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# taz.de -- Debatte Sicherheitspolitik der USA: Polizist ohne Plan
> Viel zu lange haben die USA in Konflikten ausschließlich auf ihre
> militärische Stärke gesetzt. Das rächt sich jetzt – im Irak und anderswo.
Bild: Obama spricht über die Situation im Irak.
Glenn Beck ist bekennender Reaktionär und stolz darauf. Vor einigen Tagen
erklärte der US-Fernsehmoderator öffentlich, er habe sich geirrt und die
Liberalen hätten seinerzeit recht gehabt: Die Invasion in den Irak sei ein
Fehler gewesen. Man könne Demokratie niemandem aufzwingen.
Diesen Blick auf Militärinterventionen teilen in den Vereinigten Staaten
viele – auch solche, die Beck zu Recht für einen wirren Rechtsradikalen
halten. Die Überzeugung, ein Engagement von US-Streitkräften solle den
betroffenen Ländern vor allem Freiheit und Demokratie bringen, ist weit
verbreitet. Widerstand gegen die ausländischen Truppen gilt oft als Undank.
Isolationistische Tendenzen lassen sich deshalb innenpolitisch gut damit
begründen, dass die jeweiligen Völker den Einsatz und die Opfer der USA
einfach nicht verdienten. Schließlich gebe es ja auch Beispiele für
Dankbarkeit und Erfolge. Die Ikonografie der Kriege stützt diese Sicht, vom
Rosinenbomber als positivem Bild bis zu Aufnahmen von toten US-Soldaten,
die durch die Straßen von Mogadischu geschleift werden, als negativem
Muster.
Geostrategische und ökonomische Interessen sind als Begründung für einen
Krieg nicht kleidsam in Szene zu setzen. Hinzu kommt, dass der Glaube
geschwunden ist, die terroristische Bedrohung im Inneren lasse sich durch
Feldzüge in fernen Ländern dauerhaft besiegen. Wer auch immer Präsident
oder Präsidentin der USA sein mag, sieht sich einer kriegsmüden Bevölkerung
gegenüber. Bei dem Friedensnobelpreisträger Barack Obama kommt hinzu, dass
er auch aus persönlicher Überzeugung nicht als jemand in die Geschichte
eingehen möchte, der sein Land in einen neuen, verlustreichen Krieg geführt
hat.
## Chancen statt Garantien
Viele Möglichkeiten zum Handeln bleiben ihm vor diesem Hintergrund nicht.
Das müsste so nicht sein: Ein gut funktionierendes Netzwerk, das den Aufbau
einer vertrauensvollen Arbeitsebene auch mit Staaten einschließt, die
andere Interessen haben als die USA, könnte sogar komplizierte Krisen
entschärfen. Eine Garantie gibt es nicht. Aber immerhin eine Chance.
Die USA haben jedoch in den letzten Jahren stets mit der großen Keule
gedroht. So hat sich die außenpolitische Diskussion über Krisengebiete
mittlerweile auf die Frage verengt, ob – und wenn ja: wie viel – Militär an
einen Brennpunkt geschickt wird.
Das rächt sich jetzt. Ebenso wie die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten
ihre Verbündeten stets ausschließlich nach Opportunitätsgründen ausgewählt
haben. In diesem Zusammenhang brauchen Präsidenten die öffentliche Meinung
nicht zu fürchten: So groß ist das Interesse am Rest der Welt in den USA
nicht, dass man erklären müsste, warum der Iran wegen permanenter
Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen ist, Saudi-Arabien hingegen
nicht. Oder warum Saddam Hussein einst zu den Guten gehörte und dann zum
Bösen wurde. Und dass Teheran jetzt nicht mehr bekämpft, sondern umworben
werden darf.
## Deprimierende Wahrheit
In den letzten Monaten schien Washington von dramatischen Entwicklungen
völlig überrascht zu werden, sei es in der Ukraine oder im Irak. Das legt
den Verdacht nahe, dass entweder der legendäre US-Geheimdienst
beklagenswert schlecht informiert ist oder dass die Regierung seinen
Informationen keinerlei Aufmerksamkeit schenkt.
Die Wahrheit ist vermutlich noch deprimierender. Das Weiße Haus dürfte
ziemlich genau wissen, was auf der Welt vor sich geht – aber niemandem
fällt offenbar eine erfolgversprechende Reaktion darauf ein. 300
Militärberater im Irak werden wenig ausrichten können.
Es gibt sehr gute Gründe, den USA die Rolle als Weltpolizist nicht
zubilligen zu wollen. Aber dann muss endlich ein anderes, auf
internationaler Ebene funktionierendes System etabliert werden. Gegenwärtig
gibt es dieses System nicht. Der Weltsicherheitsrat versagt, wieder und
wieder. Das ist nicht das Ende der Geschichte. Das ist Chaos.
23 Jun 2014
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Irak
USA
Völkerrecht
Saudi-Arabien
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Flugverbot
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Ursula von der Leyen
Schwerpunkt Syrien
Militär
USA
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