| # taz.de -- Exministerin über homosexuelle Manager: „Die Angst schwingt mit�… | |
| > Das Coming-Out von Tim Cook war mutig, sagt Sabine | |
| > Leutheusser-Schnarrenberger. Schwule deutsche Manager fürchten sich zu | |
| > sehr vor möglichen Konsequenzen. | |
| Bild: Solche Coming-Outs helfen anderen, innere Hürden abzubauen, glaubt die f… | |
| taz: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, was haben Sie gedacht, als Sie | |
| hörten, dass Tim Cook sich geoutet hat? | |
| Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Ich fand das sofort sehr gut, habe aber | |
| auch unmittelbar befürchtet, dass es in Teilen der Presse sicher eine üble | |
| Resonanz geben würde. | |
| Die Reaktionen waren ambivalent... | |
| Das stimmt, aber es gab wirklich erschreckende Artikel, beispielsweise hat | |
| eine Redakteurin, offensichtlich ohne Absprache mit dem Chefredakteur, | |
| [1][einen Artikel in der NZZ geschrieben], in dem sie Tim Cook als arrogant | |
| bezeichnete und sein Sexualleben als reine Privatsache abgetan hat, die in | |
| der Wirschaftswelt nichts zu suchen hat. | |
| Man hört es, Sie sind immer noch empört. | |
| Ja, denn es ist empörend, dass manche immer noch nicht kapiert haben, dass | |
| es gerade für die Wirtschaft wichtig ist, dass es selbstverständlich ist, | |
| am Arbeitsplatz über Homosexualität oder LGBTI im weitesten Sinne reden zu | |
| können. Dass das nichts ungewöhnliches ist, sondern es einfach zu unserer | |
| Gesellschaft dazu gehört. Und dass das so kommt, dafür braucht man Menschen | |
| wie Tim Cook. | |
| Nun sagen manche, es war ein bloßer Werbegag? | |
| Er steht in einer Reihe mit vielen Mutigen, die offen über ihre sexuelle | |
| Orientierung sprechen. Ich weiß nicht, warum er sich jetzt entschieden hat, | |
| das zu tun. Ich finde es gut bei jedem. Und vor allem bei Menschen, die | |
| noch in einer Führungsposition sind, sich klar zu bekennen, zu äußern. Das | |
| kann jeder machen wann und wie er mag und wie es zu ihm oder ihr passt. | |
| Cook ist eben stolz drauf und sieht es als Gottesgeschenk, ich denke, dass | |
| ein Outing auch mit ein bisschen weniger Pathos geht, aber das soll jeder | |
| machen, wie es ihm passt. | |
| Je mehr Homosexuelle sichtbar sind, desto selbstverständlicher wird es. | |
| Ja, und es hilft jenen, die innere Hürden haben, diese abzubauen. Auch sich | |
| selbst gegenüber. | |
| Warum glauben Sie hat sich in Deutschland noch kein aktiver DAX-Vorstand | |
| oder Aufsichtsratchef geoutet? | |
| Weil nach wie vor die Angst mitschwingt, wie in den Medien darüber | |
| berichtet und im Kreis der Kollegen gesprochen wird. Es ist eben immer noch | |
| nicht so selbstverständlich, dass es einfach zu unserer offenen | |
| Gesellschaft dazugehört, dass es LGBTI-Menschen gibt, die das offen leben. | |
| Ich denke viele befürchten einfach noch immer, es könnte mit Nachteilen | |
| verbunden sein und outen sich erst, wenn sie nicht mehr im Job sind. | |
| Deshalb ist es ja so gut, dass Tim Cook sich jetzt geoutet hat und nicht | |
| gewartet hat, bis er im Ruhestand ist. | |
| Sie sind seit Jahrzehnten in den Führungsetagen der Wirtschaft unterwegs. | |
| Sprechen Sie das Thema Outing an? | |
| Im Zusammenhang mit Diversity spielt natürlich Homosexualität, das | |
| selbstverständliche Umgehen damit eine zentrale Rolle. Und ich nehme da | |
| eine große Aufgeschlossenheit wahr. Man hört nicht mehr, dass man doch | |
| jetzt Wichtigeres zu tun habe und es um Arbeitsplätze und nicht um Schwule | |
| gehen sollte. Also das erlebe ich auf keinen Fall mehr. Da hat sich in den | |
| vergangenen Jahren wirklich viel geändert. Aber es bleibt natürlich etwas | |
| anderes über gesellschaftliche Entwicklungen zu reden oder sich selbst zu | |
| bekennen. Die Sorge davor, dass man deshalb benachteiligt werden könnte, | |
| die ist im Hinterkopf schon noch da. | |
| Sehen Sie einen Unterschied zwischen der Situation von Lesben und der von | |
| Schwulen? | |
| Ich glaube, dass es für Lesben doch noch viel schwieriger ist. Deshalb | |
| finde ich es sehr wichtig und auch ermutigend, dass sich mit Barbara | |
| Hendricks auch eine Ministerin ganz klar geäußert hat. Sie ist ja | |
| eigentlich die erste Frau in einer Spitzenposition in der Politik, die | |
| offen über ihre sexuelle Orientierung spricht. Also da sind wir noch sehr | |
| viel weiter hintendran als bei Homosexuellen, übrigens nicht nur in der | |
| Politik sondern auch der Wirtschaft. | |
| Haben Sie dafür eine Erklärung? | |
| Rationale Gründe gibt es dafür nicht, warum man da eine unterschiedliche | |
| Bewertung oder Haltung anlegen sollte. Das sind emotionale Dinge. Das Bild, | |
| das von Frauen in Führungspositionen gezeichnet wird, übrigens auch | |
| verbunden mit Quotenfordrungen, ist ja immer eines, das die Frauen als sehr | |
| weiblich zeichnet, immer top, immer ganz schick mit allem was dazu gehört. | |
| Dressing spielt eine ganz große Rolle, und da scheint der – natürlich | |
| falsche – Eindruck zu entstehen, das passe nicht zusammen. | |
| Was fordern sie als ehemalige Justizministerin, was muss jetzt passieren? | |
| In der Gesetzgebung sind jetzt zwei Dinge von der Politik zu tun. Erstens | |
| muss es auch Menschen erlaubt sein Kinder zu adoptieren, die in einer | |
| eingetragenen Partnerschaft leben und diese muss endlich in | |
| „gleichgeschlechtliche Ehe“ umbenannt werden. Hier muss der Gesetzgeber | |
| dringend ran. Zweites müssen in unseren Gesetzen endlich die sprachlichen | |
| Benachteiligungen von LGBTI-Menschen beseitigt werden. Ich habe dafür einen | |
| umfangreichen Entwurf machen lassen, um aufzuzeigen, in wie vielen Gesetzen | |
| es da Handlungsbedarf gibt. Das wäre weit mehr als bloße Gesetzestechnik, | |
| sondern ein richtiges Projekt, ein wichtiges Zeichen, es wäre ein | |
| Anerkenntnis in der gesamten Gesetzgebung. | |
| Sie haben die Vorarbeiten geleistet. Die Politik könnte also schnell | |
| handeln. Was erwarten Sie von der Großen Koalition? | |
| Ich bin zwar ein grundoptimistischer Mensch. Aber hier bin ich doch sehr, | |
| sehr skeptisch. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Union dieses Thema | |
| aktiv nicht aufgreifen will. Sie ist immer nur bereit, auf | |
| Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zu reagieren. Da müsste der | |
| Koalitionspartner also richtig Druck mach. | |
| Und wird es das tun? | |
| Da muss ich mich leider wiederholen: Ich bin sehr sehr skeptisch. | |
| 7 Nov 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.nzz.ch/meinung/reflexe/von-missionen-macht-und-dem-missbrauch-le… | |
| ## AUTOREN | |
| Ines Pohl | |
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