Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Furchtbares Leiden
> Eine moderne Seuche ist derzeit auf dem Vormarsch: Veganismus lässt sich
> nicht mehr aufhalten, geschweige denn in den Griff kriegen.
Bild: Im fortgeschrittenen Seuchenstadium sind Gummibärchen tabu – wegen der…
Die Modekrankheit Veganismus breitet sich in Deutschland weiterhin
unkontrolliert aus. In manchen Großstadtvierteln sollen schon fast jede
zweite Bewohnerin und jeder fünfte Bewohner an dem ansteckenden Leiden
erkrankt sein, das von vielen Betroffenen erstaunlich klaglos akzeptiert
wird. Vermutlich wirkt es direkt auf das Denkvermögen ein. Epidemiologen
wollen sich nur noch nicht festlegen, in welche Richtung.
Ohnehin mangelt es momentan an gesicherten Befunden über die angesagte
Szeneseuche, deren Reiz offenbar in den mannigfaltigen Einschränkungen
liegt, die sie mit sich bringt. Was man inzwischen weiß: Junge trifft es
öfter als Alte, urbane Hipster zahlreicher als Landwirte im Nebenerwerb und
Akademiker aus der oberen Mittelschicht häufiger als Mitarbeiter in der
fleischverarbeitenden Industrie.
Warum Frauen so viel häufiger an der beliebten Unverträglichkeit gegenüber
Tierprodukten leiden als Männer, ist jedoch noch völlig ungeklärt.
Spekulationen, dass Frauen einfach lieber Verzicht üben, konnten jedenfalls
wissenschaftlich nicht bestätigt werden.
Auch die Herkunft der Krankheit liegt weiter im Dunkeln, oft bei
schummrigem Kerzenlicht. Medizinische Studien konnten zeigen, dass sich die
meisten Betroffenen bei Freunden und Bekannten anstecken, die ihnen zum
Abendessen köstliche Knoblauch-Kürbis-Taler mit
Rote-Bete-Kichererbsen-Chutney servieren.
Wenn die Gastgeber begleitende Gespräche über Gewichtsreduktion und
Möglichkeiten der Leistungssteigerung anbieten, kommt eine Infektion mit
hoher Wahrscheinlichkeit zustande. Diese steigert sich noch einmal, wenn
zum Nachtisch erfrischende Kokos-Minz-Mango-Creme gereicht und
YouTube-Videos über Massentierhaltung gezeigt werden.
Hinterher ist den frisch Infizierten in der Regel höchst blümerant zumute.
Das liegt allerdings nicht an den scheußlichen Bildern aus der
Agrarindustrie, sondern am ungewohnt leichten Essen. Erst in den folgenden
Tagen haben die Kranken mit Schwindelgefühlen, Übelkeit und Brechreiz zu
kämpfen, sobald sie nur an Schweinehaxen, Eier und Milchprodukte denken
oder aber morgens auf dem Sofa mit angezogenen Lederstiefeln erwachen.
## Freiwillige Quarantäne
Günstiger Nährboden für den Ausbruch von Veganismus ist offenbar ein
schlechtes Gewissen, ganz gleich, ob es sich auf den Zustand des eigenen
Körpers oder den der Welt da draußen bezieht. Viele Erkrankte unterwerfen
sich deshalb begeistert den vielen Verboten und begeben sich freiwillig in
Quarantäne, indem sie nichtvegane Mitmenschen zu meiden beginnen.
Sie sprinten von veganem Frühstückscafé zu veganem Supermarkt, von da aus
zum veganen Mittagstisch und legen höchstens mal einen Zwischenstopp im
veganen Fitnessstudio oder bei ihrer veganen Marathongruppe ein, ehe sie
sich in der veganen Weinstube einen fleischfreien Schluck gönnen.
Die meisten von ihnen fühlen sich nämlich gar nicht krank. Im Gegenteil:
Durch die radikale Ernährungsumstellung, die ständig zu Aufmerksamkeit und
Entsagung zwingt, wähnen sie sich unverwundbar und leistungsfähig wie nie
zuvor. Diese eingebildete Energie brauchen sie aber auch, um den immensen
Aufwand zu bewältigen, der damit einhergeht.
Es ist wie in der Nachkriegszeit: Für alles muss pflanzlicher Ersatz
gefunden werden, von der Milch über die Butter, das Ei, den Honig bis hin
zum Doppelcheeseburger mit extra Bacon. Viele Erkrankte suchen ihr Heil
darum in dem, was in früheren Zeiten Analogkäse genannt und als preiswerter
Pizzabelag missbraucht wurde: eine höchst raffinierte Komposition aus
Fetten und Eiweißen nichttierischer Herkunft, veredelt mit Emulgatoren,
Aromen, Verdickungsmitteln, Farbstoffen, Stabilisatoren und was das
Reagenzglas sonst noch so hergibt, die in den Kühltheken der Veganmärkte zu
ethisch gerade noch vertretbaren Preisen feilgeboten wird.
## Sparschwein ist nicht mehr drin
Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium müssen die Patienten nicht nur auf
Bienenwachskerzen, sondern auch auf Lederschuhe, -taschen und -peitschen
verzichten. Ebenfalls tabu sind Gummibärchen, sämtlich alle – wegen der
Bärchenform. Und diejenigen, die der Veganismus voll im Griff hat, können
sich natürlich kein Sparschwein leisten.
Das brauchen sie aber auch gar nicht. Alles Geld, das die Erkrankten nicht
direkt in Futtermittel und Vitamin-B-12-Präparate investieren, wandert in
die Suche nach nicht ganz so langweiligen Rezepten und also in Buchläden.
Experten schätzen, dass der Sortimentsbuchhandel mittlerweile der
zweitwichtigste Infektionsherd geworden ist.
Hier, wo die Erreger zwischen den Deckeln jeder zweiten Neuerscheinung
nisten, stecken sich lang gediente Veganer ständig aufs Neue an; hier kommt
es aber auch zu einer verblüffend hohen Rate von Erstkontakten mit der
Seuche. Da es außerhalb dieses Milieus der Buchkäufer so gut wie keine
Neuansteckungen gibt, halten manche Epidemiologen ein generelles
Bücherverbot für das einzige Mittel, mit dem sich die Krankheit besiegen
lässt.
8 Dec 2014
## AUTOREN
Mark-Stefan Tietze
## TAGS
Buchhandel
Veganismus
Bestseller
Seuche
Titanic
Trend
Schwerpunkt Pegida
Geheimdienst
Helene Fischer
Luxemburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Spott über Gott
Libérté toujours wie bei „Charlie Hebdo“? In Deutschland bleiben 100
Prozent Kunstfreiheit immer noch ein frommer Wunsch.
Die Wahrheit: Hoffnungsstreifen am Partyhorizont
2015 wird sich nicht alles ändern, doch was sich alles grundlegend ändert,
steht hier. Vorab: Der Weltuntergang wird um ein Jahr verschoben.
Die Wahrheit: „Lasst uns roh und munter sein …“
Die investigative Wahrheit-Reportage: als V-Mann undercover bei der
Weihnachtsfeier der Fragida-Bewegung in Frankfurt-Heddernheim.
Die Wahrheit: Pakt mit dem Teleteufel
Skandal: Die Geheimdienste haben mit den Netzbetreibern kooperiert. Und
dafür zahlten die Schlapphüte einen hohen Preis.
Die Wahrheit: Gerechtigkeit für Helene Fischer
Das sind die Folgen der Gerüchte: Die tendenziöse Berichterstattung der
Medien über die große Sängerin fällt auf sie selbst zurück.
Die Wahrheit: Die Gallenblase Europas
Willkommen in Luxemburg, einer wahren Wellness-Oase für sparsame
Superreiche und steuergeizige Weltkonzerne.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.