| # taz.de -- Diplomatie im Ukraine-Konflikt: Fluchtkorridor für den Osten | |
| > Die russisch-ukrainischen Verhandlungen über Erdgas-Lieferungen sind | |
| > bisher ergebnislos. Im Osten des Landes wird weiter gekämpft. Steinmeier | |
| > reist nach Russland. | |
| Bild: Frank-Walter Steinmeier sieht ein „leises Licht am Ende des Tunnels“.… | |
| KIEW/BRÜSSEL dpa | Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat | |
| angesichts der blutigen Kämpfe in der Ostukraine angeordnet, einen | |
| Fluchtkorridor für die Bewohner der Region zu schaffen. So sollten | |
| friedliche Einwohner das Gebiet der „Anti-Terror-Operation“ ungehindert | |
| verlassen können, teilte die Präsidialverwaltung in Kiew am Dienstag mit. | |
| Demnach handelt es sich um eine Rettungsaktion. Die Kämpfe gingen | |
| ungeachtet einer von Poroschenko angekündigten Waffenruhe in den Gebieten | |
| Lugansk und Donezk weiter. Die Regierung kämpft in der Region gegen | |
| prorussische Separatisten, die die proeuropäische Regierung in Kiew nicht | |
| anerkennen. | |
| In der Nacht zum Dienstag hatten sich der ukrainische Energieminister Juri | |
| Prodan und dessen russischer Kollege Alexander Nowak bei fast achtstündigen | |
| Verhandlungen in Brüssel nicht auf den Preis künftiger Erdgaslieferungen | |
| und auf die Begleichung ukrainischer Schulden für frühere Lieferungen | |
| einigen. | |
| EU-Energiekommissar Günther Oettinger, der bei den Verhandlungen | |
| vermittelte, sagte, die Gespräche würden entweder am Dienstagabend oder am | |
| Mittwochmorgen fortgesetzt: „Wir haben noch laufende Verhandlungen.“ Er | |
| fügte hinzu: „Alle Parteien bemühen sich, eine falsche Entwicklung zu | |
| vermeiden.“ Russland hat mit einem Lieferstopp für Erdgas gedroht, falls | |
| die Ukraine nicht ihre Schulden bis zum 10. Juni bezahle. Ein solcher Stopp | |
| könnte auch die Gasversorgung der EU, die zum großen Teil über das | |
| Transitnetz der Ukraine läuft, betreffen. | |
| Oettinger sagte, Ukrainer und Russen müssten mit ihren jeweiligen | |
| Staatspräsidenten über den Stand der Verhandlungen sprechen. Der | |
| ukrainische Energieminister Prodan sagte, die EU-Kommission habe „bestimmte | |
| Vorschläge gemacht, über die wir nachdenken werden“. | |
| ## Ukraine für Paketlösung | |
| Die Ukraine halte daran fest, dass über den neuen Gaspreis und über die | |
| Begleichung alter Gas-Schulden in einem Paket entschieden werden müsse. Der | |
| Chef des russischen Konzerns Gazprom, Alexej Miller, habe für die | |
| Preisfindung aber einen Mechanismus vorgeschlagen, der für die Ukraine | |
| nicht akzeptabel sei. Dieser Vorschlag habe darauf gezielt, den Preis | |
| aufgrund einer Verringerung der Ausfuhrsteuern zu senken. Der Steuersatz | |
| könne aber jederzeit von der russischen Regierung verändert werden. | |
| Der russische Energieminister Nowak sprach hingegen von einem „sehr | |
| konstruktiven Vorschlag“. Russland bestehe darauf, dass die Ukraine für die | |
| Monate November und Dezember 2013 rund 1,45 Milliarden US-Dollar (1,05 | |
| Milliarden Euro) bezahlen müsse. Zudem seien noch 500 Millionen Dollar für | |
| April und Mai dieses Jahres fällig. Nowak bezeichnete die Verhandlungen als | |
| "lang und nicht feindselig". | |
| Erstmals seit der Eskalation der Ukraine-Krise reist am Dienstag | |
| Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wieder nach Russland. | |
| Steinmeier will in St. Petersburg mit seinem russischen Kollegen Sergej | |
| Lawrow sowie dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski über die Lage | |
| in der Ukraine beraten. Er wolle ausloten, „wie das positive Momentum der | |
| letzten Tage genutzt werden kann, um den Prozess der Deeskalation | |
| unumkehrbar zu machen“, sagte Steinmeier. Im Streit um russische | |
| Erdgaslieferungen an die Ukraine konnten Moskau und Kiew noch keine | |
| Einigung erzielen. | |
| In Kiew hatte der neue ukrainische Präsident Petro Poroschenko überraschend | |
| eine Waffenruhe für die Ostukraine noch in dieser Woche angekündigt und die | |
| Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Konflikts genährt. „Wir sollten in | |
| dieser Woche das Feuer einstellen“, sagte der 48-Jährige. Es ist das erste | |
| Signal des zuvor als Staatschef vereidigten Poroschenko, der einen | |
| Friedensplan für die von blutigen Kämpfen erschütterte Ostukraine | |
| angekündigt hat. Einen genauen Zeitpunkt nannte Poroschenko bei der Sitzung | |
| einer Kontaktgruppe mit Diplomaten allerdings nicht. | |
| ## Leichte Zuversicht bei Steinmeier | |
| Steinmeier sieht darin vorsichtige Signale der Entspannung. „Im | |
| Ukraine-Konflikt ist jetzt erstmals seit Monaten ein leises Licht am Ende | |
| des Tunnels sichtbar“, sagte er am Montagabend in Berlin. „Noch sind wir | |
| nicht nah genug an einer Lösung der Ukraine-Krise.“ Aber die | |
| Konfliktparteien würden endlich direkt miteinander sprechen. | |
| Vor allem Moskau fordert seit Tagen ein Ende des Militäreinsatzes der | |
| ukrainischen Regierung, damit ein Dialog beginnen könne. Kremlchef Wladimir | |
| Putin hatte am Samstag als Zeichen des Entgegenkommens verschärfte | |
| Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zur Ukraine angeordnet, um das | |
| weitere Eindringen Bewaffneter in die Krisenregion zu unterbinden. Dabei | |
| geht es um Söldner vor allem aus Russland. | |
| Die Separatisten in den umkämpften Gebieten Lugansk und Donezk reagierten | |
| zurückhaltend und mit Misstrauen auf die Ankündigung Poroschenkos. „Diesen | |
| Leuten ist nicht zu trauen“, sagte ein Sprecher der von Kiew nicht | |
| anerkannten „Volksrepublik Lugansk“ am Montag. „Die Mobilisierung ist nic… | |
| beendet. Wir haben Krieg. Wir eröffnen nicht zuerst das Feuer, sondern nur | |
| zur Verteidigung“, sagte er. Auch aus der „Volksrepublik Donezk“ gab es | |
| Zweifel an Poroschenkos Worten. Beide Regionen streben einen unabhängigen | |
| Staat Noworossija (Neurussland) an. | |
| Die Vereinten Nationen zeigten sich enttäuscht darüber, dass es zwei Teams | |
| der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) immer | |
| noch von Separatisten festgehalten werden. „Es ist nicht akzeptabel, dass | |
| die Mitarbeiter einer internationalen Mission bedroht werden“, sagte der | |
| für politische Fragen zuständige Vize-Generalsekretär Jeffrey Feltman am | |
| Montag nach seiner Rückkehr aus Kiew. Die beiden OSZE-Teams werden seit | |
| über einer Woche von Separatisten an unbekannten Orten festgehalten. | |
| 10 Jun 2014 | |
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