# taz.de -- DFB-Elf vor dem Achtelfinalspiel: Zu viele Leader verderben das Spi… | |
> Sami Khedira oder Bastian Schweinsteiger? Jogi Löw hat die Qual der Wahl | |
> – und er muss aufpassen, dass das nicht zum Problem wird. | |
Bild: Wer kann das deutsche Spiel besser organisieren: Sami Khedira oder Bastia… | |
RIO DE JANERIO taz | Wer hätte das gedacht, dass diese beiden Herren einmal | |
in ein derart verzwicktes Konkurrenzverhältnis geraten könnten? Gemeinsam | |
haben sie einst maßgeblich einen Kulturwandel im deutschen Team | |
eingeleitet. Sie ersetzten den verletzten Chef und Dirigenten, den Capitano | |
Michael Ballack bei der WM 2010 im zentralen Mittelfeld so formidabel, dass | |
fortan im DFB-Team nur noch die flachen Hierarchien und das Kollektiv | |
gepriesen wurden. Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira wurden zu einem | |
unzertrennlichen Zwillingspaar im deutschen Spiel. | |
Doch nachdem beide nun mit dem Handicap von gerade erst auskurierten | |
Verletzungen in dieses Turnier gestartet sind, traut ihnen Bundestrainer | |
Joachim Löw nicht recht über den Weg. Als Stabilisator beorderte er deshalb | |
Philipp Lahm ins defensive Mittelfeld. Die dadurch einzig frei verbleibende | |
Planstelle besetzte er im Spiel gegen Portugal und Ghana mit Khedira. | |
Überraschend war das nicht. Khedira hat in den letzten ein, zwei Jahren | |
extrem an Ansehen gewonnen. Und dies war auch mit einer kleinen Renaissance | |
des Chefdenkens im deutschen Team verbunden. Um die etwas weichere Form der | |
Hierarchie zu unterstreichen, verwandte Löw für Khedira den englischen | |
Begriff des Leaders. Und es kann durchaus als Abstufung verstanden werden, | |
dass Schweinsteiger von ihm zum „emotionalen Leader“ erkoren wurde – zu | |
einer Art Abteilungsleiter also. | |
Das Problem ist nun, dass Schweinsteiger, der auch schon als „Chefchen“ | |
verspottet wurde, bei seinem Kurzeinsatz gegen Ghana und im Spiel gegen die | |
USA als der deutlich bessere Organisator auffiel. Löw war danach irgendwie | |
hin- und hergerissen, wie er den sich da abzeichnenden Konflikt moderieren | |
sollte. Einerseits würdigte er das bessere Mittelfeldspiel. Andererseits | |
hob er hervor: „Es war der richtige Zeitpunkt, Sami Khedira eine Pause zu | |
geben.“ | |
## Listig eingeschränktes Lob | |
Sprich: Der 27-Jährige kommt wieder. Vermutlich steht er in Porto Alegre | |
gegen Algerien (Montag, 22 Uhr, ZDF) in der Startelf. So schränkte der | |
Bundestrainer sein Lob für den Bayern-Spieler listig ein: „Schweinsteiger | |
war – solange die Kräfte gereicht haben – kämpferisch sehr, sehr gut.“ … | |
könnte der richtige Zeitpunkt gekommen sein, ihm wieder eine Pause zu | |
geben. | |
Wie auch immer Joachim Löw sich entscheidet, es wird für Konflikte sorgen. | |
Sami Khedira mag seine erste Wahl sein, Schweinsteiger aber verfügt über | |
eine mächtige Lobby im Team. Während der Dortmunder Mats Hummels im | |
Interview nach der Begegnung gegen die USA weder zu Schweinsteiger noch zu | |
Khedira etwas sagen wollte, aus Sorge, es könne ihm falsch ausgelegt | |
werden, scheuten sich die Bayern-Spieler überhaupt nicht, mehr oder minder | |
diskret Partei für ihren Klubkameraden zu ergreifen. | |
„Wir haben das zu Dritt sehr oft bei Bayern gespielt. Wir harmonieren gut | |
und das hat man gegen die USA wieder gesehen“, erklärte Toni Kroos. Und als | |
wortreicher Wahlhelfer für Schweinsteiger erwies sich insbesondere Bayern- | |
und Nationaltorhüter Manuel Neuer: „Bastian ist ein Stratege. Er | |
kontrolliert das Spiel, gibt den Rhythmus vor. Es tut uns sehr gut, dass er | |
wieder dabei ist.“ | |
Eingespielte Mannschaftsteile können durchaus von Vorteil sein. Das zeigt | |
das Beispiel des spanischen Nationalteams, das zu seinen besten Zeiten vom | |
blinden Verständnis seiner Barcelona-Spieler profitierte. Lagerdenken indes | |
kann ein Team empfindlich aus der Balance bringen. Ein Problem, das dem | |
DFB-Team schon bei der EM 2012 zu schaffen machte. Die | |
Khedira-Schweinsteiger-Frage ist also durchaus eine diffizile Angelegenheit | |
für Joachim Löw. Ob diese WM zu einem Erfolg fürs deutsche Team wird, hängt | |
auch davon ab, wie geschickt der Bundestrainer das Problem zu lösen | |
versteht. | |
30 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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