# taz.de -- Erschossener Jugendlicher in den USA: Sechs Kugeln und keine Ruhe | |
> Sechs Mal wurde auf Michael Brown geschossen. Erneut kommt es in Ferguson | |
> zu schweren Krawallen, jetzt schickt der Gouverneur die Nationalgarde. | |
Bild: Sorgt nicht für Ruhe und Ordnung: Tränengasgranate (Bilderstrecke öffn… | |
FERGUSON ap/afp | Der von einem Polizisten erschossene Teenager Michael | |
Brown wurde in der US-Kleinstadt Ferguson von mindestens sechs Kugeln | |
getroffen. Das geht aus einer vorläufigen privaten Autopsie hervor, die der | |
Zeitung The New York Times vorliegt. Demnach fand der damit beauftragte New | |
Yorker Exgerichtsmediziner Michael Baden heraus, dass Brown zwei Mal im | |
Kopf und vier Mal in den rechten Arm getroffen wurde. Alle Kugeln seien in | |
die vorderer Körperseite eingedrungen. | |
Da kein Schießpulver in seinem Leichnam entdeckt wurde, sei ferner davon | |
auszugehen, dass er nicht aus nächster Nähe erschossen worden sei, hieß es | |
in dem Medienbericht weiter. Baden zufolge hätte Brown auch dann nicht | |
überlebt, wenn er umgehend in ein Krankenhaus gebracht worden wäre. | |
Wenige Stunden vor dem Inkrafttreten einer neuen Ausgangssperre in Ferguson | |
ist es dort erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und | |
der Polizei gekommen. Die mit gepanzerten Fahrzeugen angerückten | |
Sicherheitskräfte trieben die Menschenmenge am Sonntagabend (Ortszeit) mit | |
Tränengas auseinander, wobei einige der Gaskartuschen umgehend auf die | |
Polizei zurückgeschleudert wurden. Örtliche Medien zeigten Bilder von | |
Krawallmachern, die ein Schnellrestaurant demolierten. | |
Laut dem Sender KMOV-TV griffen die Sicherheitskräfte erst ein, nachdem sie | |
mit Molotow-Cocktails beworfen worden waren. Auch von Schüssen aus der | |
Menge heraus wurde berichtet. Einige der größtenteils jungen Demonstranten | |
reckten derweil Protestschilder gegen Polizeigewalt in die Höhe. | |
## EInsatz der Nationalgarde angeordnet | |
Die Ordnungskräfte des US-Bundesstaats Missouri hatten zuvor angekündigt, | |
die zweite Nacht in Folge eine Ausgangssperre zu verhängen. Zu den | |
Ausschreitungen kam es kurz vor dem Inkrafttreten der Ausgangssperre, die | |
von Mitternacht bis zum frühen Montagmorgen gelten sollte. | |
Wegen der anhaltenden Gewalt hat der Gouverneur von Missouri den Einsatz | |
der Nationalgarde angeordnet. Die Einheiten sollen dabei helfen, die Ruhe | |
wiederherzustellen und Bürger zu schützen, wie Jay Nixon am Montag | |
ankündigte. Nixon erklärte, neben friedlichen Protesten gebe es in dem | |
Vorort von St. Louis immer mehr Personen, die anreisten, um sich an | |
Straftaten zu beteiligen. So würden Schusswaffen eingesetzt, Brandsätze | |
geworfen und Straßen blockiert. Außerdem komme es zu Plünderungen, ergänzte | |
der Politiker, der Mitglied der Demokratischen Partei ist. Auch die Polizei | |
hatte von gezielten Angriffen auf Beamte berichtet. Sie setzte Tränengas | |
und Rauchbomben gegen Demonstranten ein. | |
Ferguson ist seit der Tötung des schwarzen Jugendlichen Michael Brown durch | |
einen weißen Polizisten am 9. August Schauplatz von Unruhen und Protesten, | |
da dem Schützen rassistische Motive unterstellt werden. [1][Die erste | |
Ausgangssperre in der Nacht zum Sonntag war von hunderten Demonstranten | |
missachtet worden]. Es gab sieben Festnahmen, eine Frau wurde durch Schüsse | |
lebensgefährlich verletzt. | |
Bei einer Gedenkzeremonie für Brown am Sonntag versuchte der Einsatzleiter | |
der Sicherheitskräfte, Ron Johnson, die Gemüter mit einer Entschuldigung zu | |
beruhigen. An die Angehörigen des Opfers gewandt sagte er: „Ich bin mit dem | |
Herzen bei Euch und sage Euch, dass es mir leid tut.“ Johnsons Worte wurden | |
von den mehr als 1300 Zuhörern mit lautem Applaus quittiert. Er versprach, | |
solange zu bleiben wie nötig, damit wieder Ruhe in Ferguson einkehre. | |
Johnson ist selbst schwarz und leitet inzwischen den Einsatz der | |
Sicherheitskräfte in der mehrheitlich von Afroamerikanern bewohnten | |
Ortschaft, nachdem die zuvor eingesetzten Ordnungskräfte wegen ihres | |
aggressiven Vorgehens abgezogen worden waren. Das militärisch hochgerüstete | |
Auftreten hatte weite Teile der Bevölkerung gegen die örtlichen Polizisten | |
eingenommen, die Demonstranten mit Sturmgewehren und Panzerfahrzeugen | |
eingeschüchtert hatten. | |
Das US-Justizministerium kündigte aufgrund der „außergewöhnlichen Umständ… | |
des Falls Michael Brown an, dass nach den Behörden von Missouri nun auch | |
zusätzlich Experten auf Bundesebene eine Autopsie der Leiche vornehmen | |
würden. Es wäre die dritte Untersuchung dieser Art. | |
Die Affäre Brown hat die landesweite Kontroverse um Rassismus und laxe | |
Waffengesetze in den USA aufs Neue angefacht. Das Schicksal des Teenagers | |
weckt Erinnerungen an den 17-jährigen Schwarzen Trayvon Martin, der im | |
Februar 2012 in der Stadt Sanford in Florida erschossen worden war. Der | |
Schütze George Zimmerman gab damals an, in Notwehr gehandelt zu haben, | |
nachdem der unbewaffnete Teenager ihn geschlagen habe. Der Prozess gegen | |
Zimmerman endete mit einem Freispruch. | |
18 Aug 2014 | |
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