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# taz.de -- Gemeindepfarrer über Ferguson: „Ein Schrei nach Veränderung“
> Willis Johnson spricht über Todesurteile auf der Straße, Rassentrennung
> und ökonomische Unterschiede. Mit seiner Gemeinde unterstützt er die
> Protestierenden.
Bild: Demonstranten in Ferguson erinnern an die vielen Opfer staatlicher Gewalt
taz: Der Auslöser für die Aufruhr in Ferguson waren die tödlichen
Polizeischüsse auf Michael Brown. Aber die Wut scheint noch tiefer zu
gehen. Was ist die kollektive Erfahrung?
Willis Johnson: Wir erleben kontinuierliche und scheinbar endlose Vorfälle,
bei denen junge Leute auf der Straße erschossen werden. Oft ist es
lediglich eine Wahrnehmung, aber manchmal ist es gut dokumentiert, dass
nichts passiert ist, bevor die Leute tödlich verletzt wurden. Wir können
darüber debattieren und spekulieren, was jeweils zu den Schüssen geführt
hat. Aber unter keinem einzigen Vorwand ist ein Todesurteil auf der Straße
gerechtfertigt.
Was ist das Hauptproblem: Rassismus, exzessive Polizeigewalt,
wirtschaftliche Not?
Es ist all das zusammen. Die Kombination scheint tödlich zu sein.
Seit der Bürgerrechtsbewegung sind 50 Jahre vergangen. Zeigen die tödlichen
Schüsse von Ferguson und anderswo auch ein Scheitern der
Bürgerrechtsbewegung?
Die Bürgerrechtsbewegung ist nicht gescheitert. Sie ist immer noch ein
Prozess. Die Anstrengungen für uns als Nation gehen weiter.
Warum dauert es denn so lange?
Die Frage stellt sich auch in anderen Teilen der Welt. Manchmal brauchen
die tiefsten Dinge Zeit.
In den USA passiert es immer wieder, dass Polizisten oder bewaffnete
Wachleute unbewaffnete – meist afroamerikanische – Teenager töten. Aber in
Ferguson sind die Reaktionen dieses Mal stärker. Wie erklären Sie das?
Ich glaube nicht, dass die Antwort stärker ist. Ich habe in anderen Teilen
der USA gelebt, und ich ringe nicht zum ersten Mal in meinem Leben mit
einer solchen Situation. Für manche Leute mag es das erste Mal sein, dass
sie die Vorhänge zurückziehen und genau hinschauen. Aber die Leute leiden
schon seit sehr langer Zeit. Und sie haben sowohl ihre Anliegen als auch
ihr Verlangen nach Veränderung schon sehr lange ausgesprochen. Nicht nur in
Ferguson, sondern quer durch das Land. Es gibt einen Schrei nach
Veränderung. Ganz besonders bei der jungen Generation. Sie ruft nach
Gerechtigkeit, Frieden und Gleichheit. Sie kommt aus dem Privaten heraus in
den öffentlichen Raum.
Geben die Medien das, was die Menschen in ihrer Stadt wollen, korrekt
wieder?
Ein paar Aspekte, ja. Andere werden herausgestellt und verschönert.
Manche in Ferguson meinen, dass ohne die Plünderungen und ohne die
Festnahmen von Journalisten, der Tod von Michael Brown nur eine
Ein-Tages-Meldung gewesen wären. Stimmt das?
Da mag etwas dran sein. Wir wissen, dass gewisse Aktionen Aufmerksamkeit
bringen.
In den vergangenen Tagen haben Sie – und andere Mitglieder Ihrer Gemeinde –
immer wieder versucht, Demonstranten aus extrem angespannten
Konfrontationen mit der Polizei herauszuholen.
Wir wollen niemanden davon abhalten, sich auszudrücken oder zu
demonstrieren. Wir sind solidarisch, bestärken sie in ihren Gefühlen und
unterstützen sie dabei. Wir laden unsere jungen Leute ein, eine Strategie –
eine Serie von Strategien – zu entwickeln, um allgemein gesündere
Beziehungen aufzubauen. Denn wir stehen weiterhin vor dem Problem der
Rassentrennung und immensen ökonomischen Ungleichheiten.
Wie bewerten Sie die Polizeieinsätze der vergangenen Tage?
Es gibt Fragen und Sorgen über Taktiken und Strategien: Danach, wie die
Polizei in den Abendstunden gegenüber den Demonstranten vorgegangen ist und
nach ihrer Informationspolitik. Viele von uns – mich eingeschlossen –
denken, dass die Schüsse unnötig waren. Damit das nicht wieder passiert,
sind alle gefragt, die am Wiederaufbau und der Stärkung von Ferguson
interessiert sind.
In den Demonstrationen sind hauptsächlich Afroamerikaner zu sehen. Haben
Sie Unterstützung von Weißen?
Das Problem betrifft unverhältnismäßig viele Afroamerikaner und Angehörige
anderer Minderheiten. Aber wir haben große Unterstützung aus einer sehr
diversen Gemeinschaft quer durch die Altersgruppen und ethnischen
Zugehörigkeiten. Auch wenn das von außen nicht so sichtbar ist.
Was ist nötig, damit Ferguson aus der Krise herauskommen kann?
Das ist wie nach einem Trauma. Im Augenblick ist Ferguson ein
Trauma-Patient. Aus medizinischer Sicht muss der Patient zunächst
stabilisiert werden. Wir müssen zu einer Situation gelangen, in der die
Konfrontation gesund und respektvoll ist. Wir müssen die Leute von der
Straße holen und die juristische Seite der Schüsse auf Michael Brown
aufzuarbeiten.
18 Aug 2014
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Ferguson
Pastor
Gedenken
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