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# taz.de -- Multikulti-Komödie: Die Baba-Show
> In „Einmal Hans mit scharfer Soße“ erzählt die Hamburger Filmemacherin
> Buket Alakus von der Partnersuche einer emanzipierten Deutsch-Türkin.
Bild: Baba trifft vermeintlichen Schwiegersohn, Tochter ahnt Böses: Szene aus …
Die Hamburger Journalistin Hatice hat türkische Wurzeln, ist 34, attraktiv,
erfolgreich und auf der Suche nach einem Mann. Ihr Problem ist nicht, dass
jemand anders den Ehemann für sie aussuchen wollte. Bislang hat es deswegen
nicht geklappt, weil Hatice zu wählerisch ist: Sie will zwar einen
Deutschen heiraten, aber nicht irgendeinen. Welche Blüten ihre Suche
treibt, erzählt der Film „Einmal Hans mit scharfer Soße“, der ab 12. Juni
in die Kinos kommt.
Hatice schreibt Artikel über Themen wie „Schleier als Mode-Accessoires“ und
genießt ihr Leben in Hamburg als selbstbewusste Frau. Nur wenn sie am
Wochenende zu ihrer Familie nach Salzgitter fährt, gibt es Probleme. Denn
ihr Baba gibt das Familienoberhaupt und sagt, was gemacht wird. Hatice
spielt ihm zu liebe die folgsame Tochter, obwohl sofort zu sehen ist, dass
sie dem Baba längst überlegen ist.
Ein Running Gag des Films ist, dass Hatice immer am Ortsschild vom schicken
Mini in einen langen „Paparock“ und wieder zurück wechselt. Um solche
kleinen Schummeleien geht es in dieser etwas harmlosen, aber unterhaltsamen
Komödie.
Der große Konflikt besteht darin, dass Baba Ismail an der anatolischen
Tradition festhält und nie gestatten würde, dass seine zweit-geborene
Tochter Fatma vor seinem älteren Liebling Hatice heiratet. Nun ist Fatma
auch schon nicht mehr die Jüngste, vor allem aber ist sie schwanger, und
deshalb muss Hatice so schnell wie möglich zumindest einen Verlobten
präsentieren. Sie hat sogar schon einen Hans gefunden, doch der ist so
begierig darauf, in die türkische Kultur aufgenommen zu werden, dass er
sich einen Schnurrbart wachsen lässt.
Vorhersehbare Verwechslungsdramaturgie
Hatice aber will keinen Multikulti-Opportunisten, sondern eben einen „Hans
mit scharfer Soße“. Deshalb lässt sie ihn auf der Fahrt zu ihren Eltern vor
dem Ortsschild auf der Straße stehen und beginnt zu Hause die ersten Lügen
darüber zu erzählen, warum der Schwiegersohn in spe plötzlich verschwunden
ist.
Damit kommt recht vorhersehbar eine Täuschungs- und
Verwechslungsdramaturgie in Gang. Hatice versucht mit immer
abenteuerlicheren Tricks, ihrem Vater angebliche Verlobte vorzustellen.
Einer davon entpuppt sich als schwul und bei einer Feier treffen gleich
zwei Pseudo-Verlobte aufeinander. Als die Familie Hatice in ihrer Wohnung
in Hamburg besucht, versucht Hatice ihren westlichen Lebensstil zu
verbergen. Natürlich findet die Mutter dann doch hinter einem Vorhang ihr
großes Lager mit High-Heels.
Mit solchen Sequenzen tuckert die Komödie gemütlich dahin und es wird eher
geschmunzelt als gelacht. Da wünscht man sich dann ein besseres Drehbuch.
Dabei basiert es auf dem gleichnamigen Bestseller von Hatice Akyün, die
nicht nur über den Namen ihre Heldin deutlich macht, dass sie hier ihre
eigene Geschichte erzählt.
Besser ist der Film immer dann, wenn er in der türkischen Familie bleibt.
Buket Alakus hat diese Familienszenen mit einem zärtliche Witz inszeniert:
Der Vater Ismail ist in Wirklichkeit kein Pascha, sondern ein etwas
altmodischer Kleinbürger, dem es wichtig ist, was in der Teestube über ihn
geredet wird und der sich Sorgen um seine Tochter macht. Meist sieht man
ihn in seinen bizarr sprießenden Schnurrbart schmollen.
Ein schöner Regieeinfall ist das Grüppchen von anatolischen Dorfbewohnern,
das als Miniaturen immer wieder auf Koffern, Tischen und Schränken
auftaucht und Hatice ins Gewissen redet. Man braucht das Gebrabbel ihrer
Stimmchen gar nicht verstehen, man weiß auch so immer genau, welche
Gedanken sie der westlich sozialisierten Türkin in den Kopf setzen. Sie
sind der griechische, nein türkische Chor dieses Schauspiels.
Deutsch-türkische Autobiographie
Die Inszenierung ist auch deshalb so liebevoll, weil der Film für die
Regisseurin Buket Alakus, die ihrer Hauptdarstellerin Idil Üner übrigens
sehr ähnlich sieht, ein autobiografischer Film ist. 1971 in Istanbul
geboren, ist Alakus in Hamburg aufgewachsen und hat dort bei Hark Bohm Film
studiert. In ihrem Debütfilm „Anam“ erzählte sie 2001 von einer türkisch…
Putzfrau in Hamburg. Ihr Film über eine junge türkisch-deutsche
Fußballspielerin „Eine andere Liga“ wurde 2004 gleich mit mehreren
Grimme-Preisen ausgezeichnet. In „Finnischer Tango“ versteckt sich ein
zynischer Musikant in einer Gruppe von Behinderten.
„Einmal Hans mit scharfer Soße“ ist Alakus’ bisher kommerziellster Film.
Statt in Programmkinos wird er in den Multiplexen gezeigt. Produziert wurde
er wie die meisten ihrer Filme von der Firma Wüste Medien, die viele
türkisch-deutsche Filme ins Kino brachte: Zum Beispiel „Kurz und
Schmerzlos“ und „Gegen die Wand“ von Fatih Akin oder „Kebab Connection�…
Anno Saul. Wenn auch „Einmal Hans mit scharfer Soße“ ein Erfolg wird, liegt
die Fortsetzung „Ali zum Dessert“ von Hatice Akyün schon parat.
## Kinostart: 12. Juni
11 Jun 2014
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Kino
Integration
Deutschtürken
Hamburg
Multikulti
DVD
China
Kurzfilm
Jubiläum
Kinogeschichte
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