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# taz.de -- Wohnprojekt zur Integration: Studenten nehmen Flüchtlinge auf
> In Lübeck vermittelt eine Initiative Flüchtlinge an Wohngemeinschaften –
> das soll ihnen beim Start in der neuen Heimat helfen.
Bild: Wohnprojekt „Brot & Rosen“ in Hamburg: Hier lebt eine christliche Gru…
HAMBURG taz | Die erste Vermittlung ist gerade zustande gekommen: Ein
27-Jähriger aus Afghanistan, seit zehn Monaten in Deutschland, wohnt nun
bei drei Lübecker Studierenden. Seit drei Monaten soll das dortige Projekt
„WG gesucht“ Flüchtlingen dabei helfen, sich in der neuen Heimat
zurechtzufinden. Dahinter steht eine Kooperation zwischen dem Allgemeinen
Studierendenausschuss (Asta) der Lübecker Universität und dem örtlichen
Flüchtlingsforum.
Arno Gerß ist einer der Bewohner der Pilot-WG. Das Zusammenleben
funktioniere mittlerweile wie in jeder anderen Wohngemeinschaft. „Es ist
wie mit einem normalen Mitbewohner“, berichtet Gerß. „Die Kommunikation hat
anfangs etwas länger gedauert, aber Navid ist sehr bemüht, unsere Sprache
zu lernen.“ Einen Flüchtling aufzunehmen und ihn zu integrieren sei eine
Bereicherung für die WG.
Die Idee wurzelt im Erasmus-Austauschprogramm, das Studierenden einen
Auslandsaufenthalt bis zu einem Jahr gewährt: Während dieser Zeit wohnen
sie häufig bei einheimischen Studierenden. „Warum sollte dies nur für
Studenten gelten?“, fragte sich Informatik-Student Alexander Bigerl. „Und
wieso nur für ein Jahr?“
Bigerl ist Referent für Politik und Soziales beim Asta der Uni Lübeck und
hat das neue Projekt initiiert. Auf den Bedarf der Unterbringung von
Flüchtlingen war Bigerl aus Medienberichten und durch den Kontakt zu
Freunden aufmerksam geworden. Für eine mögliche Zusammenarbeit lag das
Lübecker Flüchtlingsforum nahe: Dort melden sich viele der neu ankommenden
Flüchtlinge, die auf der Suche nach einer Wohnung sind.
Aus Sicht von Jihan Mortezai, Migrationsberater der Arbeiterwohlfahrt in
Lübeck, muss sich in erster Linie die Stadt um die Integration von
Flüchtlingen kümmern. Aber man benötige eben auch Menschen, die sich
engagieren und Ideen und Projekte vorantreiben. „WG gesucht“ nennt er eine
„unkonventionelle Entscheidung von Studenten, sich für andere Menschen
einzusetzen“. Grundlegend sei es, ein Verständnis für Flüchtlinge in Lübe…
zu entwickeln.
## Kultureller Austausch
Wann immer sich WG-Interessierte beim Flüchtlingsforum melden, tritt dieses
an den Asta heran. Der wiederum übernimmt die Vermittlung zu einer
geeigneten Wohngemeinschaft. Was nun nicht bedeutet, dass plötzlich jemand
von der Studierendenvertretung ohne Vorwarnung mit einem Flüchtling im
Schlepptau an der Wohnungstür klopft: Wie in jeder anderen WG gibt es eine
Art Casting. Der oder die Neue soll ja auch zur bestehenden Gemeinschaft
passen.
Nicht zuletzt sieht Bigerl „WG gesucht“ als Chance, Sprachkenntnisse zu
erwerben und sich kulturell auszutauschen. Und natürlich müsse verhindert
werden, dass traumatisierte Flüchtlinge einfach so in Wohngemeinschaften
vermittelt werden.
„Das Projekt in Lübeck ist völlig auf Höhe dessen, was die
bürgerschaftliche Flüchtlingssolidarität an Bedarf einfordert“, sagt Martin
Link, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein. Mit der
Unterbringung von Flüchtlingen müsse die Integrationsförderung
vorangetrieben werden. Das geschehe in Lübeck in vorbildlichem Maße.
In Hamburg zeigt das Wohnprojekt „Brot & Rosen“ schon seit 1996, wie
unbürokratisch die Aufnahme Asylsuchender ablaufen kann: In einem
ehemaligen Gemeindehaus leben bis zu acht Menschen zusammen. „Wir haben uns
dafür entschieden, solidarisch mit Flüchtlingen zu leben“, sagt Dietrich
Gerstner, ein Gründungsmitglied des Projektes. Manche Bewohner bleiben
einen Tag, manche mehrere Monate oder auch Jahre. Lebensmittel werden durch
Spenden finanziert.
In Lübeck übernimmt das Sozialamt die Wohnungskosten. Für die Zukunft hofft
„WG gesucht“ auf weitere Anmeldungen – sowohl von Flüchtlingen als auch …
WGs.
20 Oct 2014
## AUTOREN
Sebastian Schulten
## TAGS
Flüchtlinge
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