# taz.de -- US-Außenminister im Irak: Kerry droht Isis mit Militärschlägen | |
> Die Dschihadisten im Irak rücken weiter vor. Die größte Ölraffinerie soll | |
> unter ihrer Kontrolle stehen. Der US-Außenminister spricht mit der | |
> Führung der Kurden. | |
Bild: Warnt und mahnt und reist durch den Irak: US-Außenminister Kerry. | |
BAGDAD dpa/ap/rtr | Angesichts einer existenziellen Bedrohung des Iraks | |
drücken die USA im Kampf gegen die Isis-Miliz aufs Tempo. Bei einem Besuch | |
in der irakischen Hauptstadt Bagdad pochte US-Außenminister John Kerry auf | |
die rasche Bildung einer Regierung, an der die drei größten | |
Bevölkerungsgruppen des Landes – Schiiten, Sunniten und Kurden – beteiligt | |
sind. Zugleich betonte der Minister, die USA seien zu einem Militärschlag | |
bereit – noch bevor eine neue Regierung stehe. | |
Am Dienstag ist Kerry erneut in den Irak gereist. Angesichts des Vormarschs | |
der Isis will er Gespräche mit der Führung der Kurden führen. Kerry kam am | |
Vormittag in Irbil an, der Hauptstadt der autonomen Kurdenregion im Norden | |
des Irak. Dort trifft er sich mit Regionalpräsident Massud Barsani. | |
Die islamistische Terrorgruppe Isis rückt seit rund zwei Wochen gewaltsam | |
von Norden und Westen her auf Bagdad vor. Weite Teile des Landes sind unter | |
der Kontrolle der sunnitischen Extremisten. | |
Einem Bericht des US-Senders CNN sollen mutmaßliche Isis-Kämpfer nun auch | |
die größte irakische Ölraffinerie in Baidschi eingenommen haben. Das rund | |
200 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Baidschi ist strategisch | |
bedeutend. Dort ist neben der Raffinerie, von der viele Tankstellen des | |
Landes Treibstoff bekommen, auch ein Elektrizitätswerk, von dem aus Bagdad | |
mit Strom versorgt wird. | |
„Der Irak steht vor einer existenziellen Bedrohung, und die irakischen | |
Führer müssen dieser Bedrohung mit der gebotenen Eile begegnen“, sagte | |
Kerry am Montag bei seinem überraschenden Irak-Besuch. Dies sei nicht in | |
der kommenden Woche oder im kommenden Monat, sondern jetzt. „Isis kämpft, | |
um den Irak zu teilen und zu zerstören“, sagte Kerry. US-Präsident Barack | |
Obama werde sich bei militärischen Schritten im Zweifel nicht davon | |
abhalten lassen, dass die Bildung einer neuen Regierung noch nicht | |
abgeschlossen sei. | |
## Nato-Außenminister treffen sich | |
Angesichts der Offensive der islamistischen Isis-Miliz im Irak hat auch der | |
Iran seine Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze erhöht. Kontrollen und | |
Überwachung würden ausgeweitet und Grenzposten verstärkt, sagte | |
Innenminister Abdolresa Rahmani-Fasli am Montag. Dies sei eine | |
Vorsichtsmaßnahme, um ein Übergreifen der Gewalt auf den Iran zu | |
verhindern. | |
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Dienstag in Brüssel mit | |
Kerry über die Krise beraten. Anschließend treffen sich die | |
Nato-Außenminister. Auch sie wollen die Situation in dem arabischen Land | |
erörtern. | |
Al-Maliki steht seit langem in der Kritik, weil seine von Schiiten | |
dominierte Regierung die Sunniten im Irak diskriminiert. Der Regierungschef | |
lehnt einen Rücktritt jedoch ab. | |
Das Problem bei der Regierungsbildung besteht nicht nur darin, dass es | |
einen Machtkampf zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden gibt, sondern auch | |
zwischen Politikern der einzelnen Lager. Nach den Worten eines | |
US-Regierungsbeamten ist in Bagdad zu hören, dass die Kurden wieder den | |
Präsidenten, die Schiiten den Ministerpräsidenten und die Sunniten den | |
Parlamentssprecher und Vizepräsidenten stellen wollten. Aber die Parteien | |
könnten sich bislang nicht auf die Kandidaten einigen. | |
Im Ringen um eine Entschärfung der Krise regte Außenminister Frank-Walter | |
Steinmeier direkte Gespräche zwischen Iran und Saudi-Arabien an. „Ohne | |
irgendeine Verständigung zwischen Riad und Teheran wird der Konflikt kaum | |
zu lösen sein“, sagte der SPD-Politiker der Zeitung Bild. Gespräche | |
zwischen beiden Staaten könnten einen Beitrag zu einer Beruhigung der Lage | |
im Irak leisten. | |
Das Verhältnis der beiden regionalen Mächte ist jedoch angespannt. Das | |
streng sunnitische Riad führt in Syrien einen Stellvertreterkrieg gegen den | |
schiitischen Iran, indem es Rebellen im Kampf gegen die dortige Regierung | |
finanziert und bewaffnet. Das ölreiche Königreich wehrt sich zudem gegen | |
Vorwürfe, zu den wichtigsten Unterstützern der Isis-Miliz zu gehören. | |
Teheran hingegen ist der wichtigste Verbündete des Schiiten Maliki. | |
## US-Militärberater sollen Strategie ermitteln | |
Die USA hatten angekündigt, das irakische Militär im Kampf gegen die | |
Terrormiliz zu unterstützen. Washington setzt dabei unter anderem auf einen | |
möglichst kurzen Einsatz von rund 300 Soldaten, die als Militärberater in | |
den Irak geschickt werden sollen. | |
Die ersten Soldaten sollten Stärken und Schwächen der Iraker prüfen und | |
feststellen, welche Waffen und militärischen Geräte mittlerweile in die | |
Hände der Isis gefallen sein könnten, sagten US-Regierungsbeamte laut einem | |
CNN-Bericht. Die Militärberater sollen demnach außerdem Informationen über | |
die Isis-Kämpfer sowie deren Strategie, Waffenarsenal und Bewegungen | |
sammeln. | |
Im Kampf wollen die USA vor allem dafür sorgen, dass die schlecht | |
ausgerüsteten irakischen Truppen materiellen Nachschub erhalten. Diese | |
verfügten lediglich über zwei Flugzeuge, die "Hellfire"-Raketen abfeuern | |
könnten, und eine begrenzte Zahl an Helikoptern. Die Iraker sollten weitere | |
lasergesteuerte Raketen erhalten, um im Kampf einige Fortschritte zu machen | |
und "Vertrauen wiederherzustellen", hatte ein hochrangiger Vertreter des | |
US-Außenamts am Sonntag in Jordanien gesagt. | |
24 Jun 2014 | |
## TAGS | |
Irak | |
„Islamischer Staat“ (IS) | |
John Kerry | |
USA | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Irak | |
Heinrich-Böll-Stiftung | |
Irak | |
Asyl | |
USA | |
„Islamischer Staat“ (IS) | |
Irak | |
Irak | |
Irak | |
Irak | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Obamas Irakpolitik: Diplomatie statt Bomben | |
Obamas Ziele unterscheiden sich von denen seines Vorgängers, seine Methoden | |
bleiben aber gleich. Über den Irak sollte er mit dem Iran verhandeln. | |
Debatte Dschihadisten im Irak: Wer hat Angst vor Isis? | |
Alle reden über den Streit der Religionen, dabei geht es oft ums Geld. Isis | |
ist brutal, vor allem aber reich – und kann gute Gehälter zahlen. | |
Krise im Irak: Keine „nationale Rettung“ in Sicht | |
Ministerpräsident al-Maliki lehnt eine Einheitsregierung und seinen | |
Rücktritt ab. US-Außenminister John Kerry hatte eine Regierungsbildung bis | |
zum 1. Juli verkündet. | |
Panter-Preisträger vor EuGH: Deserteur und Preisträger | |
Als André Shepherd von Deutschland aus für die US-Armee in den Irak ziehen | |
soll, taucht er unter. Bekommt er jetzt Asyl in Deutschland? | |
Krise im Irak: Die USA sind wieder da | |
US-Militärberater haben ihre Zusammenarbeit mit irakischen | |
Sicherheitskräften begonnen. Indes lehnte Ministerpräsident Maliki eine | |
Einheitsregierung ab. | |
Der sonntaz-Streit: Im Irak intervenieren? | |
Isis kontrolliert die größeren Städte des Irak und will dort einen | |
islamistischen Staat errichten. Die USA schicken Soldaten. Ist das der | |
richtige Weg? | |
Debatte Sicherheitspolitik der USA: Polizist ohne Plan | |
Viel zu lange haben die USA in Konflikten ausschließlich auf ihre | |
militärische Stärke gesetzt. Das rächt sich jetzt – im Irak und anderswo. | |
Unesco über Kulturerbe im Irak: „Die Zerstörung ist ein Teufelskreis“ | |
Mesopotamien gilt als Wiege der Zivilisation, doch die archäologischen | |
Stätten des Irak sind gefährdet. Unesco-Expertin Al Hassan sagt: „Wir | |
können nichts tun“. | |
Krise im Irak: Kerry landet in Bagdad | |
Während die Isis-Kämpfer im Irak weiter vordringen, besucht der | |
US-Außenminister die irakische Hauptstadt. Er kritisiert die Regierung | |
al-Maliki. | |
Nach der Dschihadisten-Offensive im Irak: Letzte Ausfahrt vor Isistan | |
Die Armee ist geflohen, jetzt stehen sich die Dschihadisten und kurdische | |
Peschmerga-Kämpfer vor den Toren Mossuls gegenüber. |