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# taz.de -- Der US-Präsident und Ferguson: Obamas heikler Balanceakt
> Wie sollte Obama auf die Unruhen in Ferguson reagieren? Viele erwarten,
> dass er für das Opfer eintritt. Zugleich ist er für die Sicherheit
> verantwortlich.
Bild: Doppelte Identität: schwarzer Mann und Oberbefehlshaber
WASHINGTON ap | Als der weiße Nachbarschaftswächter George Zimmerman
vergangenes Jahr in einem Mordprozess freigesprochen wurde, hatte sich
US-Präsident Barack Obama klar positioniert. Zimmermans Opfer, der
dunkelhäutige Teenager Trayvon Martin, „hätte ich sein können“, teilte d…
erste schwarze Präsident der USA damals mit. Der Freispruch sei eine
Tragödie. Ein gutes Jahr später agiert Obama im Fall des durch
Polizeischüsse getöteten ebenfalls schwarzen Michael Brown deutlich
vorsichtiger – und vermeidet es, den Fall zu personalisieren.
Obama war am Montag bei seiner ersten öffentlichen Äußerung zu dem Fall in
Ferguson sichtlich bemüht, den richtigen Ton zu treffen. Er schien gefangen
zu sein in dem Zwiespalt, zum einen als Präsident und Oberbefehlshaber der
Streitkräfte dafür verantwortlich zu sein, für Recht und Ordnung sorgen zu
müssen. Und sich zum anderen als Afroamerikaner mit denen mitfühlend zeigen
zu müssen, die meinen, die Ermordung eines unbewaffneten Schwarzen zeige
einmal mehr, dass Schwarze von der Polizei schlechter behandelt würden.
So lange die Umstände der Tat jedoch nicht aufgeklärt sind, ist für Obama
jede Äußerung zu dem Thema ein heikler Balanceakt. Er müsse vorsichtig
sein, wenn er sich äußere, während eine bundesstaatliche Ermittlung laufe,
sagte er denn auch - und überlässt die Fehlersuche den Ermittlern.
## Allgemeine Reaktion
Sich in diesem Fall zurückzuhalten, ist jedoch nicht einfach: Denn der
überwiegend von Afroamerikanern bewohnte Vorort von St. Louis kommt nicht
zur Ruhe, seit ein weißer Polizist am 9. August den schwarzen 18-jährigen
Michael Brown erschoss. Fast jeden Abend gehen wütende Anwohner auf die
Straße, die Proteste schlugen in Gewalt um. Inzwischen hat das aggressive
Auftreten der Polizei massive Kritik im ganzen Land ausgelöst.
Obama blieb in seiner Reaktion darauf jedoch im Allgemeinen. Es herrsche in
zu vielen Gemeinden unter den Einwohnern ein tiefes Misstrauen gegenüber
der Polizei, sagte er und fügte hinzu: „In zu vielen Gemeinden werden
People of Color benachteiligt und lediglich als Objekte angesehen, vor
denen man Angst haben muss.“
Während Obama den häufig rohen Umgang der Polizei mit schwarzen jungen
Männern beklagte, betonte er aber auch, das sei nicht nur der Fehler
„übereifriger Polizisten“. Vielmehr müssten Polizisten für den schwierig…
Job, den sie ausübten, geschätzt und respektiert werden.
„Es gibt junge schwarze Männer, die Verbrechen begehen“, sagte Obama. „W…
können darüber streiten, warum das passiert – wegen der Armut, in die sie
hineingeboren werden, dem Fehlen von Chancengleichheit oder den
Schulsystemen, die sie durchfallen lassen oder was auch immer. Aber wenn
sie ein Verbrechen begehen, müssen sie verfolgt werden, weil jede
Gemeinschaft ein Interesse an öffentlicher Sicherheit hat.“
## Militär und Polizei auseinanderhalten
Deswegen – und auch mit dem Ziel, nervöse Amerikaner zu beruhigen, kündigte
Obama an, seinen Justizminister Eric Holder am Mittwoch in die Kleinstadt
zu schicken. Dort werde dieser sich in dieser Woche mit FBI-Agenten
treffen, die unabhängig im Fall Brown ermittelten.
Zudem sagte Obama zu, die Militarisierung der örtlichen Polizeistationen,
die Ausrüstung vom Pentagon gekauft hätten, zu überprüfen. Es gebe einen
großen Unterschied zwischen Militär und Polizei. „Wir wollen nicht, dass
diese Grenzen verschwimmen. Das würde unseren Traditionen zuwiderlaufen“,
erklärte Obama.
Es wäre nützlich, zu überprüfen, wie örtliche Strafverfolgungsbehörden
Zuschüsse genutzt hätten, um schwerere Waffenausrüstung zu bekommen, sagte
er. Anlass sind kritische Stimmen infolge jüngster Videoaufnahmen, die
Polizisten mit schweren Waffen und Militärgerät zeigen, wie sie auf den
Straßen Fergusons gegen Demonstranten vorgingen.
Auch den Einsatz der Nationalgarde, den der Gouverneur von Missouri, Jay
Nixon, angeordnet hatte, stellt Obama auf den Prüfstand. Er werde die
Aktionen der Nationalgarde in den kommenden Tagen daraufhin prüfen, ob sie
der Sache dienten oder eher schadeten. Zudem habe er Nixon klargemacht,
dass die Operation einen begrenzten Umfang haben müsse.
## Noch immer Stillstand
Zum anderen warb der US-Präsident für Verständnis für die „Leidenschaft u…
Wut“, die der Tod Browns ausgelöst hat. Das Gros der Demonstranten in
Ferguson sei friedlich, doch wolle eine kleine Minderheit die Bemühungen um
Gerechtigkeit für Brown untergraben. Plünderungen und Attacken auf die
Polizei würden die Spannungen nur verschärfen und zu weiterem Chaos führen,
warnte Obama.
Noch 2008 – während seiner ersten Amtszeit – war Obama nach Philadelphia
gereist, als es Spannungen zwischen Schwarzen und Weißen gab. Dort
prangerte er den Stillstand in Sachen Rassismus an. Die Zeit könne solche
Wunden heilen, die ihre Wurzeln in der schmerzhaften amerikanischen
Geschichte hätten, sagte er. Sechs Jahre später scheint dieser Stillstand
immer noch gegeben.
Obamas scheinbar gelassene Reaktion auf die Unruhen in Ferguson passt
eigentlich nicht zu seinen Zielen für seine zweite Amtszeit, in der er sich
stärker gegen Rassismus einsetzen wollte.
In seinen Bemerkungen am Montag wies Obama auf seine Initiative „My
Brother's Keeper“ hin, die Regierung, Wirtschaft und nicht
gewinnorientierte Gruppen zusammenbringen soll, um jungen Minderheiten eine
bessere Zukunft zu ermöglichen. Es würden sichtbare Fortschritte gemacht,
weil Menschen aller Gemeinschaften bereit seien, etwas beizusteuern, sagte
Obama. „Aber das erfordert, dass wir aufbauen und nicht abreißen, und das
erfordert, dass wir zuhören und nicht nur schreien“, fügte er hinzu.
19 Aug 2014
## AUTOREN
Josh Lederman
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