# taz.de -- Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft: Der Müll ist auf dem Weg | |
> SPD kritisiert das Gutachten zur Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft. | |
> Es spreche sich zwar für einen kommunalen Betrieb aus, kläre aber nicht | |
> den Weg dorthin. | |
Bild: Unklar, was nach der Rekommunalisierung draus wird: Betriebsstätte der A… | |
Die SPD favorisiert, Abfallentsorgung und Straßenreinigung vollständig zu | |
rekommunalisieren. Das sagte ihr Landesvorsitzender Dieter Reinken am | |
Montag. Soweit fordert das auch auch Ver.di. Die Gewerkschafter wollen die | |
Schaffung einer „Anstalt öffentlichen Rechts“ (AöR) über ein Volksbegehr… | |
erzwingen. | |
Für die SPD ist das ein Nebenschauplatz. „Wenn diese Rechtsgrundlage | |
gebraucht wird, wird sie geschaffen“, sagt Landesgeschäftsführer Roland | |
Pahl. Andere Hindernisse seien gewichtiger, denn das vom Senat beim | |
Beratungsunternehmens Econum bestellte Gutachten habe „entscheidende | |
Lücken“. Hier gelte der Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, so | |
SPD-Landesvorsitzender Dieter Reinken. | |
In vier Jahren laufen Verträge aus | |
Allzu viel Zeit bleibt nicht: In vier Jahren laufen die Verträge mit dem | |
Privatunternehmen Nehlsen aus, das seit 1998 für Abfallentsorgung und | |
Straßenreinigung zuständig ist. 2018 werden noch etwa 300 Beschäftigte mit | |
Rückkehranspruch in den öffentlichen Dienst bei der Nehlsen-Tocher Eno | |
beschäftigt sein. | |
Diese Rückkehroption sei für den Fall einer Insolvenz formuliert worden, | |
sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Arno Gottschalk. Im | |
Fall einer Übernahme durch die Kommune, sei das Verfahren aber „völlig | |
unklar“. | |
Dass die Privatisierung damals schlecht organisiert worden ist, darin sind | |
sich SPD und Ver.di einig. Bei der Beantwortung der offenen Fragen sei es | |
mit einem einfachen Nachschärfen des Gutachten nicht getan, so Gottschalk. | |
Er spricht von einem „inneren Widerspruch“ der Untersuchung: Sie nenne die | |
vollständige Rekommunalisierung als zu favorisierendes Ziel, kläre aber | |
nicht den Weg dorthin. Wie groß die faktischen Hindernisse seien, ließe | |
sich auf dieser Grundlage nicht feststellen. Strittig seien die Machbarkeit | |
und die Personalfrage. | |
Müll ist auch eine politische Frage | |
Ob eine AöR zu ihrem Geschäftsstart am 1. 7. 2018 überhaupt genug Personal | |
zur Verfügung habe, ist nur eine der Unklarheiten, die von der SPD | |
bemängelt werden. Eine andere betrifft die Infrastruktur: Betriebsflächen | |
für Recycling-Höfe seien 1998 teilweise verkauft, andere bis 2041 vermietet | |
worden. Es müsse nun geklärt werden, ob und welche Verträge in | |
gegenseitigem Einvernehmen aufzulösen seien. Das ist auch eine politische | |
Frage, zumal Müllplätze in der Öffentlichkeit „nicht so unbedingt auf gro�… | |
Sympathie“ stößen, so Gottschalk. | |
Bei Ver.di will man sich mit diesen Verfahrensfragen nicht unnötig | |
aufhalten. Wer die Müllentsorgung in städtischer Hand politisch wolle, | |
„muss jetzt Nägel mit Köpfen machen“, sagt ein Sprecher der Gewerkschaft. | |
Dass die SPD nun einlenke, sei aber zumindest ein Schritt in die richtige | |
Richtung. Und den nächsten will die SPD bis Ende des Jahres gemacht haben – | |
mit neuer Staatsräterunde zur Klärung der offenen Fragen. | |
Die Linke fordert klar eine vollständige Rekommunalisierung. Gebühren | |
könnten transparenter und günstiger gestaltet werden, während sich für die | |
Stadt umweltpolitische Spielräume ergäben. Diese wiederum sind auch das | |
Hauptaugenmerk der grünen Programmdebatte: „Möglichst wenig Abfall | |
erzeugen“ und „möglichst viel wieder verwerten“. Dafür solle der staatl… | |
Einfluss erhöht werden. | |
Die genaue Forderung der SPD soll dann am 11. Januar im Entwurf ihres | |
Wahlprogramms zu lesen sein. So ganz klar ist den Genossen nicht, wie | |
vollständig die „vollständige Rekommunalisierung“ tatsächlich sein soll. | |
Unter dem Dach einer AöR könnten laut Beschluss weitere Privatunternehmen | |
mitwirtschaften – mit „maßgeblichem gesellschaftsrechtlichen Einfluss“ d… | |
Stadt. Diesmal müssten die Verträge dann so ausgestaltet werden, dass einem | |
weiteren Rekommunalisierungsversuch nichts mehr im Wege stünde – nach einer | |
Frist von zehn Jahren für die privaten Unternehmer. | |
30 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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