| # taz.de -- Homophobie in Uganda: Kruzifix gegen Regenbogen | |
| > Vor dem Verfassungsgericht beginnt ein Prozess gegen die | |
| > Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung. Im Saal reden Schwulenhasser und Schwule | |
| > miteinander. | |
| Bild: Demonstration in Kenia gegen die drakonischen Anti-Homo-Gesetze im Nachba… | |
| KAMPALA taz | Der große Saal von Ugandas Verfassungsgericht ist bis auf den | |
| letzten Platz besetzt. Es ist ein entscheidendes Verfahren, das an diesem | |
| Mittwoch begonnen hat – der Streit um Ugandas Anti-Homosexuellen-Gesetz, | |
| das Ende 2013 vom Parlament verabschiedet wurde und Ende Februar per | |
| Unterschrift von Präsident Yoweri Museveni in Kraft trat. | |
| Das Gesetz sieht als Höchststrafe lebenslange Haft für Schwule und Lesben | |
| vor, wenn sie beispielsweise mit Minderjährigen gleichgeschlechtlichen Sex | |
| haben oder das HI-Virus übertragen. Es richtet sich auch gegen | |
| Gesundheitseinrichtungen, die Homosexuelle betreuen. | |
| Eine Gruppe von Anwälten, Homosexuellenaktivisten und Vertreter von | |
| Menschenrechtsorganisationen rief im März das Verfassungsgericht an. Das | |
| Gesetz sei regelwidrig verabschiedet worden und nicht mit den in der | |
| Verfassung festgeschriebenen Menschen- und Freiheitsrechten vereinbar, so | |
| die Petition. Sollte die Richter dieser Argumentation recht geben, müsste | |
| das Gesetz zurück ins Parlament. | |
| Zur Prozesseröffnung ist die Stimmung im vollen Saal angespannt. Schwule | |
| und Lesben sind gekommen, auch Ugandas prominentester Schwulenhasser, der | |
| evangelikale Pfarrer Martin Ssempa, in schwarzer Robe mit zwei feuerroten | |
| Kruzifixen auf der Brust. Er sucht gezielt das Gespräch mit den | |
| Homosexuellen. Es gibt hitzige Debatten. | |
| „Diese Petition ist für uns extrem wichtig, denn wir hören nicht auf, für | |
| unsere Rechte zu kämpfen“, sagt Frank Mugisha, Leiter der | |
| Homosexuellenvereinigung SMUG. Er ist eben aus den USA zurückgekehrt. „Wenn | |
| es sein muss, ziehen wir bis zum Obersten Gericht.“ | |
| „Wir argumentieren, das Gesetz sei illegal zustande gekommen“, erklärt | |
| Klägeranwältin Fridah Mutesi. Laut Verfassung muss ein Drittel der 375 | |
| zivilen Angeordneten in Ugandas Parlament – das zusätzlich 10 | |
| Armeevertreter zählt – anwesend sein, um eine Abstimmung durchzuführen. Als | |
| jedoch am 20. Dezember über das Anti-Schwulen-Gesetz entschieden wurde „war | |
| der Sitzungssaal buchstäblich leer“, so Mutesi. Bereits kurz nach der | |
| Abstimmung hätten Ministerpräsident Amama Mutabazi und Präsident Yoweri | |
| Museveni die Frage gestellt, ob das Prozedere eingehalten worden war. | |
| Um das Gesetz gibt es weltweite Diskussionen. Ursprünglich 2009 als private | |
| Initiative eingebracht, forderte es sogar die Todesstrafe gegen Schwule. | |
| Urheber des Gesetzentwurfs war der Abgeordenete David Bahati, neben Pfarrer | |
| Ssempa ein berühmtes Mitglied der evangelikalen Zirkel in den USA und | |
| Uganda. Aufgrund des großen Protestes wurde der Entwurf mehrfach verändert, | |
| die Todesstrafe in lebenslange Haft umgewandelt. Doch letztlich kam es | |
| durch, kurz vor Weihnachten 2013. Als „Weihnachtsgeschenk an die Ugander“ | |
| bezeichnete es Parlamentssprecherin Rebecca Kadaga. | |
| ## Erzkonservativ und zutiefst religiös | |
| Im April startete Ugandas Polizei die ersten Razzien: Die Einrichtungen | |
| eines US-finanzierten Projektes, das medizinische Hilfe für HIV-positive | |
| Homosexuelle anbietet, wurde gestürmt. Auch ein US-Projekt an Ugandas | |
| Makerere-Universität wurde durchsucht. Dort „trainiere man Jugendliche zum | |
| Schwulsein“, sagte Regierungssprecher Ofwono Oponda damals. | |
| Die Welt schrie auf. Westliche Länder kürzten Hilfsgelder. Die USA erließen | |
| Sanktionen. Museveni musste schließlich verbal zurückrudern. Der Text sei | |
| „vom Westen falsch verstanden worden“, erklärte er jüngst. Er steckt in | |
| einer Zwickmühle: Er muss es Geberländern genauso recht machen wie seiner | |
| eigenen Bevölkerung. Ugandas Gesellschaft ist erzkonservativ und zutiefst | |
| religiös, das Gesetz stößt im Land auf große Zustimmung. | |
| Vor den Verfassungsrichtern wirkt Ugandas berühmteste Staatsanwältin | |
| Patricia Mutesi, die die Regierungsseite vertritt, sichtlich verloren. Sie | |
| bittet die Richter um mehr Zeit: „Wir müssen uns mit anderen | |
| Regierungsinstitutionen beraten“, erklärt sie. Sie hätte nicht genügend | |
| Zeit zur Vorbereitung gehabt. Die Richter reagieren spöttisch: „Können Sie | |
| nicht mal ein Wochenende durcharbeiten?“, fragt einer. „Dies ist ein | |
| sensibles Gesetz und wir müssen das Verfahren schnell durchziehen.“ Er gibt | |
| der Staatsanwältin gerade einmal einen Tag. Am Donnerstag geht es weiter. | |
| 30 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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