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# taz.de -- Neuer UN-Klimabericht: Weltrettung zum Spottpreis
> Der UN-Klimarat warnt drastisch wie nie zuvor vor dem Klimawandel. Die
> Folgen könnten katastrophal sein – und die Gegenmaßnahmen billiger als
> gedacht.
Bild: Für Eisbären wird der Lebensraum immer kleiner
BERLIN taz | Wo 2009 der UN-Gipfel kläglich scheiterte, machte gestern der
[1][UN-Klimarat IPCC] mit der Vorstellung seines [2][„Synthese-Berichts“
(pdf-Datei)] einen neuen Anlauf zur Vermeidung einer Klimakatastrophe.
Und die Gastgeber in Kopenhagen zeigten sich gleich beeindruckt: Bis 2025
will Dänemark auf Kohle als Brennstoff verzichten. „Dieser Report hat mich
überzeugt, dass wir fossile Brennstoffe früher als gedacht auslaufen lassen
müssen“, sagte Klimaminister Rasmus Helveg Petersen.
Auf ähnliche Wirkung anderswo hoffen die IPCC-Autoren und auch
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der extra erschienen war, um dem Bericht
politisches Gewicht zu verleihen. Denn der Report ist der umfangreichste,
aber auch der politischste der regelmäßigen Zustandsberichte zur Lage des
Weltklimas
Er fasst die Erkenntnisse aus den drei Teilberichten des 5.
Sachstandsberichts (AR5) und zwei Sondergutachten zu Unwettern und
erneuerbaren Energien zusammen. Das geballte Fachwissen zum Klima ist in
einen 100-seitigen „Synthesebericht“ und eine 40-seitige Zusammenfassung
geflossen, die nicht nur für Spezialisten gedacht ist.
„Das soll auch der Konzernchef im Flugzeug, äh, besser noch im Zug,
zwischen London und Paris lesen können“, sagte der IPCC-Vorsitzende
Rajendra Pachauri gestern bei der Vorstellung.
## Regierungen geben ihren Segen
Eine Woche lang hatten die Wissenschaftler mit Vertretern aller Staaten
hinter verschlossenen Türen zusammengesessen, um jedes Komma des Berichts
abzustimmen. Herausgekommen ist ein Report, der eine klare Sprache spricht
– und das mit dem Segen aller Regierungen: Wenn der Klimawandel nicht die
2-Grad-Schwelle überschreiten und aus dem Ruder laufen soll, müssen die
globalen Emissionen der Treibhausgase bis 2050 „um 40 bis 70 Prozent fallen
und bis 2100 auf null oder darunter fallen“, heißt es.
Das Ende des fossilen Zeitalters wird darin klar benannt: Das verbleibende
„Kohlenstoffbudget“, das die Welt noch bedenkenlos verfeuern kann, ist auf
rund 1.000 Milliarden Tonnen CO2 geschrumpft – beim jetzigen Trend sind das
nur noch etwa 25 Jahre.
Die Berichte des Klimarats seien „politikrelevant“, machten aber den
Regierungen „keine Vorschriften“, heißt es traditionell beim IPCC. Der
Synthesebericht dehnt diese Definition sehr weit: Klimaschutz werfe „Fragen
von Gleichheit, Gerechtigkeit und Fairness auf“ und sei notwendig für
„nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung“.
## Nichts tun wird teuer
Die bisherigen Verpflichtungen der Staaten zur Emissionsreduzierung seien
nicht genug, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, oft genug lähme „Trägheit im
sozioökonomischen System“ jeden Fortschritt. Und eine weitere Verzögerung
von wirksamen Maßnahmen bis 2030 werde Klimaschutz teurer, ineffektiver und
unsicherer machen.
„Wir zeigen auf, wohin uns Nichthandeln führt“, sagte Pachauri. Ginge alles
so weiter wie bisher, läge 2100 die durchschnittliche Temperatur etwa 4
Grad Celsius über dem vorindustriellen Wert. Er benannte auch die
hauptsächlichen Quellen des Problems: „45 Prozent der Emissionen kommen aus
der Energiewirtschaft, 14 Prozent aus der Waldvernichtung, 21 Prozent aus
der Industrie, 14 Prozent vom Verkehr.“
Vor allem bei der Energie sehen die Wissenschaftler große Risiken. Viele
Modelle erreichen das 2-Grad-Ziel nur noch durch „negative Emissionen“,
wenn Biomasse CO2-neutral verbrannt wird und das entstehende Treibhausgas
gespeichert wird. Diese Methoden seien aber „ungewiss und mit möglichen
Risiken behaftet“.
## Mythos vom teuren Klimaschutz
Ban Ki Moon betonte, der Bericht zerstöre auch den „Mythos“, Klimaschutz
sei zu teuer. Im Gegenteil, so schreiben die Autoren, ambitioniertes
Vorgehen werde vom globalen Wirtschaftswachstum von 1,6 bis 3 Prozent
jährlich nur 0,06 Prozentpunkte kosten.
„Die Kosten des Nichthandelns werden entsetzlich viel höher sein“, meinte
IPCC-Chef Pachauri. Allerdings verlören Investments in Kohle und Öl an Wert
und „Hunderte von Milliarden Dollar“ jährlich müssten in Zukunft in
erneuerbare statt in fossile Energien fließen.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nannte den Bericht
„alarmierend und ermutigend zugleich“. Deutschland steuere mit der
Energiewende Erfahrung und Technologie bei. Germanwatch sieht den Bericht
als „dringenden Aufruf zum Handeln für Deutschland und die EU“, nötig sei
„der Einstieg in den Kohleausstieg“.
„Brot für die Welt“ verwies auf Gefahren für die Ernährungslage der Arme…
Bei 4 Grad höheren Temperaturen „sprechen wir nicht wie jetzt von 805
Millionen Hungernden, sondern von Milliarden“, hieß es.
2 Nov 2014
## LINKS
[1] http://www.ipcc.ch/
[2] http://www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar5/syr/SYR_AR5_LONGERREPORT.pdf
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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