# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Wir dulden keine Hassparolen“ | |
> Viele Juden fühlen sich in Deutschland nicht mehr sicher. Die Berliner | |
> Polizei gibt Entwarnung. Es gebe nicht mehr Gewalttaten als letztes Jahr. | |
Bild: Pro-israelische Solidaritätskundgebung in Berlin. | |
Es ist nicht zu leugnen: Der Gaza-Konflikt hat längst Deutschland erreicht. | |
Seit Wochen sind auf propalästinensischen Demonstrationen Hetzparolen zu | |
hören, Synagogen wurden angegriffen und in Deutschland lebende Juden | |
berichten von Übergriffen. Als Reaktion auf die Unruhen wurden bestimmte | |
Ausrufe verboten. Die Polizei zeigt zum Schutz jüdischer Mitbürger | |
besondere Präsenz. | |
Trotzdem fühlen sich viele Juden in Deutschland nicht mehr sicher. Beim | |
Zentralrat der Juden gehen besorgte Anrufe ein. Einige hadern bereits mit | |
der Entscheidung, das Land zu verlassen. Haben sie Grund dazu? Oder | |
übersteigt die subjektive Wahrnehmung das tatsächliche Geschehen? | |
„Auch wenn der Krieg in Gaza den stets auf der Lauer liegenden | |
Denunziationsfundamentalisten neues Futter für ihre Shit-Storms zu liefern | |
scheint, gibt es keinen Grund sich in Deutschland unsicher zu fühlen“, sagt | |
die Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin, Cilly Kugelmann. „Kein | |
Iron Dome muss Kassam-Raketen über Berlin abwehren, keine Panzergranaten | |
beschießen Hamburger Einrichtungen.“ | |
In regelmäßigen Abständen bestätigten empirische Studien, dass jeder fünfte | |
in diesem Land latent antisemitisch sei. „Was weder zu bestreiten noch | |
beängstigend ist“, sagt Kugelmann. Antisemitismus wie Rassismus seien eine | |
öde und lästige Realität, die es überall auf der Welt politisch zu | |
bekämpfen und privat zu ignorieren gelte. | |
## „In Israel fühle ich mich sicherer“ | |
Trotzdem will die jüdische Studentin Michal nicht mehr lange in Deutschland | |
bleiben: „Es klingt ironisch, aber in Israel fühle ich mich sicherer.“ Die | |
gebürtige Berlinerin hat den deutschen Antisemitismus bereits mehrfach | |
selbst erfahren. „Erst vor zwei Wochen wurde ich auf der Straße angespuckt, | |
weil ich eine Kette mit einem Davidstern-Anhänger getragen habe.“ | |
Die Polizei gibt Entwarnung: „Wir stehen in intensivem Austausch mit der | |
Sicherheitsabteilung der jüdischen Gemeinde“, sagt Stefan Redlich, | |
Pressesprecher der Berliner Polizei. „Alle jüdischen Krankenhäuser, | |
Schulen, Kindergärten, Friedhöfe, Synagogen, Gemeindehäuser und jede andere | |
jüdische Einrichtung wird von der Polizei beschützt.“ | |
Jährlich werden zwischen 130 und 280 antisemitische Straftaten bei der | |
Berliner Polizei registriert – darunter drei bis neun Gewalttaten. Dieses | |
Jahr sei es laut Redlich bislang nicht zu überdurchschnittlich vielen | |
Anzeigen von Gewalttaten gekommen. „Es werden aber vermehrt Beleidigungen | |
und Volksverhetzung gemeldet“, räumt er ein. | |
Dagegen will die Berliner Integrationssenatorin Dilek Kolat strikt | |
vorgehen: „Wir dulden keine Nazis und wir dulden keine Hassparolen von | |
fundamentalistischen Predigern in Berliner Moscheen. Wir werden hier keine | |
,no-go-areas' zulassen. Berlin lässt den Nazis und anderen Antisemiten | |
keinen Zentimeter Raum in dieser Stadt.“ Das jüdische Leben sei ein | |
wichtiger Teil der Gesellschaft. „Berlin war und ist ein Ort des toleranten | |
Zusammenlebens.“ | |
Die Streitfrage in dieser Woche beantworten außerdem die ehemalige | |
Präsidentin des Zentralrats der Juden Charlotte Knobloch, die Historikerin | |
und Autorin des Buches „Das zionistische Israel“ Tamar Amar-Dahl, der | |
israelische Philosoph Omri Boehm, der israelische Botschafter Yakov | |
Hadas-Handelsman sowie taz-Leser Mark Lückhof - in der taz am wochenende | |
vom 9./10. August 2014. | |
8 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Anne Dittmann | |
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