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# taz.de -- Islamisierung in der Türkei: Generation Erdogan
> In der AKP-Regierungszeit ist die Zahl der Schüler an religiösen Schulen
> deutlich gestiegen. Bald könnte Reli ab der 1. Klasse zum Pflichtfach
> werden.
Bild: Die Generation, die er will: Schülerinnen eines religiösen Gymnasiums w…
BERLIN taz | Manchmal zeigt sich die fortschreitende Islamisierung der
türkischen Gesellschaft in symbolisch wichtigen Dingen: dem Werbeverbot für
Alkohol und der Einschränkung des Alkoholverkaufs zum Beispiel, die im
Sommer dieses Jahres in Kraft traten. Sie zeigt sich in den, nun ja,
irritierenden Einlassungen des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Und
manchmal zeigt sie sich auch in Zahlen: den Schülerzahlen an religiösen
Schulen zum Beispiel.
Einer Untersuchung der türkischen Lehrergewerkschaft Eğitim-Sen zufolge
besuchten im Jahr 2003, dem ersten vollen Amtsjahr von Erdoğans Partei für
Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), 71.000 Schülerinnen und Schüler die
religiösen „İmam-Hatip-Schulen“. In diesem Jahr sind es 474.196 – ein
Anstieg um das sechseinhalbfache.
Damit ist fast der Höchststand von 1997 wieder erreicht, als unter dem
Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan, Erdoğans politischem Ziehvater,
511.000 Schüler an den religiösen Schulen registriert waren. Nachdem
Erbakan Anfang 1997 von den Militärs aus dem Amt gedrängt worden war, ging
diese Zahl drastisch zurück.
Eine entscheidende Maßnahme hierfür war, die Ausweitung der religiösen
Schulen auf die Mittelstufe wieder rückgängig zu machen. Im Jahr 2012
beschloss die AKP-Regierung, erneut die [1][Mittelstufen (Klassen sechs bis
acht) in die religiöse Ausbildung einzubeziehen]. Offizielle Angaben
darüber, wie viele Mittelschulen in religiöse Schulen umgewandelt wurden,
gibt es nicht. Der Lehrergewerkschaft zufolge waren dies 1.670
Mittelschulen binnen zwei Jahren. Zudem wurde mit dem Schuljahr 2010/11
damit begonnen, 1.477 reguläre Gymnasien in İmam-Hatip-Gymnasien
umzuwandeln.
Recep Tayyip Erdoğan hat mehrfach erklärt, er wolle [2][eine „religiöse
Generation“ heranziehen]. Kritiker sehen in den religiösen Schulen ein
zentrales Instrument für dieses Ziel. Sie kritisieren auch die
Unterrichtsinhalte; so gibt es immer wieder Berichte darüber, dass in den
umgewandelten Schulen praktisch kein Biologieunterricht stattfinde. Mädchen
und Jungen werden an diesen Schulen getrennt voneinander unterrichtet.
## Pflichtfach ab der ersten Klasse
Die „İmam-Hatip-Schulen“ (Priesterschulen) wurden 1951 unter der
konservativen Regierung von Adnan Menderes eingeführt und dienten anfangs
ausschließlich der Priesterausbildung. Nach dem Militärputsch von 1980
wurden die religiösen Gymnasien aufgewertet. Seither berechtigt der
Abschluss eines Priestergymnasiums zum Studium an einer Universität. Damals
waren es die Militärs, die sich später als Gralshüter des Laizismus
aufspielen sollten, die Interesse daran haten eine „religiöse Generation“
heranzuziehen. Der Islam schien ihnen als geeignetes Mittel zur Bekämpfung
der Linken.
Übrigens ist islamischer – genauer: sunnitischer – Religionsunterricht auch
an den regulären Schulen ab der vierten Klasse Pflichtfach. Auch das ist
eine Hinterlassenschaft der Militärjunta, die den obligatorischen
Religionsunterricht in der Verfassung verankerte. In diesen Tagen berät die
Nationale Schulkommission darüber, den Religionsunterricht bereits ab der
ersten Klasse einzuführen. Wie die [3][Tageszeitung Cumhuriyet berichtet],
wurden auf dieser Tagung Kritiker des Vorschlags der „Gottlosigkeit“
beschuldigt. Im Gespräch ist zudem die Einführung eines Faches „moralische
Werte“ in der Vorschule. Die Kommission tagt bis Samstag.
4 Dec 2014
## LINKS
[1] /!91541/
[2] /!95618/
[3] http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/turkiye/154376/Sanki_din_s_rasi.html#
## AUTOREN
Deniz Yücel
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