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# taz.de -- Staatsaffäre in Frankreich: „Infames Märchen“
> Expremier Fillon plauderte, um das Comeback von Nicolas Sarkozy zu
> sabotieren. Das ist vorerst gescheitert. Aber die Affäre gedeiht
> prächtig.
Bild: Lieferte Sarkozy unabsichtlich neuen Auftrieb: Frankreichs früherer Prem…
PARIS taz | Der frühere Premierminister François Fillon von der
konservativen UMP sitzt in der Tinte. In einem am Mittwoch erscheinenden
Buch von zwei Le-Monde-Journalisten wird enthüllt, dass Fillon im Juni
Jean-Pierre Jouyet, den Generalsekretär des sozialistischen
Staatspräsidenten François Hollande, getroffen hat. Zwischen zwei Gängen
eines Mittagessens im vornehmen Restaurant „Ledoyen“ soll Fillon sich über
seinen Exchef, den früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy, beschwert haben.
Diesem Bericht zufolge war es Fillon sauer aufgestoßen, dass die UMP nicht
nur mit gefälschten Rechnungen dessen maßlos überzogene Wahlkampfausgaben
finanziert hat, sondern auch gleich noch die Geldbuße von rund einer halben
Million Euro, die ihm wegen der Überschreitung des gesetzlichen
Maximalbetrags aufgebrummt worden war.
Im September hat Jouyet den beiden Journalisten von dieser Unterhaltung
erzählt und Fillon verpetzt. Denn dieser habe gehofft, dass Hollande dank
Jouyets Vermittlung bei den laufenden Ermittlungen der Justiz gegen Sarkozy
Dampf machen werde. Fillon soll namentlich gesagt haben: „Wenn ihr nicht
schnell zuschlagt, lasst ihr zu, dass er (Sarkozy) zurückkommt.“ Das tönt
plausibel, denn Fillon möchte selber 2017 für die UMP bei den
Präsidentschaftswahlen antreten.
Gerade darum reagierte der Expremierminister äußerst aufgebracht. Er
bezeichnete diese von den Reportern kolportierte Version als „infames
Märchen“ und „Komplott“ gegen seine Ehre und seine Partei. Auch Jouyet
bestritt zunächst. Er hat eigentlich keinen speziellen Grund, Fillon als
Verräter anzuschwärzen, denn bevor dieser langjährige persönliche Freund
von Hollande Generalsekretär im Élysée und damit die rechte Hand des
Präsidenten wurde, war er nämlich unter Fillon und Sarkozy
Europa-Staatssekretär.
## Die Hände reibt sich Marine Le Pen
Jouyets Dementi wurde zu einem Eigentor. Denn seine Indiskretionen waren
von den Journalisten mit einem Diktiergerät aufgezeichnet worden.
Schließlich musste er einräumen, dass Fillon mit ihm über Sarkozy und
dessen Justizaffären gesprochen habe. Er betonte aber, dass er klargemacht
habe, dass Hollande anders als Sarkozy keinesfalls Druck in laufenden
Verfahren mache. Es gibt im Übrigen auch keinerlei Hinweise für eine
Intervention. Dennoch fordert die UMP jetzt Jouyets Rücktritt.
Für Fillon geht es um seine politische Zukunft. Er bezichtigte Jouyet als
„Lügner“; er verlangt die Herausgabe der Tonbandaufzeichnung und droht auch
Le Monde mit einer Klage. Doch bisher steht Aussage gegen Aussage. In der
UMP, in der sich zuerst alle geschlossen hinter Fillon gestellt hatten,
beginnen nun einige doch an seiner Loyalität zu zweifeln.
Sarkozy dagegen hat sofort begriffen, wie er Kapital aus dieser grotesken
Dolchstoßlegende schlagen kann. Er bezeichnet sich unverblümt als Opfer von
Intrigen einer Staatsführung, die „täglich lügt“ und „Schmutz auf die
Republik“ werfe.
Im Nachhinein mutet es geradezu paradox an, dass ein Buch, das Sarkozy und
seine Machenschaften entlarven sollte, aufgrund der Geschwätzigkeit eines
Mitarbeiters ihm nützt und seinen Gegnern schadet. Die Hände reibt sich
auch Marine Le Pen vom Front National: Diese unglaubliche Geschichte
veranschauliche bestens ihre Behauptung, dass die Sozialisten und
Konservativen unter einer Decke steckten.
Die Anekdote von einer vertraulichen Konversation bei einem Mittagessen ist
zum politischen Querschläger geworden, der eine Staatsaffäre ausgelöst hat.
Zudem müssen die beiden Journalisten mit einer Anzeige wegen der heimlichen
Aufnahme eines Interviews (mit Jouyet) rechnen, das offiziell „off the
records“ bleiben sollte.
11 Nov 2014
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
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