# taz.de -- Ebola-Tagebuch – Folge 42: Die Ärmsten gehen drauf | |
> Westafrika steht vor einem ökonomischen Desaster. Selbst wenn die | |
> Ebola-Epidemie eingedämmt ist: Die Folgen werden deutlich zu spüren sein. | |
Bild: Gebet für das Ende der Ebola-Epidemie in Liberia. | |
BERLIN taz | Selbst wenn die Regierungen von Liberia, Sierra Leone und | |
Guinea mit internationaler Hilfe dabei sind, die Ebola-Epidemie in ihren | |
Ländern in den Griff zu bekommen – die ökonomischen Auswirkungen sind | |
verheerend und beginnen gerade erst, sich bemerkbar zu machen. Dieses Fazit | |
ziehen eine Reihe von Studien zur wirtschaftlichen Auswirkung von Ebola, | |
die am Wochenende veröffentlicht wurden. | |
Liberia, schreibt das UN-Entwicklungsprogramm UNDP, erzielte zwischen den | |
Jahren 2000 und 2013 ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum | |
von 10,18 Prozent – sehr hoch aufgrund des immensen Wiederaufbaubedarfs | |
nach dem Bürgerkrieg. Vor Ebola war für 2014 ein Wirtschaftswachstum von | |
5,9 Prozent prognostiziert, für 2015 von 6,8 Prozent. Durch Ebola dürfte | |
die Wachstumsrate dieses Jahr auf 2,5 Prozent fallen - weniger als das | |
Bevölkerungswachstum – und nächstes Jahr ist mit einem Minuswachstum von | |
-4,9 Prozent zu rechnen, so die Afrikaabteilung des UNDP. | |
Auf der Ebene der Normalbevölkerung sieht es noch viel dramatischer aus. | |
Über das letzte halbe Jahr gerechnet seien die durchschnittlichen | |
Haushaltseinkommen in Liberia um 35 Prozent gesunken, heißt es; in Sierra | |
Leone seien es 30, in Guinea 13 Prozent. Neben ausbleibenden | |
Verdienstmöglichkeiten durch Krankheit und der Schließung von Märkten und | |
Arbeitsstätten ist dabei auch ein schneller Kaufkraftverlust durch rapide | |
steigende Preise für Grundnahrungsmittel ein Faktor. | |
„Die schwerste Last trägt das unterste Fünftel der Bevölkerung“, so die | |
UN-Ökonomen. Eine neue Studie der französischen Hilfsorganisation „Action | |
Contre la Faim", erstellt gemeinsam mit Agronomen aus Rom, beschäftigt sich | |
genauer mit einer möglichen Ausbreitung von Hunger aufgrund von Ebola. | |
Selbst im günstigen anzunehmenden Verlauf der Epidemie werde die Zahl der | |
Unterernährten in den drei Ländern steigen, schreiben die Experten – | |
zuletzt war die Zahl stark rückläufig, aber diese Zeiten seien vorbei. | |
## Um das Hundertfache unterfinanziert | |
Aus den derzeit 4,95 Millionen Hungernden in den drei Ländern dürften im | |
günstigsten Fall 5,006 Millionen werden und im schlimmsten Fall 5,683 | |
Millionen. „Leider wird der schlimmste Fall, dessen Wahrscheinlichkeit zu | |
Beginn des Ausbruchs sehr klein war, jetzt wahrscheinlicher“, so die | |
lapidare Warnung der Agronomen. | |
Bisher haben die internationalen Finanzinstitutionen darauf nur | |
unzureichend reagiert. Der Internationale Währungsfonds hat 130 Millionen | |
US-Dollar Nothilfe zur Deckung von Defiziten in den Staatshaushalten der | |
drei Länder zugesagt – der Gesamtschaden von Ebola in den drei Ländern bis | |
nächstes Jahr wird aber auf 13 Milliarden Dollar geschätzt, hundertmal mehr | |
also, und auch viel mehr als alle internationalen Hilfspakete und | |
-programme zur Ebola-Bekämpfung zusammengenommen. | |
2 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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