# taz.de -- Online-Netzwerke in Deutschland: Facebook schluckt sie alle | |
> Nach SchülerVZ hat auch „Wer kennt wen“ vor Facebook kapituliert. Der | |
> Online-Marketing-Stratege Jona Hölderle weiß, woran viele Netzwerke | |
> kranken. | |
Bild: „Facebook kauft, was ihm gefährlich wird“, sagt Hölderle. | |
taz: Herr Hölderle, gerade ist „Wer kennt wen“ vom Netz gegangen. | |
Überrascht? | |
Jona Hölderle: Ach, wer sich mit sozialen Netzwerken beschäftigt hat, dem | |
war schon lange klar: Nach Schüler- und StudiVZ waren auch „Wer kennt wen“ | |
und „Lokalisten“ auf dem absteigen Ast. Unternehmen, Politikern und | |
Prominenten haben all diese Plattformen nicht viel geboten, um sich ihren | |
Fans zu präsentieren oder neue zu adressieren – ganz anders als Facebook. | |
Was haben die deutschen Plattformen falsch gemacht? | |
Ich weiß gar nicht, ob sie etwas falsch gemacht haben. Soziale Netzwerke | |
neigen zur Monopolbildung – wie vieles im Netz. Die deutschen Alternativen | |
haben zwar einen Moment lang regionale Milieus abgreifen können – „Wer | |
kennt wen“ vor allem das Rheinland, „Lokalisten“ wiederum den Süden, die | |
VZ-Netzwerke die Jungen. Dann kam aber Facebook, in dem auch die | |
„Generation Erasmus“ ihre Studienfreunde wiedergefunden hat. Und das | |
Abwandern war nur eine Frage der Zeit. | |
Patriotismus hat im Digitalen also keine Chance? | |
Vielleicht in China und Russland – weil die Konkurrenz dort gezielt klein | |
oder gleich ganz draußen gehalten wird. Ansonsten fürchte ich, dass sich | |
immer der durchsetzt, der besonders gut darin ist, eine Plattform in alle | |
möglichen Sprachen zu übersetzen. | |
Waren die Gründer und Investoren von „Wer kennt wen“ (RTL), den | |
VZ-Netzwerken (Holtzbrinck) und „Lokalisten“ (ProSiebenSat.1) also naiv? | |
Die Gründer sind doch rechtzeitig mit großen Gewinnen ausgestiegen. Und für | |
die Mediengruppen, die dann kamen, muss das auch kein schlechtes Geschäft | |
gewesen sein: Sie konnten eine Zeit lang Werbung schalten, während Facebook | |
noch ein vergleichsweise kleines Netzwerk war, das deutsche Nutzer noch gar | |
nicht im Blick hatte. | |
„Wer kennt wen“ hat seinen Nutzern empfohlen, zu „Seniorbook“ zu wechse… | |
… oder zu einer Dating-Community. Das hat wohl mit dem gemeinsamen | |
Eigentümer zu tun und weniger mit einer durchdachten Empfehlung. Aber auch | |
Seniorbook dürfte nur eine Weile funktionieren: Bei Facebook sind schon | |
heute etwa 750.000 Nutzer aus der Generation „50 plus“ aktiv, die sich im | |
vergangenen Monat mindestens einmal eingewählt haben. | |
Und das berufliche Netzwerk Xing aus Hamburg ist dann der Nächste, der | |
ausgesaugt wird? Hier verhält sich das wie einst mit Facebook: Der | |
US-Anbieter LinkedIn hat seine Plattform ins Deutsche übersetzt und hier | |
auch ein eigenes Büro für die Vermarktung eröffnet. | |
Diese Möglichkeit besteht natürlich. Andererseits: Der Arbeitsmarkt ist | |
dann doch eine nationale Sache – Xing versucht, sich das zunutze zu machen, | |
und hat etwa die Plattform Kununu übernommen, auf der Arbeitnehmer ihre | |
Arbeitgeber bewerten können. Solche Dienste dürften der Konkurrenz aus den | |
USA vermutlich zu kleinteilig sein. Aber ob das reicht? Ich wage die | |
Prognose: Xing macht es noch ein paar Jährchen, aber nicht auf Dauer. | |
Am Ende wird es also nur noch Facebook geben? | |
Der Trend zeigt zumindest derzeit klar in diese Richtung: Facebook | |
übernimmt, was ihm gefährlich werden könnte. Erst das Fotonetzwerk | |
Instragram und dann mit WhatsApp ein Netzwerk, in das junge Nutzer | |
geflüchtet sind, weil sie keinen Bock darauf hatten, auf Facebook ihren | |
Eltern über den Weg zu laufen. Mein persönlicher Traum ist, dass man sich | |
so wie bei der E-Mail auch bei sozialen Netzwerken seinen Lieblingsanbieter | |
aussucht und trotzdem in alle anderen Netzwerke reinschauen kann. Aber das | |
widerspricht leider der derzeitigen Marktlogik. | |
10 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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