# taz.de -- Kommentar DFB-Elf im Achtelfinale: Ein Stil, der dem Trend entspric… | |
> Bundestrainer Joachim Löw hat das Spektakel zugunsten der Defensive | |
> reduziert. Jetzt ist die Gegentorquote weltmeisterlich. Reicht das? | |
Bild: Hilflos in der Offensive, diszipliniert in der Abwehr: Linksverteidiger H… | |
Ein Hauptvorwurf gegen Joachim Löw lautet, dass er das Verteidigen nicht | |
ernst nimmt. Das lässt sich nach dieser WM-Vorrunde nicht erhärten: Der | |
Bundestrainer hat viel versucht, um die hohe Gegentorquote der letzten | |
Jahre zu reduzieren, mit der man erwiesenermaßen kein großes Turnier | |
gewinnen kann. | |
Einmal war man zeitweise chaotisch, beim 2:2 gegen Ghana, aber zweimal hat | |
man Spiel und Gegner fast über die ganze Spielzeit kontrolliert und jeweils | |
zu null gespielt: 4:0 gegen Portugal und am Donnerstagabend 1:0 gegen die | |
USA. Nun weiß man nicht genau, wie schwach die USA-Offensive wirklich war | |
(der Verdacht ist: sehr schwach), aber aus deutscher Sicht hat man den Ball | |
laufen lassen und den Gegner ins Leere geschickt, hat alles kontrolliert | |
und sich keinen jener Fehler geleistet, die auf diesem Niveau häufig nicht | |
mehr zu reparieren sind. | |
Deutschland lässt den Ball nicht so laufen wie der FC Bayern und presst | |
nicht so existentiell wie Borussia Dortmund. Löw hatte seinen | |
Tempokonterfußball von 2010 zunächst zu einem dominanteren | |
Ballbesitzspektakel entwickelt. Erstens, weil man sich immer | |
weiterentwickeln muss, sonst ergeht es einem wie Italien, Portugal und | |
England. Spanien ist ein Sonderfall. | |
Zweitens, weil er damit bei den ganz großen Spielen nicht durchkam. | |
Drittens, weil die deutschen Kreativspieler immer besser wurden und das | |
Team sich immer besser eingroovte. Da aber nicht nur der Spektakelfaktor | |
hoch war, sondern auch die Gegentorquote, hat Löw die nächste Stiladaption | |
vorgenommen. Die Parole lautet: Defensive vor Spektakel. | |
## Rettendes Tor gegen Ghana | |
Mit den vier Vorstoppern in der Abwehr gewinnt das Team bei eigenen und | |
gegnerischen Standards – und verliert auf den Flügeln. Das personifiziert | |
sich weniger in Boateng als in Linksverteidiger Höwedes, der mit seinem | |
rechten Fuß und seiner kreativen Limitiertheit in der Offensive hilflos | |
ist, aber diszipliniert verteidigt und nach einem Eckball per Kopf Kloses | |
rettendes Tor gegen Ghana initiierte. | |
Schön ist das nicht, aber die WM wird sich über Tore, die nach | |
Umschaltspiel und nach Standards fallen bzw. nicht fallen, entscheiden. Das | |
gilt auch für das Achtelfinale am Montag gegen Algerien. Löws Stil | |
entspricht in einigen Bereichen dem Trend. Etwa beim Versuch, mit Philipp | |
Lahm auf der Sechs und zwei Achtern Stabilität und Kontrolle im Zentrum zu | |
erlangen. Dies gelingt auch mit der Reduktion des Flügelspiels, der | |
Reduzierung des Mittelstürmers auf eine Schrumpfvariante und dem Versuch, | |
mit drei beweglichen Offensiven den Gegner in Unordnung zu bringen. | |
Das führt allerdings dazu, dass Deutschlands Offensive ohne Zehn agiert und | |
darin überhaupt nicht geübt ist, was häufig weniger den Gegner als Mesut | |
Özil in Unordnung zu bringen scheint. Wenn es aber bei Özil nicht läuft, | |
fehlt das entscheidende Verbindungsstück zum Abschluss-Spieler. Alles | |
Gründe, warum dem deutschen Spiel noch die ästhetische Begründung fehlt. | |
Aber jeder Nachteil hat auch einen Vorteil, wie Johan Cruyff zu sagen | |
pflegt. | |
Der Vorteil besteht darin, dass man mit dem derzeitigen Schnitt von 0,66 | |
Gegentoren Weltmeister werden kann. Spanien und Italien hatten zuletzt eine | |
Quote von 0,3 bzw. 0,8 pro Spiel. Doch die historische Leistung von Joachim | |
Löw besteht in mehr als einem profanen Titel oder einer bestimmten | |
Gegentorquote: Er ist der Trainer, der Deutschland gezeigt hat, dass es im | |
Fußball nicht darum gehen kann, dass man gewinnt. Sondern nur darum, wie | |
man gewinnt. Oder, Jogi? | |
27 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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