# taz.de -- Streitgespräch über Prostitution: „Es gibt kein Recht auf Befri… | |
> In Europa wird dem Rotlichtmilieu der Krieg erklärt. Soll auch in | |
> Deutschland Sexarbeit verboten werden? Ein Streetworker, ein Freier und | |
> eine Domina diskutieren. | |
Bild: Tausende Männer gehen täglich ins Bordell. Manchmal kommt auch unifomie… | |
taz: Herr Schönborn, gerade wird der Entwurf für ein neues | |
Prostitutionsgesetz debattiert. Es dürfte Ihnen nicht weit genug gehen. Sie | |
wollen Freier ja bestrafen. Warum? | |
Gerhard Schönborn: Ich möchte, dass sich das Bewusstsein der Männer | |
wandelt: Freier kaufen sich die Verfügungsgewalt über den Körper einer | |
Frau, die sich aus einer Not heraus prostituiert oder schlimmstenfalls | |
sogar dazu gezwungen wird. Das ist meine Erfahrung aus zehn Jahren | |
Streetwork auf dem Straßenstrich in der Kurfürstenstraße in Berlin. Mein | |
Ideal wäre, dass keine Frau sich prostituieren muss. Ich finde das | |
„schwedische Modell“ sympathisch, das nicht Frauen bestraft, sondern den | |
Sexkauf. Es sind die Männer, die gegen Moralvorstellungen verstoßen und | |
meiner Ansicht nach die Würde der Frauen verletzen. | |
Olaf Forner: Herr Schönborn, in welcher Welt leben Sie? Sind wir im | |
Kapitalismus, oder sind wir in einer idealen Gesellschaft? In einer idealen | |
Gesellschaft bräuchten wir keine Prostitution. Ich habe im Sozialismus | |
gelebt, da gab es kaum Prostitution, weil Frauen nicht weniger Geld hatten | |
als Männer. Nach dem Mauerfall habe ich die Prostitution zunächst vom Rand | |
miterlebt. Als taz-Verkäufer bringe ich Zeitungen auch ins Pornokino. So | |
rutschte ich da langsam rein. Heute bin ich bekennender Freier. Ich kenne | |
eine ganze Menge Frauen, die sich durch die Prostitution an den eigenen | |
Haaren aus dem Sumpf gezogen haben. | |
Schönborn: Ich bin seit zehn Jahren Streetworker. Ich habe in diesen Jahren | |
mehrere hundert Frauen kennen- und schätzen gelernt, viele aus Osteuropa. | |
Sie finden hier in Berlin meist keine Wohnung, weil sie keinerlei | |
Einkommensnachweis haben. Dann geraten sie in die Fänge von Männern, die | |
ihnen 700 Euro für ein Zimmer abknöpfen und denen sie auch noch sexuell | |
ausgeliefert sind. | |
Frau Weber, Sie sind selbstständige Domina, werden Sie gekauft? | |
Johanna Weber: Ich bin auch dagegen, dass sich Frauen verkaufen müssen. Ich | |
werde aber nicht gekauft, ich biete eine Dienstleistung an. Und es gibt das | |
übrigens auch in privaten Beziehungen, dass eine sagt, ich habe keine Lust, | |
aber um meinen Mann bei Laune zu halten, habe ich jetzt halt Sex mit ihm. | |
Ich habe mich in privaten Beziehungen schon wesentlich mehr versklavt als | |
in meinem Beruf. | |
Das klingt, als hätten Sie finanziell die Wahl. Aber wie frei ist jemand, | |
der keine andere Möglichkeit sieht, Geld zu verdienen? | |
Weber: Wir müssen im Kopf behalten, dass Frauen in Deutschland immer noch | |
viel schlechter bezahlt werden als Männer, gerade als Ungelernte. Viele | |
empfinden es als Befreiung, dass sie nun ausreichend Geld haben, um die | |
Klassenfahrt ihrer Kinder finanzieren zu können. Was Herr Schönborn sagt, | |
stimmt, es fehlt Wohnraum, gerade für Migrantinnen aus Rumänien oder | |
Bulgarien. Der Straßenstrich macht aber nur 3 bis 5 Prozent der | |
Prostitution aus. In Berlin finden fast 80 Prozent der Prostitution in | |
Wohnungsbordellen statt. Und da sind die Zustände anders. | |
Forner: Ich denke, es gibt diese schlechten Arbeitsbedingungen. Und ich | |
werfe Männern, die diese Dienstleistung in Anspruch nehmen, vor, dass wir | |
uns um diese Bedingungen nicht kümmern. Das ist ja bei anderen | |
Konsumentscheidungen nicht anders. Die Logik, dass man unethische | |
Arbeitsbedingungen aus der Welt schafft, indem man die Kunden bestraft, die | |
ist völlig irrig. Ich suche auch nach einer Partnerschaft. Aber ich bin | |
ehrlich zu mir. Und ich habe durch diese Frauen, die ich besucht habe, auch | |
den Weg zu mir selbst gefunden. In meinem Fall waren die Prostituierten | |
eigentlich Lebensberaterinnen. | |
Schönborn: Bei uns auf der Straße stehen Frauen, die diese Tätigkeit nicht | |
machen möchten, die von Zuhältern gezwungen werden – oder von der Familie | |
im Herkunftsland. Die Abhängigkeit ist unübersehbar. Diese Frauen werden | |
also vergewaltigt. Da komme ich mit Appellen an ethischen Konsum nicht | |
weiter. | |
Forner: Ich kenne auch eine Menge Frauen aus Osteuropa. Man muss wissen, | |
dass es in vielen Gesellschaften in Osteuropa nicht vorgesehen ist, dass | |
Frauen sich sexuell ausleben. Dass Sex Freude macht, erwarten sie gar | |
nicht. | |
Schönborn: Sie sind oft nicht mal aufgeklärt, wissen nicht, wie man | |
verhütet. | |
Forner: In der Einwanderungsgeschichte spielt Prostitution immer eine große | |
Rolle. Wie geht ein Staat nun damit um? Man könnte den Frauen aus Osteuropa | |
doch helfen – ihnen Schutzangebote machen. | |
Schönborn: Ja, da gibt es ein Riesendefizit. Im Moment beruhen alle | |
Verfahren gegen Menschenhändler und Ausbeuter auf der Aussage Betroffener. | |
Das muss geändert werden, damit objektive Tatbestände für eine Verurteilung | |
ausreichen, etwa wenn klar ist, dass der Frau Pass und Geld abgenommen | |
wurden und man sie körperlich misshandelt hat. | |
Weber: Was Sie fordern, soll nun zum größten Teil auch in einer | |
Strafrechtsreform umgesetzt werden. Zu den sogenannten Zuhältern: | |
Dysfunktionale Beziehungen gibt es überall. Eine meiner Freundinnen | |
arbeitet im Frauenhaus. Wenn man sieht, was ihr alles an Paarbeziehungen | |
begegnet, müsste man eigentlich die Ehe verbieten. Ich vertrete 80 Prozent | |
der Prostituierten, bei denen es anders läuft. | |
Schönborn: Das bezweifle ich. Die selbstbestimmten Sexarbeiterinnen bilden | |
ein sehr, sehr kleines Segment. Beim allergrößten Teil geht es um Armut, | |
Ausbeutung, Nötigung. Keine dieser Frauen würde sich prostituieren, wenn | |
sie eine Alternative hätte. | |
Weber: Ich war selbst in bulgarisch geführten Bordellen in Deutschland. Und | |
ich habe die Frauen da gefragt: Wieso nehmt Ihr denn nur dreißig Euro? Und | |
sie sagen: Wieso? Das ist doch total viel! Sie sehen da gar keine | |
Ausbeutung. Soll ich da sagen: Geht doch besser putzen? | |
Welche Rolle spielt es, dass es überwiegend Frauen sind, die Sex verkaufen, | |
und Männer, die Sex kaufen? | |
Forner: Eine Familientherapeutin sagte neulich, der Anteil der Männer, die | |
mehr Sex mit ihren Partnerinnen haben wollen, sei in ihrer Praxis genauso | |
groß wie umgekehrt. Die Frauen fühlen sich aber schuldig, wenn sie mehr Sex | |
wollen, sie unterdrücken das. Der Mann muss sich nicht dafür schämen, dass | |
er ein Bedürfnis hat, es ist gesellschaftlich so vorgesehen. | |
Schönborn: Ein Mann hat, nur weil er ein Mann ist, aber kein Recht, eine | |
Frau zu kaufen und zu benutzen. Männer, die das glauben, würden durch ein | |
Sexkaufverbot erheblich eingeschränkt. | |
Forner: Wissen Sie, was dann alles abgeschafft werden muss? 50 Prozent der | |
Ehen. Ich muss als Mann dafür bezahlen, dass Frauen in eine Disco gehen, | |
die Männer zahlen Eintritt, die Frauen nicht. Das müssen Sie dann auch | |
verbieten. | |
Weber: Es gibt natürlich kein Recht auf Befriedigung. Aber es darf | |
Befriedigung geben. Und für viele meiner Kolleginnen ist das auch eine | |
bequeme Art, Geld zu verdienen. Der Mann hat auch nicht die Macht. Ich habe | |
sie. Er kommt zu mir mit seinen lächerlichen Gelüsten. Und ich mache keinen | |
Handschlag, bevor ich nicht Geld sehe. | |
Herr Schönborn, erkennen Sie diese Macht der Prostituierten in manchen | |
Momenten? | |
Schönborn: Das mag es durchaus geben. Aber ich sehe vor allem, wie sich | |
Frauen verkaufen müssen und Männern ausgeliefert sind – zu Billigpreisen. | |
Jeder Freier muss sich bewusst machen, dass er möglicherweise eine Frau vor | |
sich hat, die zur Prostitution gezwungen wird, und er sie quasi | |
vergewaltigt. | |
Forner: Nein. Wenn ich mir nicht sicher bin, was da los ist, gehe ich | |
natürlich wieder. Ohnehin hat man ja im Puff nicht nur Sex. Die meiste Zeit | |
wird geredet. Der eigentliche Akt ist sowieso in fünf Minuten erledigt. | |
Schönborn: Mit den meisten Frauen kann man gar nicht reden, sie sprechen | |
nur Ungarisch, Bulgarisch oder Rumänisch. | |
Forner: Nein. Sie lernen ja durch die Männer reden, sie lernen hier eine | |
neue Welt kennen. | |
Schönborn: Also die, mit denen ich zu tun habe, können meist nur wenig | |
Deutsch. | |
Forner: Zu denen gehe ich nicht. Denen müsste man Sprachkurse verschaffen, | |
sofort. | |
Schönborn: Aber Tausende Männer gehen zu ihnen. Sonst gäbe es das | |
massenhafte Angebot ja nicht. | |
Forner: Wer als Mann auf die Kurfürstenstraße geht, tut das bewusst. Ich | |
gehe in Bordelle, in denen es funktioniert. Das entscheiden wir Männer | |
doch. | |
Weber: Das Bordell, in dem ich in München arbeite, gehört zum Beispiel | |
einer Polin. Sie hat sich hochgearbeitet. Neben mir arbeitet eine Bulgarin. | |
Sie ist seit zwanzig Jahren da. Und sie hat genauso angefangen: Sie hat | |
sich Deutsch selbst beigebracht … | |
Wenn wir von Ihrem Wunsch ausgehen, Herr Forner, dann fördern wir die | |
Prostitution und schaffen damit wahrscheinlich mehr Möglichkeiten für | |
Männer, Sex zu kaufen. Müssen deren Partnerinnen sich daran gewöhnen? | |
Weber: Ich glaube, Frauen gehen definitiv davon aus, dass ihr Mann nicht zu | |
Prostituierten geht. Das ist verrückt. Das sind oft die Frauen, die mich | |
fragen, ob nicht alle Freier eklig seien und stinken. Aber es sind genau | |
ihre gut gewaschenen und rasierten Männer, die bei mir auf der Matte | |
stehen. | |
Forner: Die Frauen haben Angst, dass Frau Weber ihnen den Mann wegnimmt. | |
Weber: Im Gegenteil, rational betrachtet, ist jede Geliebte gefährlicher. | |
Mein Dienstverhältnis mit dem Mann ist beendet, wenn er die Schwelle nach | |
draußen überquert hat. | |
Forner: Ja, Ihres vielleicht, aber was im Kopf der Männer passiert, ist | |
nicht beendet. | |
Schönborn: Und das ist doch auch ein Vertrauensbruch gegenüber der eigenen | |
Frau. | |
Forner: Bei uns wurde der Sex besser, als ich Erfahrungen mit | |
Prostituierten gemacht hatte. Damit kam meine Frau aber trotzdem nicht | |
klar. Wir leben nun schon lange getrennt. | |
Also: Liebe Frauen, gewöhnt euch dran, eure Männer gehen auch zu anderen | |
Frauen. | |
Forner: Nein. Wenn eine Frau erwartet, dass ihr Mann nicht zu einer | |
Prostituierten geht, dann heißt das, Sexualität findet nur in der Beziehung | |
statt. Damit muss sie sich dann auch auseinandersetzen. Und genau das | |
passiert nicht. Sie sagt nix, der Mann geht woandershin. | |
Weber: Ist es eigentlich noch zeitgemäß, dass Sexualität ausschließlich in | |
einer Zweierbeziehung stattzufinden hat? Ich hatte schon Freunde, da passte | |
alles wunderbar, wir haben uns unterstützt und gegenseitig beflügelt, nur | |
der Sex war nicht so klasse. Muss man dann über jahrelange Paartherapien | |
versuchen, irgendwie den Sex zu verarzten? | |
Das würde heißen, man kann Sexualität und Beziehung trennen. Geht das? | |
Weber: Ich habe sieben Jahre mit jemandem gelebt – ohne sexuelle Beziehung. | |
Das ist aber tatsächlich ein Modell, das man nicht übertragen kann, das | |
gebe ich zu. | |
Forner: Man muss ehrlich sein: Das sind die Ausnahmefälle. | |
Also sind offene Beziehungen eine Illusion? | |
Forner: Oft ja. Aber es wird zum Glück mehr und ehrlicher geredet in den | |
Beziehungen. In Prenzlauer Berg haben die Bordelle so wenige Gäste, weil | |
die Menschen dort mittlerweile anders mit Sex umgehen. Dort halten dafür | |
die Beziehungen nicht mehr so lange. In Weißensee mit dem heilen | |
Familienleben, da geht der Mann abends mit dem Hund, bindet den an den | |
Baum, geht in den Puff und kommt dann wieder mit Hund nach Hause. | |
Weber: Es gibt kein Lebensmodell dafür. Frauen schreiben an die | |
Zeitschriften: Oh Gott, er geht in den Puff, soll ich mich trennen? Aber | |
niemand schreibt darüber, wie ein offener Umgang mit Sexualität aussehen | |
könnte. | |
Forner: Hat der eine Partner kein Recht auf Sex, wenn der andere gerade | |
nicht will? | |
Schönborn: Wenn sie das vereinbart haben, dann ist das so. Dann wollten das | |
beide so. | |
Forner: Nee, es wollen nicht beide. Einer will meist mehr. | |
Das ist einfach nur eine Konvention. | |
Schönborn: Nein. Es ist der Entschluss eines Mannes, die Übereinkunft zu | |
verletzen. | |
Forner: Aber dieser Entschluss hat eine Vorgeschichte. Da ist schon etwas | |
schiefgelaufen, wenn ein Mann beschließt, in den Puff zu gehen. Da ist viel | |
Einsamkeit im Spiel. | |
Schönborn: Dennoch ist es eine Entscheidung. | |
Weber: Aber die Prostituierte nimmt der Frau nichts. Das ist nur eine Angst | |
in ihrem Kopf. Am besten wäre es, wenn sie mitkäme, wenn beide zu mir | |
kämen. Ich fände es gut, wenn mehr Frauen sich überlegten: Wie wünsche ich | |
mir meine Sexualität? Wenn die Gesellschaft mit Sexualität offener umgehen | |
würde, könnten wir Profis den Menschen einfacher helfen. Aber dafür sollten | |
die Männer sich bitte mal klarer artikulieren. Das tun sie nicht. Bei mir | |
nicht – und zu Hause schon gar nicht. | |
Herr Schönborn, Frau Weber bietet Hilfe an, sagt sie. Warum wollen Sie ihr | |
das verbieten? | |
Schönborn: Weil Männer nun mal kein Recht haben, sich Frauen zu kaufen. | |
Forner: Aber es ist oft so, dass Männer Frauen mitfinanzieren. Warum nicht | |
auch, indem sie Sex kaufen? Auch Frauen müssen im Kapitalismus sehen, woher | |
die Kröten kommen. Und Sie wollen ihnen das verbieten. Warum ist Sexualität | |
so anders als alle anderen Dinge, die wir machen? | |
Schönborn: Weil es etwas ganz Intimes ist. Weil Sex ihnen so nahegeht, dass | |
sie sagen: „Ich geh kaputt hier.“ Alle Frauen bei uns würden liebend gern | |
irgendetwas anderes machen, putzen, Hilfsarbeiten oder sonst etwas. | |
Weber: Jeder Mensch in der Prostitution definiert seine Grenzen. Manches | |
macht man, manches nicht. | |
Forner: Diese Frauen kommen aus Gesellschaften, wo Sexualität nicht | |
existiert, das ist doch kein Wunder, dass sie daran kaputtgehen. | |
Schönborn: Aber man muss doch die Frauen ernst nehmen: Sie wollen das | |
nicht. Sie schämen sich! | |
Weber: Unsere Dienstleistung ist eigentlich etwas ganz Tolles. Ich erwarte | |
eine Wertschätzung. Wenn den Frauen diese Wertschätzung entgegengebracht | |
würde, würden sie sich nicht so schämen. | |
Herr Schönborn, wenn es nur noch Prostituierte wie Frau Weber gäbe, würden | |
Sie dann den Sexkauf immer noch verbieten wollen? | |
Schönborn: Ich wünsche mir, dass Sexualität keinen Marktwert hat. 30 oder | |
50 Euro – das verstößt gegen die Würde der Frau. | |
Forner: In unserer gesamten Welt geht es um materielle Dinge, nur in der | |
Sexualität soll es das nicht? | |
Schönborn: Man darf ja auch nicht seine Organe verkaufen. Da greift der | |
Staat auch ein. | |
Forner: Aber das ist eine Körperverletzung, das Organ wird rausgenommen und | |
ist weg. Beim Sex benutze ich meinen Körper, das ist nicht dasselbe. | |
Schönborn: Wenn es nun keine Prostituierten gäbe, hätten Männer dann auch | |
ein Recht auf Sex? | |
Forner: Ich kämpfe dann um eine Frau, mache alles für sie, renoviere ihr | |
die Wohnung, und am Ende habe ich Sex. Das ist doch genau dasselbe. Sie | |
haben eigentlich nur ein Problem damit, dass eine Frau mehrere Männer hat. | |
Schönborn: Nein, ich verurteile keine Frau, die in der Prostitution tätig | |
ist. Ich verurteile das Verhalten der Männer. | |
Herr Schönborn, wenn Frauen sich massenhaft Sex bei Männern kauften, würden | |
Sie das genauso verbieten wollen? | |
Schönborn: Die Situation wäre nicht anders: Die Frauen hätten das Geld und | |
die Macht über den Körper des Mannes. Das wäre genauso eine Form sexueller | |
Ausbeutung, die ich ablehne. | |
Forner: Die Frage ist: Hat eine Frau ein Selbstbestimmungsrecht über ihre | |
Sexualität oder nicht? Was ist das für ein krasser Eingriff in die | |
Persönlichkeit? | |
Weber: Die Prostitutionsgegner arbeiten mit starken Bildern. Eine wehrlose, | |
junge Frau auf dem Straßenstrich, die quasi vergewaltigt wird. Das weckt | |
natürlich viel stärkere Emotionen, als wenn ich meine Arbeit beschreibe. | |
Aber ich erlebe etwas anderes: Wenn ich hier in Berlin in meinem Bordell | |
arbeite, dann ist das dort ein abgeschlossener Bereich, wo es völlig normal | |
ist, dass man anschaffen geht. Sobald man aber diesen Bereich verlässt, | |
fängt es an, schwierig zu werden. Wir müssen lügen, uns schämen und uns | |
ständig hinterfragen. Das finde ich schlimm. | |
Schönborn: Diese „starken Bilder“ entsprechen allerdings meiner täglichen | |
Realität. Und diese Realität wird einfach ignoriert oder schöngeredet. Die | |
massenhafte Ausbeutung osteuropäischer Frauen wird seit ein paar Jahren | |
thematisiert. Dafür bin ich dankbar. Nur wenn die Not der Frauen gesehen | |
wird, ist hilfreiches Handeln zu erwarten. | |
8 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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