# taz.de -- Erste Arbeiten an Stuttgart 21: Zu wenige Puffer oder kalter Kaffee? | |
> Langsam, aber sicher treten die Risikofälle beim Stuttgarter Großprojekt | |
> S21 ein. Es sind erstaunlich viele, doch die Bahn gibt sich entspannt. | |
Bild: Stillstand der Arbeiten oder erster Bauvorschritt? Die Meinungen gehen au… | |
STUTTGART taz | Gerade waren der Aufsichtsrat und Vorstandsmitglieder der | |
Deutschen Bahn in Stuttgart zu Besuch. Während Projekt-Gegner bereits vom | |
Stillstand der Arbeiten am Großprojekt Stuttgart 21 sprechen, überzeugten | |
sie sich an zwei oder drei Baustellen in der Stadt vom „ersten | |
Baufortschritt“. | |
Diese grundverschiedenen Ansichten werden an jeder Information zu S21 | |
deutlich. Etwa bei der Berichterstattung zur Frage, welche Kostenrisiken | |
sich bei S21 bereits materialisiert haben: Das Handelsblatt berichtete, | |
dass 468 Millionen Euro, etwa ein Viertel des Sicherheitspuffers, | |
aufgebraucht seien – nach nur einem Jahr Bauzeit. Werde weiter so schnell | |
Geld verbraucht, sei der Risikotopf 2017 leer, hieß es unter Berufung auf | |
Quellen im Aufsichtsrat. | |
Solche Interna will S21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich nicht | |
kommentieren. Die Zahlen seien kalter Kaffee, sagte er sinngemäß. Dass | |
„Kostenrisiken in Höhe von 468 Millionen Euro mit Sicherheit eintreten“, | |
sei schon mit dem Jahresbericht 2013 kommuniziert worden: Alle Risiken mit | |
mehr als 50-prozentiger Eintrittswahrscheinlichkeit seien zu 100 Prozent in | |
die Kalkulation eingeflossen. | |
Aktuell habe sich der Gesamtbetrag „minimal erhöht“. Beispielsweise sei | |
klar, dass weitere Fluchttreppenhäuser eingerichtet werden müssten. Die | |
Bahn bleibe aber dabei, dass der Kostenrahmen bei 5,987 Milliarden Euro | |
gehalten werden könne – auch wenn alle in der Planung berücksichtigten | |
Risiken eintreten sollten. | |
## Rostig-braunes Wasser | |
Matthias Lieb vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Baden-Württemberg, der | |
das Projekt seit 20 Jahren kritisch begleitet, denkt in diesen Tagen oft an | |
eine bahninterne Risikoliste. Das Magazin Stern hatte sie 2011 | |
veröffentlicht. Liebs Einschätzung zufolge sind dort etliche Risiken | |
bewusst mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit angegeben worden, um sie | |
nicht einbeziehen zu müssen. Das räche sich jetzt. Auch Lieb geht davon | |
aus, dass die Sicherheitspuffer in der Finanzierung schneller aufgebraucht | |
sind als geplant. | |
Dietrich verwehrt sich dagegen, dass die Gelder tatsächlich schon | |
„verbraucht“ seien. Wenn beispielsweise das Fluchttreppenhaus günstiger | |
angeboten würde, als die Bahn angesetzt habe, könnten die Kosten sogar | |
unter 468 Millionen Euro bleiben, so der Projektsprecher. Die Bahn gehe | |
weiterhin davon aus, dass S21 im Jahr 2021 in Betrieb gehen kann. | |
Das Verkehrsministerium als Geldgeber für S21 äußert sich zurückhaltend. | |
Das Land habe keine Kenntnis über Kostensteigerungen, die über das bisher | |
bekannte Maß hinausgingen. | |
In der Öffentlichkeit reißt die Kritik nicht ab. So präsentierte die | |
S21-kritische Gruppe „Ingenieure 22“ rostig-braunes Wasser, das aus | |
Leitungen der Baustelle abgezapft worden sein soll. Grundwasser werde aus | |
der Baugrube abgepumpt, in Rohren mit Eisen belastet und ungereinigt zurück | |
ins Grundwasser geführt, so der Vorwurf. Ein Sprecher von S21 teilt dazu | |
mit, die Ergebnisse von „Ingenieure 22“ deckten sich nicht mit Messungen | |
der Bahn. Allerdings sei davon auszugehen, dass „Ingenieure 22“ illegal die | |
Rohre angezapft habe, um an das Wasser zu kommen. Der Ton in der | |
Auseinandersetzung bleibt scharf. | |
11 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Lena Müssigmann | |
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