# taz.de -- Prozess gegen Al-Jazeera in Ägypten: Höchststrafen gefordert | |
> Im Prozess gegen Mitarbeiter des Fernsehsenders Al-Jazeera International | |
> sollen die Angeklagten zwischen 15 und 25 Jahren hinter Gitter. | |
Bild: Die angeklagten Journalisten von Al-Jazeera. | |
KAIRO taz | Die Staatsanwaltschaft in Kairo hat am Donnerstag für drei | |
inhaftierte Journalisten des englischsprachigen Fernsehsenders Al-Jazeera | |
International die Höchststrafe gefordert. Je nach Fall liegt sie zwischen | |
15 und 25 Jahren. | |
Die Verteidigung forderte dagegen für den australischen Korrespondent Peter | |
Greste, den ägyptisch-kanadischen Bürochef Muhammad Fahmi und den | |
ägyptischen Produzenten Baher Muhammad, die im Dezember verhaftet wurden, | |
den Freispruch. | |
Die Staatsanwaltschaft warf den Journalisten in ihrem Plädoyer vor, mit | |
ihren Berichten dem Bild Ägyptens geschadet zu haben. Dazu zählten | |
Reportagen von gewaltsamen Demonstrationen, aber auch Berichte über | |
sexuelle Übergriffe auf Frauen auf dem Tahrirplatz. Außerdem hätten die | |
Angeklagten, etwa über Interviews, Kontakte zur Muslimbruderschaft gehabt, | |
die zu einer Terrororganisation erklärt worden sei. | |
Bürochef Fahmi wird vorgeworfen, Mitglied der Muslimbruderschaft zu sein. | |
Am bizarrsten ist der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass die | |
Fernsehbeträge der Journalisten mit dem Apple Computer-Schneideprogramm | |
Final Cut Pro geschnitten und nach Doha geschickt worden seien. | |
## Widersprüche und Verfahrensfehler | |
Die Anwälte erklärten dagegen, dass der Fall nie vor Gericht hätte kommen | |
sollen, weil er jeglicher rechtlicher Grundlage entbehrt. Die Anwälte seien | |
nicht zur Sichtung des angeblich belastenden Videomaterials eingeladen | |
worden und die Zeugen der Staatsanwaltschaft hätten sich widersprochen. | |
Für den Vorwurf, dass Fahmi Mitglied der Muslimbrüder sei, sei keinerlei | |
Beweis vorgelegt worden. Man habe ein Foto gezeigt, auf dem er mit einem | |
prominenten Muslimbruder zu sehen sei, nicht aber das, auf dem er neben | |
Mubaraks Anwalt steht. Der Bürochef habe einfach seine journalistische | |
Arbeit gemacht. | |
Weiter wurde kritisiert, ein Zeuge der Staatsanwaltschaft habe einen | |
anderen Namen gehabt als zuvor angekündigt. Der technische Gutachter der | |
Staatanwaltschaft sei bei der Festnahme auf Seiten der Polizei anwesend | |
gewesen und daher nicht neutral. Außerdem hätte sich dessen schriftliche | |
und mündliche Aussage widersprochen. Ohnehin könne der Gutachter als | |
Techniker keine kompetente Aussage treffen, ob das Videomaterial die | |
nationale Sicherheit gefährde. | |
„Wer schädigt das Ansehen Ägyptens mehr, die Staatsanwaltschaft oder die | |
Journalisten?“, fragte die Verteidigung zum Abschluss. In einer kurzen | |
Pause rief Fahmi aus dem Angeklagtenkäfig: „Wenn wir eingesperrt sind, weil | |
wir von einem Militärputsch gesprochen haben, warum sind dann nicht die | |
Journalisten von BBC und CNN und alle anderen mit uns zusammen | |
eingesperrt?“ | |
Greste versuchte es mit leiserer Stimme mit etwas Logik und fragte: „Wo | |
haben wir falsche Fakten berichtet oder Material manipuliert? Was wird uns | |
eigentlich außer Allgemeinplätzen vorgeworfen?“ Die Verteidigung beendete | |
ihr Plädoyer mit dem Satz: „Hier geht es nicht nur um die Angeklagten, | |
sondern um alle Journalisten.“ | |
5 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
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