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# taz.de -- Nach tödlichen Schüssen auf Teenager: Reden, nicht schießen
> In Ferguson wird nach dem gewaltsamen Tod von Michael Brown weiter
> demonstriert. Nun hat die Polizei ihre Strategie geändert und setzt auf
> Dialog.
Bild: Ronald Johnson, Chef der Highway Patrol, stammt aus Ferguson und redet mi…
WASHINGTON taz | Am fünften Abend nach dem gewaltsamen Tod von Michael
Brown, erlebt Ferguson seine friedlichste Demonstration. 300 Menschen
ziehen am frühen Donnerstagabend durch die Kleinstadt in Missouri. Sie
skandieren: „No Justice – no Peace“. Sie verlangen Aufklärung über die
tödlichen Polizeischüsse auf den unbewaffneten 18-jährigen Teenager.
Am Donnerstag ist im Hintergrund ein Trommler zu hören. Autofahrer hupen,
um ihre Unterstützung zu zeigen, und gut gelaunte Bürgerrechtler regeln den
Verkehr. Die größte Veränderung ist auf der anderen Seite eingetreten: Die
Polizisten, die Ferguson tagelang von Panzerfahrzeugen aus in Schach
gehalten haben, sind verschwunden. An ihrer Stelle stehen jetzt unmaskierte
Beamte der Bundespolizei „Highway Patrol“. Ihr Chef, Ronald Johnson, ist
ein Afroamerikaner, der in Ferguson aufgewachsen ist. Er spricht mit den
Demonstranten, anstatt auf sie zu schießen.
Ferguson versucht die Rückkehr zum normalen Alltag. Das Signal dazu kommt
von der Ostküste. Als erstes fordert dort ein alter Mann, der seit der
Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre eine moralische Autorität ist, den
US-Präsident Barack Obama eindringlich auf, einzugreifen. „Ferguson ist in
Amerika“, sagt der Kongressabgeordnete John Lewis, „die Menschen dort haben
ein Recht zu demonstrieren.“ Er verlangt, dass Obama sie bei der
Inanspruchnahme dieses Rechtes unterstützt: „Notfalls mit der Entsendung
der Nationalgarde“. Andernfalls könnte sich die Frustration „von Ferguson
quer über Amerika ausbreiten“.
Am Donnerstagnachmittag äußert sich Obama zur Situation: Bei einer
Pressekonferenz an seinem Urlaubsort in Martha's Vineyard in Massachusetts
sagt er über Michael Brown: „Wir haben einen jungen Mann verloren.“ Das
verlange eine „offene und transparente“ Aufklärung des Todes durch die
örtliche Polizei. Weder für „exzessive Gewalt“ der Polizei noch für
Angriffe auf Ordnungshüter und Plünderungen gebe es eine Entschuldigung. In
einem deutlichen Appell an die Verantwortlichen in Missouri sagt der
Präsident: „Wir müssen uns alle an hohe Standards halten, insbesondere jene
unter uns, die Machtpositionen innehaben.“
## Die Highway Patrol soll's richten
Am selben Tag spricht der US-Präsident mit dem Gouverneur des Bundesstaates
Missouri. Der Demokrat Jay Nixon, der auf das Ende seiner zweiten und
letzten Amtszeit in dem erzkonservativen Bundesstaat zugeht, nimmt zunächst
an einer Gedenkveranstaltung für Michael Brown in einer afroamerikanischen
Kirche in Florissant teil. Dann verkündet er die wichtigste Entscheidung
des Tages: In einer „operationellen Wende“ ersetzt er in Ferguson die
Polizei durch die Highway Patrol des Bundesstaates. Dafür erntet Nixon
umgehend scharfe Kritik von rechts, doch in Ferguson entspannt sich die
Lage umgehend.
Für die 21.000 Einwohner von Ferguson am Rand von St. Louis ist die
offiziell vor 50 Jahren abgeschaffte Rassentrennung bis heute Alltag: 70
Prozent der Bevölkerung sind Afroamerikaner, aber die örtlichen
Würdenträger sind überwiegend weiß. Das gilt auch für die Polizei, wo nur
drei von 53 Beamten afroamerikanisch sind. In den zurückliegenden Tagen hat
die örtliche Polizei Ferguson in ein Militärgebiet verwandelt. Sie ist in
Kampfuniformen auf Panzerwagen in den Ort gefahren, hat mit Tränengas und
Gummigeschossen auf Demonstranten und Plünderer geschossen und Dutzende von
Menschen festgenommen. Darunter zwei Journalisten, die für die Washington
Post und die Huffington Post arbeiten. Die Polizei beschoss auch ein
Filmteam von Al Jazeera mit Tränengas.
Schutz hingegen bietet sie ihrem Kollegen, der am vergangenen Samstag
Michael Brown erschossen hat: Thomas Jackson, der örtliche Polizeichef,
hält dessen Namen geheim und gibt auch nicht bekannt, wie viele Kugeln den
Teenager getroffen haben. Das sei zum Schutz des Kollegen nötig, der
vielfach bedroht werde und der mit einer Gesichtsverletzung im Krankenhaus
behandelt werde.
## Strittige Version der Polizei
In der Version der Polizei hat Michael Brown versucht, dem Polizisten die
Dienstwaffe zu entwenden. Augenzeugen bestreiten das. Dorian Johnson, der
Freund Michael Browns, der die Schüsse aus nächster Nahe erlebte, wurde von
der Polizei bislang nicht angehört. Das könnte nun vom US-Justizministerium
nachgeholt werden.
„Schützen und Dienen – nicht töten und zerstören“, steht auf
handgeschriebenen Transparenten. An die Adresse der örtlichen Polizei
richten sich auch die anderen Slogans: „Schwarzes Leben zählt“ und „Sorr…
wir brauchen Antworten über Michael Brown“. Die Demonstranten haben sich
nicht einschüchtern lassen, obwohl die örtliche Polizei mit Kriegsmaterial
auf den Straßen von Ferguson aufgefahren war. Der Ort ist einer von
Hunderten, deren Ordnungskräfte vom US-Verteidigungsministerium mit
überschüssigem Kriegsgerät aufgerüstet wird.
Allein im vergangenen Jahr hat das Pentagon Kriegsmaterial im Wert von 450
Millionen Dollar unter die Polizei der USA gebracht, darunter minenfeste
Panzerwagen und Granatwerfer. Insgesamt hat das Verteidigungsministerium
seit 1997 durch das „Programm 1033“ Kriegswaffen im Wert von 4,3 Milliarden
Dollar an die Polizei verschoben. Ursprünglich wurde das Programm damit
begründet, dass im „Krieg gegen die Drogen“ die Kartelle die besseren
Waffen hätten. Nach den Attentaten vom 11. September bekam es eine
zusätzliche Aufwertung.
Bürgerrechtsgruppen wie die ACLU kritisieren seit langem, dass die schweren
Waffen auch eine Veränderung der Polizeimentalität bewirkten. „Sie
betrachten die Gemeinden, die sie schützen sollen, als Feinde“, sagt Kara
Dansky von der ACLU.
15 Aug 2014
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Michael Brown
Ferguson
USA
Polizei
Schwerpunkt Rassismus
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Ferguson
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Ferguson
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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