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# taz.de -- Kinderarbeit in Bolivien: Mit der Trompete auf der Straße
> Das Parlament hat Arbeit ab dem Alter von zehn Jahren legalisiert. Schon
> jetzt arbeiten etwa 850.000 Kinder im Land – unter prekären Bedingungen.
Bild: Hier dürfen sie noch spielen, sonst aber müssen sie häufig arbeiten.
BUENOS AIRES taz | In Bolivien hat das umstrittene Gesetz zur Kinderarbeit
die parlamentarischen Hürden genommen. Nachdem nun auch das
Abgeordnetenhaus zugestimmt hat, muss Staatspräsident Evo Morales das
„Gesetz Mädchen, Jungen und Jugendliche“ nur noch in Kraft setzen. Dann
dürfen Kinder ab August 2015 mit einem Mindestalter von 14 Jahren regulär
arbeiten gehen und genießen die gleichen Rechte wie Erwachsene.
Soweit alles normal. Umstritten sind jedoch die Ausnahmen. Auf Antrag
dürfen Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, jedoch nur zu ihren eigenen
Nutzen, und Kinder zwischen 12 und 14 Jahren auch zugunsten anderer
arbeiten. Die entsprechende Genehmigung muss die zuständige Kinder- und
Jugendschutzbehörde erteilen. Dabei soll streng auf die schulische
Erziehung geachtet werden.
Dass Präsident Evo Morales das Gesetz in Kraft setzt, gilt als sicher.
Schon lange vor der Abstimmung im Kongress hatte sich der Präsident offen
für eine Regelung gezeigt. „Nach meiner eigenen Erfahrung darf man die
Arbeit von Kinder- und Jugendlichen nicht beseitigen, aber man darf Kinder
und Jugendliche auch nicht ausbeuten oder zur Arbeit anstiften. Auf dem
Land, unterstützen alle die Familie ab dem Moment, ab dem sie Laufen
können.“
Der Streit im Vorfeld drehte sich denn auch vor allem um die Frage, ob der
mit der gesetzlichen Regelung der Kinderarbeit Tür und Tor geöffnet werde,
oder ob lediglich die bestehenden Verhältnisse auf eine gesetzliche Basis
gestellt werden. Wie auch immer die Frage beantwortet wird, mit dem jetzt
verabschiedeten Gesetz ist Bolivien Vorreiter in der Region.
Nach Angaben der Internationale Arbeitsorganisation ILO sind in
Lateinamerika und der Karibik rund 13 Millionen Kinder von Kinderarbeit
betroffen. 1973 hatte die ILO zwar die Kinderarbeit unter 14 Jahren
geächtet, die Wirklichkeit in zahlreichen Mitgliedstaaten sieht jedoch
anders aus. Eine Erhebung des bolivianischen Statistikamts im Jahr 2008
ergab, dass bereits knapp 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter
von fünf bis 17 Jahren. In absoluten Zahlen schätzte die Behörde sie auf
850.000.
## Bergbau und Zuckerrohrplantage
Knapp 90 Prozent arbeiten unter prekären Bedingungen im Bergbau und beim
Zuckerrohranbau und -ernte. Knapp 80 Prozent bekommen keine Lohn, sondern
gelten lediglich als Mithelfer ihrer Familien.
Mit dem jetzigen Gesetz versucht die Regierung dem jedoch einen Riegel
vorzuschieben. Demnach wäre Kinderarbeit unter anderem im Bergbau und beim
Zuckerrohr, bei der Backsteinherstellung und bei Sammeln von gefährlichen
Abfällen ab August 2015 verboten. Ob das Gesetz hier die Realität ändert,
ist jedoch umstritten.
Unterstützung kommt jedenfalls von den Kindern und Jugendlichen selbst.
Junge Vertreter der in der Union der arbeitenden Kinder und Jugendlichen
Boliviens UNATSBO zusammengeschlossenen Betroffenen hatten sich Anfang Juni
mit Senatspräsident Eugenio Rojas zusammengesetzt, um Nachbesserungen an
der Gesetzesvorlage zu diskutieren. Alle fünf Jahre soll jetzt die Liste
der schlimmsten Formen der Arbeit, bei denen die Kinderarbeit untersagt ist
neu erstellt werden.
4 Jul 2014
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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