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# taz.de -- Kremlchef in Brisbane: Der Weg in die Selbstisolation
> Putin verlässt den G20-Gipfel vorzeitig, nachdem er wegen seiner
> Ukrainepolitik kritisiert wurde. Die Stimmung unter den Staatschefs ist
> frostig.
Bild: Freunde hat er sich nicht gemacht
MOSKAU taz | Er müsse am Montag wieder arbeiten, sagte Wladimir Putin auf
seiner abschließenden Pressekonferenz beim G20-Gipfel im australischen
Brisbane. Neun Stunden brauche er allein bis Wladiwostok im russischen
Fernen Osten und dann noch mal so lange bis nach Moskau, sagte der
Kremlchef sinngemäß. Russland ist groß. Größer und anstrengender als die
Staaten, die die anderen Regierungschefs vertreten, suggerierte der
Präsident. Das gemeinsame Arbeitsfrühstück am Sonntag hat er ausgelassen
und stattdessen zur Pressekonferenz geladen. Sie dauerte 25 Minuten, nur
russische Journalisten durften fragen.
Schon am Samstag kursierte in Moskau das Gerücht, Putin werde früher nach
Hause fahren. Angeblich war der Präsident mit dem Verlauf des Gipfels
unzufrieden, weil Russland wegen der Kämpfe in der Ostukraine zu sehr unter
Druck gesetzt worden sei. Eigentlich stand der Ukrainekonflikt gar nicht
auf der G20-Tagesordnung.
Am Ende war es aber doch der Krieg, der die Agenda beherrschte. Die
Atmosphäre muss frostig gewesen sein. So soll Kanadas Premier Stephen
Harper Putin beinahe den Handschlag verwehrt haben: „Ich denke mal, ich
gebe Ihnen die Hand, aber ich habe Ihnen nur eines zu sagen: Sie müssen aus
der Ukraine verschwinden.“
Putin soll wie immer geantwortet haben, er könne die Ukraine nicht
verlassen, weil Russland keine Konfliktpartei sei, verlautete aus der
russischen Delegation. Auch in der Pressekonferenz vermittelte der
Präsident den Eindruck, als stünde einer Konfliktlösung nichts im Wege,
wenn sich die „Partner“ –gemeint waren wohl die EU und USA – verständig
zeigen würden.
## Kreml hält an Konfrontationskurs fest
So entstand der Eindruck, dass der Kremlchef nicht nach Brisbane gekommen
war, um Lösungswege zu finden, sondern um das weltweite Mediengeschehen zu
beherrschen. In Gestik und Rhetorik unterschritt er nochmals die ansonsten
auch nicht heimelige Durchschnittstemperatur. Der Kreml hält am
Konfrontationskurs fest. Mit einem Stimmungswandel ist erst mal nicht zu
rechnen. Der Weg in die Selbstisolation bleibt das handlungsbestimmende
Motiv.
Gesprächsangebote sind insoweit nur noch von begrenztem Nutzen. Zumindest
für die Zeit des Austauschs garantieren sie, dass nicht noch Schlimmeres
passiert. Ähnlich scheint es Angela Merkel einzuschätzen, die sich auch für
ihr 37. Gespräch in diesem Jahr mit Putin dreieinhalb Stunden Zeit nahm.
Nur um erneut festzustellen, dass der Kremlchef sich von den Vorstellungen
des Kalten Krieges nicht lossagen kann.
Wobei die Parallele des Kalten Krieges für die Beschreibung des jetzigen
Zustands zu kurz greift. Der Kalte Krieg kannte klare, unverrückbare
Linien. Im Ukrainekrieg unterläuft Russland die Institutionalisierung von
Lösungsmechanismen, da er aus dem Westen keine militärischen Konsequenzen
zu erwarten hat. Da kann man – wie Putin – dann auch vorzeitig abreisen.
Auch dies war Teil der russischen Präsentation.
Ganz vereinsamt musste sich Putin jedoch nicht fühlen. Zu Mittag speiste er
mit der brasilianischen Kollegin Dilma Roussef. Putins
Präsidialadministration sprach davon, dass die vier anderen Brics-Staaten –
Brasilien, China, Indien und Südafrika – Russland in der Ukrainefrage ihre
Unterstützung bekundet hätten. Davon war in der Abschlusserklärung nach dem
Treffen der Brics-Regierungschefs jedoch keine Rede.
16 Nov 2014
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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