# taz.de -- Junge Islamisten aus Frankreich: Mit Facebook in den Dschihad | |
> Die Identifikation zweier junger Franzosen als Schlächter im Dienst des | |
> IS hat das Land zutiefst schockiert. Das war natürlich Absicht. | |
Bild: Der 22-jährige Franzose Maxime Hauchard im Video des IS. | |
PARIS taz | Das französische Innenministerium hat bestätigt, dass auf dem | |
jüngsten Video der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zwei junge | |
Franzosen identifiziert wurden. Beide waren unvermummt unter den Männern zu | |
sehen, die 18 syrische Gefangene sowie den Amerikaner Peter Kassig ermordet | |
haben. | |
Offensichtlich war es Absicht, dass diese Dschihadisten aus Frankreich | |
erkannt werden. Der Schock in Frankreich sitzt tief. Allein schon die | |
Vorstellung, dass junge Mitbürger, die in der Nachbarschaft aufgewachsen | |
sind, sich an derart abscheulichen Verbrechen beteiligen können oder sich | |
gar noch damit brüsten, hat die Franzosen entsetzt. | |
Die Identität und Geschichte der beiden IS-Henkern aus Frankreich ist nun | |
publik. Beide sind erst 22 Jahre alt und Konvertiten. Mickaël dos Santos | |
kommt aus dem Pariser Vorort Champigny-sur-Marne und war der Polizei | |
bereits bei Ermittlungen gegen radikale Islamisten aufgefallen. Maxime | |
Hauchard dagegen stammt aus der ländlichen Normandie. Das Dorfschild von | |
Bosc-Roger-en-Roumois mit dem Hinweis auf das Prädikat als Blumenstadt | |
ziert nun die Titelseiten der Zeitungen. Zurzeit sind dort fast ebenso | |
viele Journalisten wie Einwohnen. | |
Das Haus, wo der Dschihadist Hauchard früher gelebt hat, wirkt verlassen, | |
die Eltern sind geflüchtet. Die Nachbarn können sich kaum ausmalen, wie | |
furchtbar es für diese Familie sein muss, dass der Sohn nicht nur an | |
barbarischen Exekutionen beteiligt war, sondern in seinem Fanatismus | |
vorsätzlich in den Tod gehen will. Ein Onkel erzählt, sein Neffe habe vor | |
einem Jahr gesagt, er gehe als humanitärer Helfer nach Syrien. | |
## Jede Menge Nachwuchs-Dschihadisten | |
Seine Radikalisierung hatte aber lange vorher in aller Stille begonnen. Der | |
von allen als „netter Junge“ beschriebene Jugendliche wuchs in einer | |
katholischen, aber nicht besonders religiösen Familie auf und fand mit 16 | |
Jahren zum Islam. Als 20-Jähriger besuchte er eine Koranschule in | |
Mauretanien, die ihn aber offenbar eher enttäuscht hat. Laut Informationen | |
der Untersuchungsbehörden dürfte er vor allem via Internet Kontakt mit viel | |
radikaleren Kreisen gesucht haben. | |
In der Region von Rouen fand er vor seiner Abreise nach Syrien dem | |
Vernehmen nach Anschluss an eine Gruppe von Salafisten, von denen | |
mindestens ein anderes Mitglied in den Reihen von IS in Terroraktionen | |
involviert sein soll. Eine Nachbarin sagt, zuletzt habe Hauchard, den sie | |
schon als Kind kannte, sich Bart und Haare wachsen lassen und eine für | |
Salafisten typische „Dschellabiyah“ (ein bodenlanges Gewand) getragen. | |
Das Phänomen dieser Nachwuchs-Dschihadisten nimmt beängstigende Ausmaße an. | |
Laut Innenministerium sollen derzeit insgesamt 1.132 junge aus Franzosen in | |
verschiedenen islamistischen Organisationen tätig sein. 376 kämpfen in | |
Syrien und Irak, vorwiegend bei IS, 88 sind Frauen, mindestens 10 sind | |
minderjährig. | |
Wie rasch Jugendliche im Internet den Weg zum Fanatismus finden können, | |
erklärte ein Journalist des Onlinemagazins rue89.com. [1][Er erfand auf | |
Facebook ein Userprofil] unter dem Namen Ayoub, 20-jährig, Fan des Pariser | |
Fußballklubs PSG. Mit dem Klicken auf den Like-Button brachte er dann ein | |
unbestimmtes Interesse am Islam und am Nahen Osten zum Ausdruck, ohne aber | |
explizit „Freund“ einschlägig extremistischer Facebooknutzer zu werden. | |
Für diese Orientierung sorgten aber innert weniger Tagen die Algorithmen | |
des sozialen Netzwerks, das ihm plötzlich nur noch Freunde vorschlug, die | |
mit ihm über die Scharia und den Dschihad reden wollten. Nach vier Tagen | |
erhielt „Ayoub“ (auf Französisch und Arabisch) nicht nur religiöse | |
Ratschläge, wie er auf den rechten Weg finden könne, sondern auch Links zu | |
Bildern und Videos aus dem „heiligen Krieg“ der islamistischen Terroristen. | |
Das heißt aber nicht anderes, als dass die Funktionsweise des Netzwerks | |
Facebook zu einem äußerst effizienten Rekrutierungsinstrument macht. Seine | |
Erfahrung bilanzierte der Journalist unter dem Titel: „Wie Facebook mich | |
auf den Weg zum Dschihad gebracht hat.“ | |
20 Nov 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://rue89.nouvelobs.com/2014/10/21/comment-facebook-mis-voie-djihad-2556… | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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