Bilge Ceylan und seinem Film „Winterschlaf“] – und das
Erdbeben in der Ägäis zu verarbeiten.
Auch die Kritik an den Medien die Erdogan in Köln vom Stapel ließ, wird am
Bosporus eher achselzuckend zur Kenntnis genommen. Erdogans Einflussnahmen
auf die hiesigen Medien sind Legion. Leitartikler die ihm nicht passen,
landen schneller auf der Straße als sie ihren nächsten Artikel schreiben
können.
Tatsächlich wurde gerade am Freitag den türkischen Journalisten noch einmal
drastisch vor Augen geführt, welches Risiko jeder eingeht, der sich mit dem
Regierungschef ernsthaft anlegt. Mehmet Baransu, Journalist der Zeitung
Taraf, hat von der Staatsanwaltschaft eine Anklage präsentiert bekommen,
[4][nach der er für 52 Jahre ins Gefängnis soll].
## Repressive Maßnahmen
Man wirft ihm Geheimnisverrat vor. Baransu hatte im November 2013 ein
Protokoll einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates aus dem Jahr 2004
veröffentlicht. Darin geht es unter anderem darum, auf Druck der damals
noch starken Militärs repressive Maßnahmen gegen die islamische
Gülen-Bewegung einzuleiten.
Das Dokument ist Erdogan heute peinlich, weil er einst den Militärs
nachgeben musste, obwohl zu dem Zeitpunkt die führenden Anhänger der
Gülen-Bewegung noch zu seinen besten Freunden zählten. Dabei war Mehmet
Baransu vor noch gar nicht so langer Zeit der große Star der AKP. Baransu
bekam zwischen den Jahren 2007 und 2010 kofferweise belastentende Dokumente
gegen die Militärs zugespielt. Seine Veröffentlichungen führten mit zu den
Prozessen gegen die wichtigsten Offiziere und und trugen zur Entmachtung
der Armee bei.
Was von Erdogans Rede in Köln neben der bangen Frage, wie es nun mit den
deutsch-türkischen Beziehungen weiter geht, vor allem bleibt, ist seine
Ankündigung, in wenigen Tagen bekannt zu geben, ob er für das Amt des
türkischen Präsidenten kandidieren wird.
## Präsidentschaftskandidatur?
Seitdem klar ist, dass eine klare Mehrheit in seiner Partei Erdogan als
Präsident sehen will, und die Opposition sich wohl nicht gemeinsam auf
einen Kandidaten gegen ihn einigen wird, denn die Kurden wollen mit der
nationalistischen MHP keinen gemeinsamen Kandidaten aufstellen, steht wohl
nur noch seine Frau, Emine Erdogan, zwischen ihm und dem höchsten
Staatsamt.
Nach übereinstimmenden Gerüchten aus der Umgebung von Tayyip Erdogan ist
seine Frau eher für einen Rückzug aus der Politik. Sie wünscht sich, so
scheint es, eher eine ruhige Zukunft. Allerdings ist nicht zu erwarten,
dass Tayyip Erdogan auf seine Frau hören wird.
25 May 2014
## LINKS
[1] /Erdogan-in-Koeln/!139121/
[2] /Der-sonntaz-Streit/!139080/
[3] /!139127/
[4] /Zwei-Journalisten-in-der-Tuerkei-angeklagt/!139057/
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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