| # taz.de -- Zwangsprostitution in Bordellen: Schwesig will Kontrolle | |
| > Die Bundesregierung will Bordelle zu Gewerbe erklären, um sie besser | |
| > kontrollieren zu können. Dadurch soll Menschenhandel bekämpft werden. | |
| Bild: Bisher eher unreguliert: Rotlichtviertel in Frankfurt am Main. | |
| BERLIN taz | Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) will eine | |
| Erlaubnispflicht für Bordellbetreiber einführen, um Zwangsprostitution zu | |
| bekämpfen. „Prostitutionsstätten müssen einer effektiven rechtsstaatlichen | |
| Kontrolle unterworfen werden“, sagte eine Sprecherin Schwesigs. Letzte | |
| Woche lud das Ministerium Experten zu einer Anhörung, ein Gesetzentwurf ist | |
| in Arbeit. | |
| Seit 2001 gilt Prostitution nicht mehr als sittenwidrig und ist als | |
| Dienstleistung geregelt – Bordelle hingegen blieben unreguliert. Behörden | |
| können sie deshalb nicht ohne weiteres kontrollieren. Genau dies aber hält | |
| die Polizei für nötig, um gegen Zwangsprostitution vorgehen zu können; denn | |
| die Opfer melden sich nur selten von selbst. Eine „Erhellung des | |
| Dunkelfelds“, so das Bundeskriminalamt (BKA), gebe es nur mit mehr | |
| Kontrollen. | |
| Etwa 400.000 Menschen sollen in Deutschland der Prostitution nachgehen, wie | |
| viele davon unter Zwang, ist unklar. Laut dem BKA stammten 2012 etwa zwei | |
| Drittel aller bekannten Opfer aus Osteuropa, 52 Prozent waren unter 21 | |
| Jahre alt. | |
| Der Koordinationskreis gegen Frauenhandel (KOK) begrüßte Schwesigs Vorstoß | |
| mehrheitlich. Er fordert, die Erlaubnispflicht mit Regelungen zu koppeln, | |
| etwa zu Gesundheitsversorgung und Unterstützungsangeboten für Opfer. | |
| „Dadurch könnten Ausbeutung und Menschenhandel erschwert werden“, so der | |
| KOK in einer Stellungnahme an Schwesig. Auch eine gesetzliche | |
| „Zuverlässigkeitsprüfung“ der Betreiber ähnlich wie bei Gaststätten sei | |
| sinnvoll. Vorbestrafte etwa sollten keine Erlaubnis erhalten können. | |
| ## Berufsverband ist dagegen | |
| Der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD e. V.) | |
| lehnt Schwesigs Pläne dagegen ab. „Wir sprechen uns gegen eine Erlaubnis- | |
| oder Überwachungspflicht aus“, heißt es in einer Stellungnahme. | |
| Prostitution unterliege noch immer einem „gesellschaftlichen Unwerturteil“. | |
| Der Verband befürchtet deshalb, die Gewerbeaufsichtsämter könnten ihren | |
| Ermessensspielraum nutzen, um auch „Arbeitsplätze mit guten | |
| Arbeitsbedingungen“ zu schließen. | |
| Strittig ist, ob eine Altersgrenze von 21 Jahren für Prostituierte | |
| eingeführt werden soll, wie die Union dies will. „Heranwachsende müssen vor | |
| unbedachtem Handeln geschützt werden“, sagt die CDU-Fraktionsvize Nadine | |
| Schön. Die SPD lehnt dies ab. „Bei legaler Prostitution bin ich klar gegen | |
| eine Altersgrenze“, sagt Fraktionsvize Eva Högl der taz. Menschen unter 21 | |
| Jahre zur Aufnahme der Prostitution zu bringen, sei längst als | |
| Menschenhandel unter Strafe gestellt. Prostitution müsse für über | |
| 18-Jährige hingegen erlaubt bleiben, so Högl. | |
| Schwesigs Vorstoß sei sinnvoll, um der Polizei nicht die alleinige | |
| Verantwortung für die Kontrolle des Rotlichtmilieus zu überlassen. „Die | |
| kann nicht einfach überall rein, sie braucht einen Anhaltspunkt, dass etwas | |
| Illegales passiert ist“, sagt Högl. „Wir wollen deshalb, dass die | |
| Gewerbeaufsicht verdachtsunabhängig kontrollieren kann, um | |
| Zwangsprostitution zu entdecken.“ | |
| 16 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
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