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# taz.de -- Telekom-Vorstand outet sich als schwul: Unaufgeregt, beiläufig
> Seit Sonntag gibt es erstmals einen offen schwulen DAX-Vorstand – und
> keiner hat’s gemerkt. Das Coming-out erfolgte in einem Nebensatz.
Bild: Ein einziger von über 180 männlichen Dax-Vorständen ist schwul? Erzäh…
Es beginnt belanglos. Ein netter Plausch über Reitsport. Telekom-Vorstand
Niek Jan van Damme wird vom [1][Interviewer der Welt am Sonntag] gebeten,
ein Kunststück zu zeigen. „Piaffe, Passage, Pirouette“. Van Damme sagt:
„Die Kunststücke überlasse ich meinem Mann, der beruflich Grand Prix
reitet.“
Es geht weiter mit Pferden. Keine Nachfrage wie „Ihr Mann?“, ganz so, als
wäre das selbstverständlich, nichts Neues. Später erst eine Frage, wie die
Homosexualität – das Wort selbst wird übrigens im gesamten Interview nicht
erwähnt, ebenso wenig wie „schwul“ – im Unternehmen aufgenommen wurde. V…
Damme erzählt, dass die Kollegen seinen Mann kennen, dass er nie
Anfeindungen erlebt habe. Dass er aber auch „nicht als Botschafter
vorangehe“. Er will nicht als jemand gelten, „der aus Diversity-Gründen
dort ist, wo er ist.“
Man kann davon ausgehen, dass das Ganze exakt geplant und mit dem
Journalisten abgesprochen war. Denn es ist ein heikles Thema – noch immer.
Von gut 180 männlichen DAX-Vorständen war bis Sonntag keiner offen
homosexuell. Statistisch schier unmöglich. Insider sprechen von 10 bis 15
schwulen DAX-Vorständen, die ihnen bekannt sind. Einige machen daraus im
Unternehmen und in Hintergrundgesprächen mit Journalisten kein Geheimnis.
Andere fühlen sich genötigt, ein Doppelleben zu führen.
Großkonzerne hinken damit der gesellschaftlichen Realität hinterher.
Homosexuelle in Medien, Politik und Showbusiness sind heute kein Problem
mehr. Doch die Wirtschaft ist konservativer. Topmanager sind eine äußert
homogene Gruppe: heterosexuelle Männer aus dem Bürgertum. Ein schwuler Mann
passt in diese mächtigen Männerzirkel nicht hinein, in denen es um Geld und
Image geht. Ein offen schwuler Mann hat es häufig schwerer, überhaupt in
Top-Positionen aufzusteigen, über die meist diese älteren Heteromänner
entscheiden.
Niek Jan van Damme machte aus seiner Homosexualität im näheren Umfeld kein
Geheimnis, wollte sie bislang aber nicht medienöffentlich machen. Mit der
Telekom hat er dafür allerdings auch einen dankbaren Arbeitgeber.
## „Weiche“ Branche
Das Unternehmen ist Vorreiter in Sachen Diversity. In den „harten“
traditionellen Branchen wie Metall- oder Automobilindustrie wird man auf
einen offen schwulen Topmanager dagegen noch länger warten müssen. Hier
gelten andere Regeln als in den „weichen“ Branchen wie Telekommunikation
oder Medien.
Vor eineinhalb Jahren – kurz nachdem sich Apple-Chef Tim Cook als schwul
geoutet hatte – war auch in Deutschland die Diskussion über homosexuelle
Führungskräfte entbrannt. Experten sagten damals, dass sich von den
deutschen Topmanagern wohl niemand als Erstes rauswagen will, weil man
homophobe Reaktionen, einen Karriereknick und eine negative Medienwelle
fürchte. Van Damme hat es jetzt trotzdem getan, dafür gebührt ihm Respekt
und Dank – auch dafür, wie er sich geoutet hat – unaufgeregt und beiläufi…
Das befürchtete Medienecho zu seinem Coming-out blieb bislang aus – was
sicher auch daran liegen mag, dass die Welt am Sonntag es verdammt gut
versteckte. Weder im Titel noch im Teaser fand die Neuigkeit Erwähnung.
Trotzdem: Es zeigt, dass der Umgang mit Homosexualität etwas entspannter
geworden ist.
Eine letzte, große Bastion der Heteros aber bleibt: der Profifußball. Wie
entspannt die Gesellschaft tatsächlich ist, wird sich dann zeigen, wenn der
erste aktive Spieler sich outet. Vielleicht müssen selbst wir dann nicht
mehr darüber berichten.
23 Feb 2016
## LINKS
[1] http://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article152461005/Zuckerbrot-funkti…
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Telekom
Wirtschaft
Coming-Out
Tim Cook
Tim Cook
Apple
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