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# taz.de -- Misstrauen gegen Ermittler in Ferguson: „Sie nennen's gerechtfert…
> In Ferguson sitzt der Argwohn gegen die Polizei tief. Da hilft es nicht,
> dass der Staatsanwalt schon einmal Polizisten laufen ließ, die Schwarze
> erschossen.
Bild: Niemand glaubt an Aufklärung: Polizisten und Protestierende in Ferguson
FERGUSON ap | Die staatlichen Stellen in Missouri haben bei ihren
Ermittlungen im Todesfall Michael Brown ein großes Problem. Viele Einwohner
der kleinen US-Stadt Ferguson, wo der schwarze Teenager am 9. August von
einem weißen Polizisten erschossen worden ist, trauen ihnen nicht. Ganz
offen wird angezweifelt, ob man den wohl bald zu erwartenden Ergebnissen
ihrer Untersuchungen glauben kann.
Und das trägt zu den schweren Spannungen in dem Vorort von St. Louis bei,
in dem vorwiegend Schwarze leben. Seit dem Tod des 18-Jährigen kommt es
immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und
Protestierenden. So explosiv ist die Lage, dass Gouverneur Jay Nixon jetzt
gar die Nationalgarde auf den Plan rief. Auch Präsident Barack Obama sieht
sich verstärkt unter Zugzwang und schickt seinen Justizminister Eric Holder
nach Ferguson.
Die nächsten Tage und Wochen werden von kritischer Bedeutung sein. Dann
wird sich eine Grand Jury (Anklagekammer) mit der Frage beschäftigen, ob
der Todesschütze Darren Wilson wegen der Schüsse angeklagt werden soll. Das
wäre dann ein Verfahren nach staatlichem Recht. Das US-Justizministerium
führt unabhängig davon eigene Ermittlungen durch, in diesem Fall geht es
darum, ob Wilson die Bürgerrechte des Teenagers verletzt hat. Es könnte
also sein, dass es zwei Entscheidungen über eine mögliche Anklage des
Polizisten gibt. Im zweiten Fall würde es sich um ein Verfahren nach
Bundesrecht handeln.
## Keine Auskunft über den Schützen
Wilson ist seit sechs Jahren bei der Polizei, und es gab bis zu dem Vorfall
vom 9. August keine Beschwerden über ihn. Er ist seitdem vom Dienst
freigestellt, bezieht aber weiter sein Gehalt. Sein Arbeitgeber verweigert
jede Auskunft darüber, wo er sich aufhält. Laut Polizei befand sich Brown
mitten auf einer Straße und blieb dort stehen, obwohl ihn Wilson
aufforderte, zur Seite zu gehen. Dann habe es ein Gerangel gegeben, in
dessen Folge Brown erschossen worden sei. Zeugenaussagen zufolge fielen die
Schüsse, während der Teenager seine Hände hochgehoben hatte.
Zuständig für die staatlichen Ermittlungen ist Bob McCulloch, der leitende
Staatsanwalt von St. Louis County, dem größten Bezirk in Missouri. Er ist
weiß und bleibt mit den Untersuchungen beauftragt, obwohl eine Reihe von
Einwohnern und schwarzen Kommunalbeamten in der Region fordert, dass jemand
anders mit der Aufgabe betraut wird. Sie bezweifeln, dass McCulloch
unparteiisch sein kann.
Das Misstrauen sitzt tief. Viele Einwohner in Ferguson sagen, sie würden
seit langem von der Polizei belästigt und eingeschüchtert. 50 der 53
Polizeikräfte sind Weiße. McCulloch, seit 1991 Staatsanwalt, stammt aus
einer Polizisten-Familie. 1964, als er 12 Jahre alt war, wurde sein Vater
bei einem Einsatz getötet.
Lässt schon das manche seine Fähigkeit zur Objektivität anzweifeln,
verweisen Skeptiker zudem auf einen Fall im Jahr 2001. McCulloch
verzichtete damals auf eine Anklage gegen zwei Polizisten, die im Zuge
einer versuchten Festnahme im Zusammenhang mit Drogen 21 Mal auf ein Auto
gefeuert und dabei die beiden schwarzen Insassen getötet hatten.
## „Im Ghetto lässt er jeden Polizisten davonkommen“
McCulloch werde nicht gegen Polizeibeamte vorgehen, findet denn auch Robert
Fowler, ein 48-jähriger Elektriker. „Im Ghetto....lässt er jeden Polizisten
davonkommen. Sie nennen es eine gerechtfertigte Tötung.“
In einigen aufsehenerregenden Fällen – so nach den tödlichen Schüssen auf
den schwarzen Teenager Trayvon Martin im Jahr 2012 – sind
Sonderstaatsanwälte eingesetzt worden, um über eine Anklageerhebung zu
entscheiden. Manchmal geschah das aber nur, nachdem örtliche Stellen nicht
gehandelt hatten. Aber nach den Gesetzen in Missouri „wäre es höchst,
höchst, höchst unwahrscheinlich“, dass ein Staatsanwalt bei Ermittlungen in
größeren Fällen lediglich aufgrund ethnischer Spannungen beiseitetritt,
sagt Rechtsprofessor Peter Joy von der Washington University.
Die Gesetze im Staat bieten zwei Möglichkeiten für die Einsetzung eines
Staatsanwaltes, der von außerhalb kommt. Der örtliche Anklagevertreter kann
den Gouverneur um Hilfe bitten und dieser dann das staatliche
Justizministerium mit dem Fall betrauen. Oder ein Gericht kann einen
Sonderstaatsanwalt berufen, wenn der örtliche Anklagevertreter einen
Interessenkonflikt hat.
Aber Polizeischießereien stellen nicht automatisch einen derartigen
Konflikt dar, und häufig befassen sich örtliche Staatsanwälte mit dem Fall.
„Nur weil dieser Fall wirklich heiß und wirklich kontrovers ist, wäre das
für mich kein Grund, um die Einsetzung eines Sonderstaatsanwaltes zu
bitten“, sagt Eric Zahnd, selbst Staatsanwalt im Raum Kansas City und
früherer Präsident der Vereinigung von Staatsanwälten in Missouri.
## „Ich bin so fair und unparteiisch“
Tatsächlich sagt ein Sprecher von McCulloch, der Bezirksstaatsanwalt habe
keine Absicht, den Fall Brown abzutreten. McCulloch selbst, der ein
gewählter Beamter ist, sagte dem Fernsehsender KMOV: „Die Menschen in
diesem Bezirk haben ihr Vertrauen in mich gesetzt. Ich bin so fair und
unparteiisch gewesen und habe meine Arbeit so gründlich gemacht wie ich
konnte.“
Aber der Druck auf ihn ist weiter groß. So hat die schwarze Staatssenatorin
Jamila Nascheed eine Petition im Internet für die Berufung eines
Sonderstaatsanwaltes gestartet. Innerhalb von nur zwei Tagen gab es 15.000
Unterschriften.
19 Aug 2014
## AUTOREN
David A. Lieb
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