| # taz.de -- Ausnahmen beim Mindestlohn: Nörgler von links, Nörgler von rechts | |
| > Die SPD weist die Kritik der Gewerkschaften am Mindestlohn zurück. Aber | |
| > auch die CSU stellt sich quer. Die Linke hält den Gesetzentwurf gar für | |
| > verfassungswidrig. | |
| Bild: Für Erntehelfer soll es beim Mindestlohn eine Ausnahme geben. | |
| BERLIN afp/dpa | Führende SPD-Politiker haben die Mindestlohn-Pläne der | |
| schwarz-roten Koalition gegen Vorwürfe aus dem Gewerkschaftslager | |
| verteidigt. Die für Donnerstag vorgesehene Verabschiedung sei „ein ganz | |
| großer Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland“, sagte | |
| Fraktionschef Thomas Oppermann. „Das ist eine Sozialreform von historischem | |
| Ausmaß.“ Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz betonte: „Die in | |
| der Koalition verhandelten Kompromisse sind alle gut vertretbar.“ | |
| Die Gewerkschaftskritik entzündet sich vor allem an den geplanten | |
| Ausnahmen. Union und SPD hatten sich am Freitagabend auf Änderungen für die | |
| Zeitungsbranche, Saisonarbeiter und Praktikanten verständigt. Am Vormittag | |
| sollen im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales Experten zu dem | |
| Entwurf gehört werden. Am Dienstag beraten die Fraktionen, am Donnerstag | |
| soll der Bundestag über das Paket von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) | |
| entscheiden. | |
| DGB-Chef Reiner Hoffmann kündigte Widerstand der Gewerkschaften an. „Wir | |
| werden bis zur letzten Stunde dafür kämpfen, dass es keine Ausnahmen geben | |
| wird“, sagte er am Montag im ARD-Morgenmagazin. „Hier haben sich mächtige | |
| Lobbygruppen in den letzten Wochen auf den Weg gemacht, um das | |
| Mindestlohngesetz noch weiter zu durchlöchern“, so der Vorsitzende des | |
| Deutschen Gewerkschafsbundes (DGB). Der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank | |
| Bsirske, hatte am Wochenende kritisiert, mit einer Vielzahl von Ausnahmen | |
| habe die Koalition den gesetzlichen Mindestlohn „brutal amputiert“. So | |
| werde mindestens drei Millionen Menschen ein Lohn von 8,50 Euro pro Stunde | |
| verwehrt. | |
| SPD-Generalsekretärin [1][Yasmin Fahimi sagte Spiegel Online] am Montag: | |
| „Die aktuelle Kritik am Mindestlohn ist völlig überzogen und unsachgemäß.… | |
| Der Mindestlohn komme wie versprochen: „8,50 Euro flächendeckend, keine | |
| Branche wird ausgenommen. Für mindestens 3,7 Millionen Beschäftigte | |
| bedeutet dies künftig eine bislang nicht gekannte Absicherung.“ Fahimi | |
| mahnte Zurückhaltung an: „Jahrelang haben wir gemeinsam mit den | |
| Gewerkschaften für den Mindestlohn gekämpft. Diese Woche wird er | |
| verabschiedet. Ich gehe davon aus, dass sich darüber alle | |
| Gewerkschaftsvorsitzenden gleichermaßen freuen.“ | |
| ## Kritik aus den eigenen Reihen | |
| Widerstand kommt allerdings auch aus der SPD. Der Vorsitzende der | |
| SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Klaus Barthel, lehnte | |
| die jüngsten Vereinbarungen strikt ab. „Die angedachten weiteren Ausnahmen | |
| beim Mindestlohn belegen, dass es einigen in der Union nicht um die | |
| sachgerechte Umsetzung des Koalitionsvertrages geht, sondern um die | |
| systematische Durchlöcherung des Mindestlohnes bis zur Unkenntlichkeit“, | |
| [2][sagte er Handelsblatt Online.] | |
| Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) wies die Kritik | |
| zurück. „Ausnahmeregelungen beim Mindestlohn für Betriebe im Obst- und | |
| Gemüseanbau sind keine Durchlöcherung des Gesetzes, sondern ein Beitrag zur | |
| Überlebensstrategie heimischer Betriebe“, sagte er der Passauer Neuen | |
| Presse (Montag). „Ohne solche Regelungen werden manche Arbeitsplätze | |
| zukünftig nicht mehr bestehen bleiben.“ Nach dem Koalitionskompromiss | |
| sollen Obst- und Gemüsebetriebe bei den Sozialabgaben für Erntehelfer | |
| entlastet werden, wenn der Mindestlohn eingeführt wird. | |
| Oppermann bezeichnete die Kritik als unangemessen und sachfremd. | |
| Übergangsregeln etwa für Saisonarbeiter und Zeitungszusteller seien | |
| notwendig und von Anfang an verabredet gewesen, so der SPD-Fraktionschef. | |
| Hamburgs Bürgermeister Scholz sagte der dpa, Nahles habe einen klugen | |
| Vorschlag vorgelegt. | |
| ## CSU kündigt Nein-Stimme an | |
| Der CSU-Wirtschaftspolitiker Peter Ramsauer kündigte Nein-Stimmen aus den | |
| Reihen der Union zur Gesetzesvorlage an. „Das Gesetz geht nach wie vor | |
| wirtschaftspolitisch in die falsche Richtung, deshalb werden viele | |
| Wirtschaftspolitiker der Union nicht zustimmen“, sagte der Vorsitzende des | |
| Wirtschaftsausschusses der Bild-Zeitung (Montagsausgabe). | |
| Die Linke hält die geplanten Regelungen für verfassungswidrig. „Das | |
| Nahles-Gesetz liest sich wie eine Satire auf das SPD-Wahlprogramm. Das ist | |
| Betrug an den Wählern und an den SPD-Mitgliedern“, [3][sagte Parteichef | |
| Bernd Riexinger der Frankfurter Rundschau] (Montag). „Die Ausnahmen haben | |
| in Karlsruhe niemals Bestand, weil sie eklatant gegen das | |
| Gleichbehandlungsgebot verstoßen.“ | |
| 30 Jun 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mindestlohn-spd-weist-kritik-der-… | |
| [2] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/spd-arbeitnehmer-gegen-komp… | |
| [3] http://www.fr-online.de/arbeit---soziales/mindestlohn-ausnahmen-linke-wirft… | |
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