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# taz.de -- Grünen-Politikerin über Liberalismus: „Laissez-faire ist keine …
> Die Grünen sind anders liberal als die FDP, sagt die grüne
> Rechtspolitikerin Katja Keul. Für sie sind Freiheit und Regulierung kein
> Widerspruch.
Bild: Übernehmen die Grünen oder machen sie etwas anderes? Abgehängte FDP-Pl…
taz: Frau Keul, manche Grünen wollen die Lücke füllen, die die FDP
hinterlassen hat. Sind die Grünen rechtspolitisch eine liberale Partei?
Katja Keul: Ja, die Grünen sind eine liberale Partei, im Sinne einer
Bürgerrechtspartei. Das waren sie aber schon immer. Das hat überhaupt
nichts mit einer gerade aus dem Bundestag ausgeschiedenen Partei zu tun.
Deren Verständnis von Liberalismus hat mit unserem nichts gemein.
Inwiefern?
Die Neoliberalen haben zuletzt nur noch darauf gesetzt, den Staat klein zu
halten, jede Regulierung abzulehnen. Grüner Liberalismus geht davon aus,
dass der Staat widerstreitende Interessen abwägen und auch mal Regeln
setzen muss. Schließlich greift die Freiheit des einen oft in die Freiheit
von anderen ein. Laisser-faire allein ist deshalb keine Lösung.
Sind die Grünen also doch die Partei der Regulierung?
Regulierung und Freiheit sind kein Widerspruch. Oft kann die Freiheit nur
mit Hilfe des Staates gesichert werden. Wir wollen so viel Freiheit wie
möglich und so wenig Regulierung wie nötig.
CDU und SPD planen rechtspolitisch viele Verschärfungen, etwa bei der
Suizidhilfe. Die grüne Stimme der Freiheit ist kaum zu hören. Warum?
Weil die Frage der Suizidhilfe als Gewissensentscheidung bewusst nicht
entlang der Fraktionsgrenzen diskutiert wird.
Dann frage ich Sie als rechtspolitische Sprecherin. Was halten Sie davon,
dass die organisierte Hilfe zur Selbsttötung strafbar werden soll?
Der Freitod ist nicht strafbar, deshalb sollte auch die Beihilfe dazu
weiterhin keine Straftat sein.
Gesundheitsminister Gröhe (CDU) will verhindern, dass die Suizidhilfe eine
normale Dienstleistung wird, die den Wert menschlichen Lebens relativiert.
Wenn Menschen sich freiwillig entschließen, aus dem Leben zu scheiden, hat
der Staat dies zu akzeptieren. Hier mit dem Strafrecht einzugreifen, lehne
ich ab.
Justizminister Maas (SPD) will das unbefugte Anfertigen bloßstellender
Fotos mit bis zu drei Jahren Haft bestrafen. Ein sinnvoller Schutz der
Persönlichkeitsrechte?
Nein, das ist viel zu unbestimmt. Wann ist denn ein Foto bloßstellend? Wann
ist eine Aufnahme unbefugt? Eine solche Ausweitung der Strafbarkeit ist
nicht hinnehmbar.
Sehen Sie gar keinen Regelungsbedarf?
Das unbefugte Verbreiten und Veröffentlichen eines Fotos ist heute schon
nach dem Kunsturhebergesetz unter Strafe gestellt, allerdings nur, wenn ein
Strafantrag vorliegt. Regelungsbedarf könnte daher, mangels Antrag, bei
Fotos von unbekannten Kindern bestehen oder auch beim Erwerb von
Kindernacktbildern durch Kauf oder Tausch.
Die Koalition will die Prostitution stärker regulieren, unter anderem will
die Union das Angebot sexueller Dienstleistungen erst ab 21 Jahren
erlauben. Ist das sinnvoll?
Nein. Mit 18 ist ein Mensch volljährig und kann selbst über seinen Körper
entscheiden. Mit einer erhöhten Altersgrenze würden wir die betroffenen
Frauen nicht schützen, sondern in die Illegalität abdrängen. Die freie
Entscheidung einer volljährigen Frau haben wir hinzunehmen.
Die Koalition will auch die sogenannte jederzeitige Kontrolle von Bordellen
und Terminwohnungen ermöglichen, um Zwangsprostitution besser aufdecken zu
können …
Grundsätzlich halte ich die Kontrolle von Bordellen für notwendig. Das ist
die logische Folge der Legalisierung der Prostitution, die Rot-Grün 2002
durchgesetzt hat. Es kann nicht sein, dass ein Bordell weniger kontrolliert
wird als eine Wurstbude.
Die Selbsthilfeorganisationen von Prostituierten lehnen ein anlassloses
Betretungsrecht für die Polizei ab …
Ich weiß, niemand wird gern kontrolliert. Da kann ich nur an die
Solidarität appellieren. Es arbeiten eben nicht alle Prostituierten frei
und selbstbestimmt. Die Kontrolle von Bordellen ist ein gutes Beispiel
dafür, dass Freiheit manchmal reguliert werden muss, damit die Freiheit
möglichst vieler gesichert ist.
16 Jun 2014
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Grüne
FDP
Liberalismus
Prostitution
Grüne
FDP
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