# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Wir töten mit Plastik“ | |
> Sollten Plastiktüten verboten werden? Ja, wegen der Umwelt, sagt die | |
> Künstlerin Pam Longobardi. Nein, findet die Grüne Renate Künast. | |
Bild: Bequem oder gefährlich? Beim Plastik scheiden sich die Geister. | |
Die Plastiktüte hat einen schlechten Ruf. Es dauert 100 Jahre bis sie sich | |
von selbst zersetzt, sie verschmutzt die Meere und ist aufwendig zu | |
produzieren. Dennoch gibt es sie überall. Durchschnittlich 200 Stück | |
verwendet jeder Bundesbürger im Jahr. | |
„Plastiktüten sollten verboten werden. Sie sind altmodisch und gefährlich. | |
Wer sie unachtsam wegwirft, produziert giftigen Müll", sagt Pam Longobardi, | |
eine amerikanische Kunstprofessorin. Ihre Produktion verschlinge wichtige | |
Wasser und Energieressourcen. Longobardi selbst macht Kunst aus | |
Plastikmüll. Der sei eine zentrale Komponente jedes Umweltproblems. „Was | |
wir dem Planeten und uns selbst antun, ist absurd: Wir töten mit Plastik.“ | |
In Ruanda sei der Gebrauch von Plastiktüten schon seit 2008 verboten, sagt | |
Christine Nkulikiyinka, die ruandische Botschafterin in Deutschland. Vor | |
allem Konsequenz und Durchsetzung seien dabei wichtig gewesen. „Als das | |
Verbot in Kraft trat und Bürger sich teilweise nicht daran gehalten haben, | |
wurden sie von der Polizei dazu angehalten und Plastiktüten wurden | |
konfisziert. Nach einer Woche hatten alle verstanden, dass dies ernst | |
gemeint ist und dass Papiertüten oder Stofftaschen gute Alternativen sind.“ | |
Außerdem gebe es ja auch Alternativen zur Plastiktüte. Der Konsument müsse | |
sich überlegen, was man zum Supermarkt mitnehme, sagt Sara Wolf, | |
Geschätsführerin von "Original Unverpackt", einem Supermarkt, in dem die | |
Lebensmittel nicht verpackt sind. „Vielleicht Stoffsäckchen für Gemüse, | |
Obst und Brot und eine große Einkaufstasche, falls man doch wieder mehr | |
einkauft? Und selbst bei Spontaneinkäufen braucht man nicht unbedingt zur | |
Plastiktüte greifen. Meistens stehen im Laden z.B. gebrauchte Kartons zur | |
Verfügung“ | |
## Lösungen anstatt Verbote | |
Gegen ein Verbot argumentiert Bernhard Sprockamp, Geschäftsführer | |
Industrieverband Papier- und Folienverpackung e.V. „In Deutschland gibt es | |
kein Littering–Problem durch Tragetaschen. Deutsche Plastiktüten tragen in | |
geringster Menge zur Vermüllung der Weltmeere bei.“ Hierzulande würden | |
Tragetaschen und Verpackungen gesammelt und verwertet werden. Das Probleme | |
lege vor allem in anderen Ländern. „Statt eines Verbots in Deutschland | |
brauchen wir Lösungen in den Ländern, die die Probleme verursachen. Wenn in | |
Peking Smogalarm herrscht, wird auch nicht in Berlin das Autofahren | |
verboten.“ | |
Auch Renate Künast, Abgeordnete der Grünen im Deutschen Bundestag spricht | |
sich gegen ein Verbot aus. Plastiktüten müssten zurückgedrängt werden: | |
„Zielführender als ein Verbot ist die Einführung einer speziellen Abgabe | |
für Plastiktüten auf Erdölbasis.“ Das erzielte Geld solle dann für | |
Alternativen zur Tüte, Bearatung von Bürgern und verbessertem Recycling | |
ausgegeben werden. „Der Tütenverbrauch muss deutlich reduziert werden, um | |
diese Ressourcenverschwendung und die Vermüllung zu beenden. Wir benötigen | |
deswegen einen Umstieg auf abbaubare Alternativen, die aus nachwachsenden | |
Rohstoffen hergestellt werden.“ | |
Die Streitfrage der Woche beantworten außerdem Julia Barthel, Expertin für | |
Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, Michael Kern, | |
Geschäftsführer des Witzenhausen-Instituts für Abfall und Umwelt, Michael | |
Braungart, Gründer des Umweltforschungsinstituts EPEA und die taz-Leserin | |
Bettina Berens – in der taz am wochenende vom 27/28. September 2014. | |
27 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Francesco Giammarco | |
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