| # taz.de -- Aktionstag der Moschee-Gemeinden: „Judenhass ist unislamisch“ | |
| > Für Freitag planen die Islamverbände einen Aktionstag gegen Hass und | |
| > Gewalt. Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime sagt, worum es dabei | |
| > geht. | |
| Bild: Sucht das Verbindende: Aiman Mayzek beim Besuch der Synagoge in Wuppertal… | |
| taz: Herr Mazyek, waren Sie am Sonntag auf der Großkundgebung gegen | |
| Antisemitismus in Berlin? | |
| Aiman Mazyek: Ja, richtig. | |
| Warum sind Sie dort nicht als Redner aufgetreten? Das wäre doch eine schöne | |
| Geste der muslimisch-jüdischen Solidarität gewesen. | |
| Da mögen Sie den Veranstalter fragen. War wohl nicht eingeplant. | |
| Hat Sie der Zentralrat der Juden denn nicht gefragt? | |
| Das Konzept war wohl ein anderes. Aber wir haben ein Vertrauensverhältnis. | |
| Wirklich? Herr Graumann hat den muslimischen Verbänden in seiner Rede | |
| vorgeworfen, sie würden nicht genug gegen Antisemitismus in ihren Reihen | |
| tun. Hat er recht? | |
| Man kann sicher immer mehr machen, man kann nie genug tun. Aber wir setzen | |
| uns intensiv mit dem Thema auseinander und leisten eine ganze Menge in der | |
| Sache. Das wird in den Gemeinden, unter den Imamen und Vorständen breit | |
| diskutiert. Und die Friedenskundgebungen zu Gaza, an denen unsere Gemeinden | |
| teilgenommen haben, waren allesamt friedlich, da gab es auch keine | |
| antisemitischen Misstöne. Wir haben die Kriegspolitik hüben wie drüben | |
| kritisiert und klargestellt, dass es hier nicht um einen Konflikt zwischen | |
| Juden und Muslimen geht. Antisemitismus widerspricht unserem muslimischen | |
| und staatsbürgerlichen Selbstverständnis und ist unislamisch. | |
| Sprechen Sie da auch für die anderen Verbände? | |
| Was ich für die anderen Verbände sagen kann, ist, dass die das auch auf der | |
| Agenda haben und dass in ihrem Selbstverständnis kein Platz für | |
| Antisemitismus ist. Wie viel Aktivitäten sie entfalten, hängt auch von | |
| Ressourcen ab. | |
| Wie viel Einfluss haben die Islamverbände überhaupt auf diese Jugendlichen, | |
| die antisemitische Parolen grölen? | |
| Schwer zu sagen. Nicht selten kommen die aus einem eher areligiösen | |
| Spektrum. Dieser Al-Quds-Tag zum Beispiel, wo leider auch gegen Israel | |
| gehetzt wird, ist ja keine Veranstaltung der muslimischen Gemeinden. Aber | |
| man sollte auch nicht den Fehler machen, muslimischen Jugendlichen pauschal | |
| Antisemitismus zu unterstellen. Wir müssen da stärker differenzieren. | |
| Juden und Muslime in Deutschland haben eigentlich viel gemeinsam. Trotzdem | |
| wirkt es, als habe sich das Verhältnis auch im Alltag in den letzten Jahren | |
| abgekühlt. Stimmt das? | |
| Ich würde das so pauschal nicht unterschreiben. Wir haben in der | |
| Beschneidungsdebatte zusammengearbeitet und erleben da und dort im | |
| persönlichen Austausch immer wieder ermutigende Momente. Aber ich sehe | |
| schon, dass viele jüdische Gemeinden Angst haben, und ich nehme das ernst. | |
| Darum muss man verstärkt Anstrengungen unternehmen, um aufeinander | |
| zuzugehen. Natürlich sind solche Konflikte und Kriege wie im Nahen Osten | |
| und im Irak immer auch ein Rückschlag, weil sie polarisieren und weil damit | |
| menschliche Tragödien einhergehen. Wir lassen uns davon aber nicht | |
| entmutigen. | |
| Die großen Islamverbände rufen jetzt gemeinsam für diesen Freitag zu einer | |
| Kundgebung „gegen Hass und Unrecht“ auf. Worum geht es dabei? | |
| Wir haben unser Motto bewusst gewählt, um aufmerksam zu machen auf die | |
| Gewalt, die Muslime leider auch in unserem Land erleiden, zum Beispiel | |
| durch Brandanschläge auf Moscheen. Wir wollen auf die Gewalt aufmerksam | |
| machen, der sie und andere Menschen im Nahen Osten, im Irak und anderswo | |
| ausgesetzt sind. Und wir wollen aufmerksam machen auf den Missbrauch | |
| unserer Religion durch Verbrecher und Terroristen und wie wir dazu stehen. | |
| Wir laden deshalb im Anschluss an unser Freitagsgebet in über 2.000 | |
| Moscheen zu Friedenskundgebungen und Mahnwachen ein. Da wird es kurze | |
| Ansprachen geben von muslimischer Seite, von Vertretern von Kirchen, | |
| Politik und Zivilgesellschaft – und das Gebet eines Imams, auf Deutsch, für | |
| den Frieden in der Welt und in unserem Land. | |
| Wie ist die Resonanz von Politik und Öffentlichkeit? | |
| Wir sind zufrieden. In Hannover hat sich Bundesinnenminister de Maizière | |
| angekündigt, in München die Integrationsbeauftragte des Bundes, Frau | |
| Özoguz. Der Innenminister Schleswig-Holstein, Andreas Breitner, kommt nach | |
| Mölln. Und in der Mevlana-Moschee in Berlin, auf die von Unbekannten ein | |
| Brandanschlag verübt wurde, wird der Vorsitzende der Evangelischen Kirche | |
| in Deutschland, Nicolaus Schneider, erwartet. | |
| Man hat ein wenig den Eindruck, jede Gruppe demonstriert für sich: Juden | |
| gegen Judenhass, Muslime für ihre Anliegen, Jesiden gegen ihre Verfolgung | |
| im Irak. Wie kann es gelingen, eine breite Koalition gegen jede Form der | |
| Menschenfeindlichkeit zu schmieden? | |
| Vielleicht müssen alle erst einmal etwas selbst gemacht haben, um dann | |
| festzustellen: hoppla, am besten wäre es, wenn wir etwas gemeinsam machen | |
| würden. Ich bin dafür zu haben – eher gestern als heute. | |
| 18 Sep 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bax | |
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