# taz.de -- Arbeit für Schlecker-Frauen: Neustart aus dem Osten | |
> Zwei Jahre nach der Pleite haben im Erzgebirge einige Schlecker-Frauen | |
> Arbeit gefunden: in der expandierenden Drogerie-Kette von Heiko Ernst. | |
Bild: Im Januar 2012 meldete Schlecker Insolvenz an. Über 25.000 Frauen verlor… | |
RASCHAU taz | Heiko Ernst wirkt verlegen, als er sich vor seinem | |
Drogeriemarkt in Raschau fotografieren lassen soll. Eitelkeit liegt dem | |
53-jährigen gelernten Landmaschinenschlosser aus dem Erzgebirge fern. Dabei | |
könnte er sich als Vorzeige-Ossi sehen: Nach dem Zusammenbruch des | |
Schlecker-Imperiums 2012 stieß er mit seiner DroNova-Kette in die Lücken | |
und brachte es in einem Jahr auf 15 Filialen in Sachsen und Brandenburg. | |
Fast drei Dutzend ehemaliger Schlecker-Mitarbeiterinnen kamen dort unter. | |
Jetzt expandiert Ernst in den Westen. | |
Zum Drogisten wurde er 1991, als er nur seiner Frau helfen wollte, eine | |
Drogerie der DDR-Handelsorganisation HO privat zu übernehmen. Zuletzt war | |
er dann Franchisenehmer der ebenfalls pleitegegangenen Schlecker-Tochter | |
„Ihr Platz“. „Bei mir ging es stets ums Überleben, weniger darum, das gr… | |
Ding zu drehen“, sagt Ernst. | |
Den 1,3-Millionen-Euro-Startkredit für seine eigenen Läden warf ihm die | |
Bank nicht eben hinterher. Einen Knebelvertrag mit Rewe als Belieferer | |
kündigte Ernst bald wieder. „Du kannst auch Größeres aus der Situation | |
machen“, habe er sich gedacht. Ernst tat sich mit der österreichischen | |
Ex-Schlecker-Managerin Marija Brnas zusammen. Seit August 2013 sind beide | |
Geschäftsführer der DroNova-GmbH. | |
Sein Konzept fußt auf zwei Grundsätzen. Erstens: Der Kunde erwartet ein | |
Standardsortiment, aber regional angepasst. In Raschau zeigt die | |
Verkäuferin stolz auf Ostprodukte wie die blaue Nautik-Seife oder die | |
Crottendorfer Räucherkerzen von nebenan. | |
## Weniger Lohn als bei Schlecker | |
Zweitens: Die Filialen liegen in ländlichen Räumen. In Orten, die noch | |
unterhalb der Mittelstädte rangieren und von den Großen wie Rossmann und dm | |
nicht bedient werden. Diese Bodenständigkeit, verknüpft mit individueller | |
Bedienung, Hilfe für ältere oder überforderte Kunden und einem | |
Geschenkservice, scheint sich auszuzahlen. Seit Herbst steigen die Umsätze. | |
Tatsächlich gibt es offenbar noch einen dritten Grundsatz: Ernst arbeitet | |
mit wenig Leuten – und die wiederum müssen sehr selbstständig sein. Das | |
hätten beispielsweise nicht alle infrage kommenden Schlecker-Frauen | |
gekonnt, die nach der Insolvenz der Kette arbeitslos wurden, sagt Ernst, | |
der sich dann doch als Unternehmer und nicht als Samariter versteht. | |
„Manche sind einfach nur Befehlsempfang gewohnt.“ | |
In den 15 Filialen sind 33 Mitarbeiterinnen beschäftigt. Und die verdienen | |
schlechter als die 13 Euro Stundenlohn bei Schlecker, räumt Ernst ein. Die | |
Gewerkschaft Ver.di kritisiert heftig, dass DroNova im wirtschaftlich | |
schwachen Erzgebirge sogar weniger als den Mindestlohn von 8,50 Euro zahlt. | |
Noch beherbergt eine Hälfte des ehemaligen Nahkauf-Marktes in Raschau das | |
erzgebirgische Zentrallager von DroNova. Doch Ernst möchte wegkommen von | |
den anstrengenden Einzelverträgen mit rund 100 Zulieferern. Ab Juli kommt | |
die Ware aus einem Zentrallager des neuen Partners Butnikowsky in Hamburg. | |
Am 1. Juli öffnen die Westfilialen in Frankfurt, Siegen und etwas später | |
sogar in Köln. Verträge mit weiteren 24 Partnern in Westdeutschland stehen. | |
Das sind oft ehemalige „Ihr Platz“-Franchisenehmer oder inzwischen | |
selbstständige Schlecker-Frauen. Beim Verband Deutscher Drogisten zeigt man | |
sich überrascht, als man die Chancen von DroNova einschätzen soll. Von | |
Ernst und Brnas hat man noch nichts gehört. Das könnte sich bald ändern. | |
26 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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