| # taz.de -- Menschenrechte in Ägypten: Bericht spricht von 632 Toten | |
| > Der Menschenrechtsrat äußert sich zur Auflösung der Protestcamps der | |
| > Muslimbrüder im vergangenen August. Der Prozess gegen Al-Dschasira geht | |
| > weiter. | |
| Bild: August 2013: Ägyptische Einheiten zur Aufstandsbekämpfungs gehen gegen … | |
| KAIRO taz | Mindestens 632 Menschen, darunter acht Polizisten, sollen bei | |
| der Auflösung der von den Muslimbrüdern angeführten Protestlager in Rabba | |
| Adawiya gegen den Militärputsch im August 2013 in Kairo ums Leben gekommen | |
| sein. Das ist das Ergebnis der ersten offiziellen Untersuchung der | |
| Ereignisse durch den ägyptischen Menschenrechtsrat. | |
| Die Studie, die bereits im Januar erwartet worden war, wurde diese Woche in | |
| Kairo vorgestellt. Auch wenn es sich bei dem Menschenrechtsrat nicht um ein | |
| unabhängiges, sondern ein staatliches Gremium handelt, setzt sich dieser | |
| durchaus auch kritisch mit den Sicherheitskräften auseinander. Zwar wirft | |
| der Bericht den Protestierenden vor, zuerst geschossen zu haben. Auf der | |
| Pressekonferenz wurden auch Videos gezeigt, in denen Bewaffnete zu sehen | |
| sind, die in der Menge der Demonstranten Schutz suchen, nachdem sie | |
| geschossen haben. | |
| Aber der Rat erklärt auch, dass die Reaktion der Sicherheitskräfte | |
| unverhältnismäßig war. Bei der Mehrheit der Toten handele es sich um | |
| friedliche Demonstranten. Zwar hätten die Sicherheitskräfte für die | |
| Demonstranten eine sichere Passage geöffnet, allerdings nur 25 Minuten | |
| lang, was nach Meinung des Rates nicht ausreichend gewesen sei. Auch | |
| Sanitätern sei der Zugang stundenlang verwehrt geblieben. | |
| Die bei der Pressekonferenz anwesenden Ratsmitglieder mussten sich | |
| kritischen Fragen von Journalisten stellen, die die Zahl der Toten höher | |
| einschätzten. Außerdem wollten sie wissen, warum nicht erwähnt wurde, dass | |
| viele, die die sichere Passage benutzt hatten, verhaftet wurden. Dies | |
| führte damals dazu, das viele Demonstranten es vorzogen, auf Platz zu | |
| bleiben. Außerdem warfen die Journalisten dem Rat vor, die Rolle des | |
| Militärs bei der Auflösung der Camps nicht ausreichend beleuchtet zu haben. | |
| ## Arbeitsausrüstung als Beweise | |
| Zeitgleich ging der Prozess gegen 20 Journalisten in Kairo weiter, die | |
| angeklagt sind, terroristische Gruppierungen zu unterstützen. Die | |
| Staatsanwaltschaft präsentierte zahlreiche Beweisstücke, die im Hotelzimmer | |
| der in den ägyptischen Medien als „Mariott-Zelle“ titulierten Journalisten | |
| des englischsprachigen Fernsehsenders Al-Dschasira International gefunden | |
| worden waren. | |
| Kistenweise wurden dem Richter im Verfahren gegen den Australier Peter | |
| Greste alltägliche Geräte der Fernseharbeit, bis hin zu elektrischen Kabeln | |
| und einer Computertastatur, vorgeführt. Der Vorsitzende Richter kämpfte | |
| damit, die Kisten zu öffnen und verzählte sich zwischendrin bei der Zahl | |
| der Kameras. Unklar ist, was die Staatsanwaltschaft mit diesen | |
| Ausrüstungsgegenständen zu beweisen sucht. | |
| Im zweiten Teil der Verhandlung wurden Beamte der Staatssicherheit befragt, | |
| die bei der Verhaftung der Journalisten im Hotel anwesend waren. Einer von | |
| ihnen gab zu, den Unterschied zwischen dem englischsprachigen Al-Dschasira | |
| International und dem in Ägypten verbotenen arabischen Sender Al-Dschasira | |
| Misr Mubascher nicht zu kennen. Muhammad Fahmi, der Bürochef von Jazeera | |
| International in Kairo, rief aus dem Angeklagtenkäfig: „Ich bin Journalist | |
| und kein Terrorist“. Die Verhandlung wird am 24. März fortgesetzt. | |
| 6 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Karim Gawhary | |
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