# taz.de -- Streit zwischen Russland und Ukraine: Noch immer zu teuer | |
> Die Ukraine hat das neue Angebot von Russland für den Preis von Erdgas | |
> abgelehnt. Präsident Poroschenko will mit Rebellen verhandeln – unter | |
> Bedingungen. | |
Bild: Mitglied der Nationalgarde vor dem Parlament in Kiew – Präsident Poros… | |
BRÜSSEL/KIEW rtr/dpa | Russland und die Ukraine kommen in ihrem Streit über | |
den künftigen Lieferpreis für Erdgas nicht voran. Eine weitere von der | |
EU-Kommission vermittelte Verhandlungsrunde zwischen den beiden Ländern | |
ging am Mittwoch in Brüssel ohne Einigung auseinander. Die Ukraine lehnte | |
das Angebot Russlands ab, den Gaspreis um 100 Dollar auf 385 Dollar pro | |
1000 Kubikmeter zu senken. Russlands Präsident Wladimir Putin warf der | |
Ukraine Blockadehaltung vor. EU-Energiekommissar Günther Oettinger kündigte | |
für die kommenden Tage weitere Gespräche an. | |
Der ukrainische Energieminister Juri Prodan sagte nach dem Treffen in | |
Brüssel, seine Regierung sei mit der neuen Offerte Russlands nicht | |
einverstanden. Die Ukraine fordere weiter einen „fairen Marktpreis.“ Das | |
russische Angebot von 385 Dollar sei leider politisch bedingt und nicht | |
marktgerecht. | |
Russlands Energieminister Alexander Nowak hielt dagegen, dass die Offerte | |
durchaus dem Marktpreis entspreche. Seine Regierung stimme dem Vorschlag | |
Oettingers zu, einen solchen Gaspreis für ein Jahr lang verbindlich | |
festzulegen. „Wir versprechen, diesen Rabatt nicht abzuändern.“ In Russland | |
wies Putin Ministerpräsident Dmitri Medwedew an, Zollgebühren auf | |
Gaslieferungen in die Ukraine zu streichen, womit der Preis um die in | |
Aussicht gestellten 100 Dollar sinken würde. Der Ukraine warf Putin vor, | |
die Verhandlungen in eine Sackgasse zu führen. Bisher muss die Ukraine nach | |
dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch mehr als jedes | |
andere Land in Europa für russisches Gas zahlen. | |
Keine Bewegung gab es in den Verhandlungen zudem in der Frage nach der | |
Begleichung der Schulden, die der ukrainische Konzern Naftogaz beim | |
russischen Monopolisten Gazprom hat. Russlands Energieminister Nowak sagte, | |
dass die Ukraine bis Montag 2,85 Milliarden Dollar zahlen müsse. | |
Anderenfalls trete die Regelung in Kraft, dass Gas nur noch gegen Vorkasse | |
geliefert werde. Das Geld müsse aber nicht zwangsläufig schon am Montag auf | |
dem Konto von Gazprom eingegangen sein. | |
## Schiedsgericht als Option | |
Angesichts der stockenden Gespräche sagte Prodan, dass der Fall wohl nur | |
von dem internationalen Schiedsgericht in Stockholm gelöst werden könne. | |
Oettinger räumte ein, dass die Vorstellungen der beiden Regierungen noch | |
weit auseinander lägen. Möglich sei aber, dass etwa durch eine Änderung von | |
Vertragslaufzeiten der von Russland vorgeschlagene Preis von 385 Dollar | |
noch nach unten verändert werden könne. Er sehe Bewegung und | |
Verhandlungsbereitschaft auf beiden Seiten. | |
Eine Drosselung oder Kappung der russischen Gaslieferungen in die Ukraine | |
könnte auch Folgen für die Energieversorgung der Europäischen Union haben. | |
Die EU-Staaten decken rund ein Drittel ihres Gas- und Ölverbrauchs mit | |
Lieferungen aus Russland, rund die Hälfte davon strömt durch Pipelines | |
durch die Ukraine. | |
Unterdessen hat der neue Präsident der Ukraine angekündigt, mit den | |
prorussischen Rebellen im Osten des Landes zu verhandeln, wenn sie auf | |
Gewalt verzichten. „Die Terroristen müssen ihre Waffen niederlegen“, | |
erklärte Petro Poroschenko am Mittwoch bei einem Treffen mit dem Gouverneur | |
der ostukrainischen Region Donzek, Sergej Taruta, nach einer Mitteilung des | |
Präsidialamtes. Er schließe einen Runden Tisch mit verschiedenen Parteien | |
nicht aus. Grundlage der Gespräche müsse sein Friedensplan sein. | |
## Poroschenko nach Donezk? | |
Poroschenko kündigte zudem an, als neues Staatsoberhaupt zunächst die | |
Region zu besuchen, bevor er Auslandsreisen unternimmt. Aus politischen | |
Kreisen in Kiew verlautete, der Besuch werde vorbereitet. Wahrscheinlich | |
werde Poroschenko nach Donezk reisen. Die Separatisten lehnen die Regierung | |
in Kiew ab und wollen erreichen, dass Russland Teile der Ostukraine wie | |
bereits die Krim in sein Territorium eingliedert. | |
Die gewalttätigen Auseinandersetzungen gehen weiter, etwa in der von | |
Rebellen kontrollierten Stadt Slawjansk und im benachbarten Semjonowka. | |
Berichte über heftigere Gefechte gab es aber nicht. Nach offiziellen | |
Angaben wurden in der Region seit Beginn der Kämpfe 210 Menschen getötet, | |
darunter 14 Kinder. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Chancen für eine Befriedung | |
in der Ukraine nach dem Wechsel im Präsidentenamt dennoch gestiegen. Beim | |
traditionellen Jahresempfang für das Diplomatische Corps appellierte sie am | |
Mittwochabend in Berlin an alle Beteiligten: „Jetzt ist alles zu tun, damit | |
sich die Hoffnung auf einen Neuanfang erfüllt.“ Der neue Präsident | |
Poroschenko müsse sich auf die notwendigen Reformen konzentrieren können, | |
weshalb im Osten des Landes „keine Schüsse mehr fallen“ dürften. | |
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach sich unterdessen für eine | |
Fortsetzung der OSZE-Mission in der Ostukraine aus. Die Teams der | |
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) könnten | |
sich dann selbst ein Bild machen über die Lage in der krisengeschüttelten | |
Region, sagte Lawrow bei einem Treffen mit OSZE-Generalsekretär Lamberto | |
Zannier in Moskau. Zannier wies Berichte zurück, denen zufolge die | |
Beobachter ihre Arbeit im Raum Lugansk eingestellt hätten. In der | |
Gefahrenregion werden seit etwa zwei Wochen zwei OSZE-Teams von | |
Separatisten festgehalten. | |
12 Jun 2014 | |
## TAGS | |
Ukraine | |
Russland | |
Gas | |
Petro Poroschenko | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Ukraine | |
Ukraine | |
Russland | |
Flugzeugabschuss | |
Ukraine | |
Russland | |
Ukraine | |
Petro Poroschenko | |
Lemberg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Konflikt in der Ukraine: Wieder ein Helikopter abgeschossen | |
Dem Waffenstillstand in der Ukraine zum Trotz ist ein Armeehubschrauber | |
unter Beschuss genommen worden. Neun Menschen werden vermisst. | |
Kämpfe in der Ostukraine: Noch brutaler und unbarmherziger | |
Nach dem Abschuss einer Militärmaschine droht der ukrainische Präsident mit | |
Vergeltung. In Kiew herrscht Trauer, im Osten Schadenfreude. | |
Streit um die Ostukraine: „Das sind keine Terroristen“ | |
Die Auseinandersetzungen im Donbass sind ein innerukrainischer Konflikt, | |
sagt der Kiewer Soziologe Vlodomir Ishchenko. Er fordert sofortige | |
Verhandlungen. | |
Nach Abschuss des urkainischen Flugzeugs: Trauer und Vergeltung | |
Der ukrainische Präsident Poroschenko droht prorussischen Separatisten nach | |
dem Abschuss eines Militärflugzeugs mit Vergeltung. Im Gasstreit ist keine | |
Lösung in Sicht. | |
Separatisten in der Ostukraine: Militärflugzeug abgeschossen | |
Separatisten haben ein Transportflugzeug des ukrainischen Militärs | |
abgeschossen. Nach Angaben eines Armeesprechers wurden 49 Soldaten getötet. | |
Russlands Propagandaschlacht: Mit Stopfake.org für die Wahrheit | |
Der Ukraine-Konflikt ist auch ein Krieg der Bilder. Ein Zugunglück in | |
Kanada wurde als Aufnahme aus Slawjansk ausgegeben. Studenten decken das | |
nun auf. | |
Russisch-ukrainischer Gaskonflikt: Wenige Tage, viel Geld | |
Russland hat die Frist verlängert: Die Ukraine hat nun bis Montag Zeit, | |
ihre Schulden zu begleichen. Tut sie das nicht, will Moskau den Gashahn | |
zudrehen. | |
Diplomatie im Ukraine-Konflikt: Fluchtkorridor für den Osten | |
Die russisch-ukrainischen Verhandlungen über Erdgas-Lieferungen sind bisher | |
ergebnislos. Im Osten des Landes wird weiter gekämpft. Steinmeier reist | |
nach Russland. | |
Lembergs Bürgermeister über die Ukraine: „Poroschenko ist kein Messias“ | |
Andrij Sadowy ist optimistisch. Und der Lemberger Bürgermeister erläutert, | |
was er vom neuen ukrainischen Präsidenten und von der EU erwartet. |