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# taz.de -- Justiz in Ägypten: Journalisten vor Gericht
> Mitarbeitern von al-Dschasira wird vorgeworfen, eine Terrororganisation
> unterstützt zu haben. Ihnen drohen bis zu sieben Jahren Haft.
Bild: Protest in Beirut gegen die Festnahme der Journalisten von al-Dschasira
KAIRO taz | Drei Journalisten des englischsprachigen Fernsehkanals
al-Dschasira International, gegen die am Donnerstag in Kairo ein
Strafgerichtsverfahren begonnen hat, haben auf „nicht schuldig“ plädiert.
Dem Australier und Ägyptenkorrespondenten des Senders, Peter Greste, dem
kanadisch-ägyptischen Bürochef Mohamed Fahmy und dem ägyptischen
Produzenten Baher Mohammed wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen,
eine terroristische Organisation zu unterstützen. Außerdem sollen sie
falsche Nachrichten verbreitet und ohne Presseausweise und mit nicht
genehmigten Ausrüstungsgegenständen gearbeitet haben.
Die drei sind angeklagt, Kontakt zur Muslimbruderschaft gehabt zu haben,
die kurz vor ihrer Festnahme am 29. Dezember von den ägyptischen Behörden
zur terroristischen Organisation deklariert wurden. Greste beschwerte sich
mehrmals vom Angeklagtenkäfig aus, dass er die Vorgänge im gericht nicht
übersetzt bekomme. Greste und Fahmy forderten die australische und
kanadische Regierung auf, sich massiver in den Fall einzumischen.
„Physisch geht es uns einigermaßen gut, aber psychologisch ist die Haft mit
nur einer Stunde Sonnenlicht am Tag schwer“, erklärte Greste den im
Gerichtssaal anwesenden Journalisten. „Wenn es eine Gerechtigkeit gibt,
dann sind wir bald draußen“, sagte er. Der nächste Prozesstag ist auf den
5. März angesetzt.
## Der Raum für Dissens in Ägypten ist schnell verpufft
Der Fall hat international zu Protesten geführt. „Journalisten sollten
nicht riskieren, jahrelang in Ägypten weggesperrt zu werden, nur weil sie
ihre Arbeit gemacht haben“, heißt es in einer Erklärung der
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. „Dass diese Journalisten nun
von der Staatsanwalt angeklagt wurden, weil sie mit Mitgliedern der
Muslimbruderschaft gesprochen haben, zeigt, wie schnell der Raum für
Dissens in Ägypten verpufft.“
Vor dem Gerichtsaal hatten sich bereits in den frühen Morgenstunden
Familienmitglieder und Kollegen versammelt. „Die Anklage hat keinerlei
Basis“, sagt Heather Allan, die die Korrespondentenbüros von al-Dschasira
weltweit koordiniert. „Was wird ihnen vorgeworfen? Dass sie in einem
Hotelzimmer gearbeitet haben? Dass sie dort Drucker, Kameras und Mikrophone
gefunden haben, macht sie nicht zu Terrorzelle“, führt sie hinzu. Auch die
Gasmasken und schusssicheren Westen gehörten leider zur „notwendigen
Ausrüstung in dieser Region.
## 24 Stunden Einzelhaft ohne Sonnenlicht
Auch Peter Gerstes Bruder Andrew wartete vor dem Gericht auf Einlass.
„Physisch geht es meinem Bruder gut, er hat einen starken Charakter, aber
die Haftbedingungen sind nicht einfach“, berichtet er. „Mein Bruder
verbringt 23 Stunden in seiner Zelle und hat eine Stunde Hofgang. Ich
überlasse es anderen, das zu beurteilen“, fügt er hinzu.
Sein Kollege Fahmy war zunächst über einen Monat im berüchtigten
Skorpion-Gefängnis eingesperrt, mit 24 Stunden Einzelhaft und ohne
Sonnenlicht, erzählt seine Verlobte, die ihren Namen nicht nennen will. Der
Bürochef von al-Dschasira Kairo habe dort auf dem Zellenboden, ohne Kissen
und Decke schlafen müssen, weggesperrt in einem Trakt für
Terrorverdächtige, zusammen mit militanten Dschihadisten.
## Einmal die Woche Besuch beim Verlobten
Das hat mir das Herz gebrochen“, blickt sie zurück. „Vor zwei Wochen wurde
Fahmy dann mit seinen anderen beiden Kollegen unter wesentlich besseren
Haftbedingungen zusammengelegt.“
Bei den Verhören wurde ihm vorgeworfen, man habe in seinem Handy
Kontaktdaten von Muslimbrüdern gefunden, aber das sei doch wohl normal für
Journalisten, die von allen Seiten berichten müssen. Doch dafür könne er
jetzt bis zu sieben Jahr Haft bekommen, erklärt sie. Einmal die Woche darf
sie ihren Verlobten jetzt besuchen. Fahmy gab vom Käfig aus seiner
Verlobten ein versprechen: "Wenn ich hier rauskomme, feiern wir eine
riesengroße Hochzeit."
20 Feb 2014
## AUTOREN
Karim Gawhary
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