# taz.de -- Kommentar Grünes Asyldebakel: Das mieseste Bild | |
> Ein Nein zum neuen Asylrecht oder das Ja zu erzielten Fortschritten: | |
> Beides wären grüne Positionen. Doch die Partei laviert sich ins Chaos. | |
Bild: Grün mit ein bisschen gelb, ein bisschen rot, ein bisschen schwarz. Der … | |
Was für ein grandioser Erfolg für die Grünen: Die Residenzpflicht, diese | |
menschenverachtende Regel, die Flüchtlinge dazu verdammt hat, jahrelang in | |
Lagern irgendwo in der Walachei zu versauern – abgeschafft! Das | |
Arbeitsverbot, das Asylbewerber auf Dauer zu Bittstellern degradiert – | |
verkürzt! Die Versorgung der Flüchtlinge nur durch Gutscheine, die es ihnen | |
nicht einmal erlaubt hat, auf ihren Tellern einen letzten Rest von | |
Selbstbestimmtheit und Würde zu wahren – vom Tisch! | |
Drei zentrale Forderungen der Flüchtlingsbewegung haben die Grünen auf | |
einem ihrer identitätsstiftenden Politikfelder der schwarz-roten | |
Bundesregierung abgerungen. Wie groß dieser Schritt auch für die andere | |
Seite ist, zeigt ein kurzer Blick in Onlineforen. Dort wundert sich die | |
CDU-Basis, dass ihre Partei so etwas mitträgt, und kotzt sich über die | |
Toleranzigkeit von Linken aus. | |
Und was machen die Grünen? Nein, sie feiern nicht. Sie streiten. Nicht wie | |
immer, sondern stärker. | |
Das ist nicht falsch. Im Gegenteil. Denn die Grünen haben einen hohen Preis | |
bezahlt. Man kann sagen: einen zu hohen. Drei Balkanstaaten gelten nun als | |
sichere Herkunftsländer. Das trifft vor allem die Roma, die damit jetzt | |
auch ganz offiziell als Flüchtlinge zweiter Klasse klassifiziert wurden – | |
mit dem Segen der Grünen. Und genau deshalb muss die Partei streiten. | |
Lautstark, mit aller Leidenschaft. | |
Weil sie an exakt diesem Punkt zeigen kann, was sie von anderen | |
unterscheidet, wofür sie noch gebraucht wird: um entscheidende Fortschritte | |
für Minderheiten zu erzielen. Oder um Grenzen aufzuzeigen, um die | |
Diskussion über Einschränkung eines Grundrechts mit einem kategorischen | |
Nein zu kontern. So oder so. Beide Positionen hätte die Partei – naturgemäß | |
bei ordentlichem Gegrummel der jeweils Unterlegenen – als profilbildende | |
grüne Politik verkaufen können. Wenn, ja wenn sie sich nach schmerzhafter | |
Diskussion zu einer Position hätte durchringen können. | |
Nur eins geht gar nicht: dass erst die obersten Parteigremien ein Angebot | |
der Bundesregierung als „zynisch“ ablehnen, einen Tag später ein | |
Landesfürst mit einem „Mir doch egal“ diese „zynische“ Politik Gesetz | |
werden lässt – und dafür auch noch ein offizielles Hintertürchen von seiner | |
Partei bekommt. Denn das bestätigt nur wieder mal das mieseste Bild, das | |
man von den Grünen haben kann: ein konturloser Haufen. | |
21 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
## TAGS | |
Grüne | |
Asylrecht | |
Winfried Kretschmann | |
Flüchtlinge | |
Asylrecht | |
Cem Özdemir | |
Serbien | |
Grüne | |
Asylrecht | |
Flüchtlinge | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rechtliche Hintergründe zur Asyldebatte: Gesetz mit dem 10-Minuten-Effekt | |
Die Einstufung von Balkanstaaten als „sicher“ wird nicht zur schnelleren | |
Abschiebung von Flüchtlingen führen. Die Verfahrensdauer wird kaum | |
verkürzt. | |
Katrin Göring-Eckardt über Kretschmann: „Den Grünen geht es nicht um Macht… | |
Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt verteidigt den Stuttgarter | |
Regierungschef, obwohl sie seine Meinung in der Asylfrage nicht teilt. | |
Partei vor der Zerreißprobe: Grüne spielen Schwarzer Peter | |
Kretschmann, die Parteichefs oder die Umstände? Die Grünen streiten, wer | |
Schuld hat, dass sie beim Asylstreit zwei Meinungen haben. | |
Volker Beck über den Asylkompromiss: „Das schwächt die Menschenrechtler“ | |
Die neu erklärten „sicheren Herkunftsländer“ verletzen Menschenrechte. | |
Besonders für LGBT-Aktivisten und Roma ist die Lage schwer, kritisiert der | |
Grünen-Abgeordnete. | |
Kretschmann empört Grüne: Von der Freiheit, ja zu sagen | |
Weg vom Verbotsimage – das war das Ziel des grünen Freiheitskongresses. | |
Stattdessen tobt die Partei. Und zwar quer durch alle Flügel. | |
Amnesty kritisiert Asylkompromiss: „Das ist ein fauler Kompromiss“ | |
Die von den Grünen mitgetragene Asylrechtsänderung diskriminiert | |
Flüchtlinge, sagt Selmin Çalışkan von Amnesty International. | |
Neue Asylregeln für Balkanländer: Grüne erleichtern Abschiebungen | |
Der Bundesrat hat der Asylrechtsreform zugestimmt. Das grün-rot-regierte | |
Baden-Württemberg trug den Kompromiss mit. Die Grünen sind gespalten. |