# taz.de -- IOC-Boss Bach seit einem Jahr im Amt: Schmiere fürs Getriebe | |
> Ein Jahr Tommi: IOC-Chef Bach arbeitet mit manischer Betriebsamkeit an | |
> einer olympischen Reformagenda. Aber wird das wirklich ein großer Wurf? | |
Bild: Thomas Bach (rechts, hier neben UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon) war im v… | |
Er hat längst die schwarze Karte. Für Vielflieger im Dauereinsatz vergibt | |
die Lufthansa die Honorary Circle Member Card. Damit verbunden sind etliche | |
Extras wie Limo-Service von und zum Flughafen. Thomas Bach hat in seinem | |
ersten Jahr als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) | |
mehrmals den Globus umrundet, 81 Staats- und Regierungschefs die Hand | |
geschüttelt und zweimal den Papst besucht. | |
Er hat Sportfunktionäre sonder Zahl beschwatzt, bei den Winterspielen von | |
Sotschi den russischen Premier Wladimir Putin gut aussehen lassen und bei | |
den Jugendspielen von Nanking den freundlichen Sportchef zum Anfassen | |
gegeben. Bach hat einen Fonds zur Dopingbekämpfung über sieben Millionen | |
Euro aufgelegt, er hat 13 Sponsoren- und TV-Verträge mit einem | |
Gesamtvolumen von knapp zehn Milliarden Dollar (7,72 Milliarden Euro) an | |
Land gezogen, darunter einen ziemlich dicken Fisch: den Deal mit NBC; das | |
Network sicherte sich die US-Übertragungsrechte an den Olympischen Spielen | |
2022 bis 2032 für 7,75 Milliarden Dollar. Damit kommt das IOC ein paar | |
Jährchen über die Runden. | |
Man könnte also sagen: Thomas Bach, 60, der ehemalige Fechter mit den guten | |
Wirtschaftskontakten, hat sich mit manischer Betriebsamkeit seiner neuen | |
Aufgabe gewidmet. Oder wirkt das nur so extrem geschäftig, weil das IOC ein | |
Altmännerhaufen mit großem Reformstau ist? Der Stau hat eine beträchtliche | |
Länge, weswegen Bach auch auf diesem Gebiet aktiv geworden ist. Agenda 2020 | |
heißt sein Modernisierungsprogramm effekthascherisch. Damit will er das | |
olympische Getriebe schmieren, den etwas knarzenden Lauf der Zahnräder | |
optimieren. | |
14 Kommissionen arbeiten derzeit an der Zukunft des olympischen | |
Eventsports. Bach selbst leitet die Gruppe, die sich mit der Gründung eines | |
Olympia-TV-Kanals beschäftigt. Es scheint ihm also die wichtigste Neuerung | |
zu sein, die im Dezember in Monte Carlo auf der Vollversammlung des IOC | |
abgenickt werden soll. Darüber hinaus treiben Bach die | |
Bewerbungsmodalitäten für die Spiele um. | |
## Schwer vermittelbare Summen | |
Olympia ist ein verdammt teures Vergnügen geworden, in der Phase der | |
Bewerbung und natürlich der Ausrichtung. Die Sotschi-Spiele haben etwa 40 | |
Milliarden Euro gekostet. Solche Summen, vor allem jene, die für | |
Sportstättenneubau und Straßenbau ausgegeben werden, sind in westlichen | |
Staaten nur noch schwer vermittelbar, weswegen hier und da abgespeckt | |
werden soll. | |
Auch das IOC eignet sich neuerdings den Sprachgebrauch der westlichen Elite | |
an, parliert von „Nachhaltigkeit“ und „Transparenz“. Druck kommt von | |
nationalen Olympischen Komitees aus Deutschland, Schweden, der Schweiz und | |
Österreich, die auch gern mal wieder im Schatten der fünf Ringe mittanzen | |
würden, aber zuletzt ihr Publikum nicht bei Laune halten konnten, weil das | |
IOC für den demokratiegeschulten Bürger eben auch für Privilegienreiterei, | |
Kungelei und Intransparenz steht. | |
Vielen erscheint es als eine fremde Macht, die in der Zeit der Spiele ein | |
Regime mit Sonderrechten in der Gastgeberstadt etabliert. So kam’s, dass | |
sich für die Winterspiele 2022 nur noch drei Städte bewerben wollten: | |
Peking, Almaty und Oslo, wobei die norwegische Hauptstadt als | |
Wackelkandidat gilt. Sie könnte ebenso von der Bevölkerung abgewählt werden | |
wie zuletzt Krakau, Wien, Graubünden oder Stockholm. | |
## Den Kernkontinent auf Linie bringen | |
Europa ist aus naheliegenden Gründen olympiamüde geworden. Bachs Aufgabe | |
wird es sein, den olympischen Kernkontinent wieder auf Linie zu bringen, | |
schließlich gibt es ja nun auch deutsche Prätendenten für Olympia 2024 oder | |
2028: Berlin und Hamburg. | |
Nach dem teilweise peinlichen Scheitern von Berlin (2000), Leipzig (2008) | |
und München (2018) soll diesmal alles ein wenig besser geplant und | |
vorbereitet werden. Das heißt: Das IOC geht auf die westlichen Metropolen | |
zu, und diese werben sehr gezielt mit einem Nachhaltigkeitsspektakel – wenn | |
man den vollmundigen Erklärungen der Politiker und Sportfunktionäre Glauben | |
schenkt. Bach argumentiert an dieser Stelle stets haarspalterisch: Man | |
müsse die reinen Olympiakosten von den Kosten für die Infrastruktur | |
trennen. Der Steuerzahler denkt anders darüber. | |
11 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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