| # taz.de -- Die Wahrheit: Pakt mit dem Teleteufel | |
| > Skandal: Die Geheimdienste haben mit den Netzbetreibern kooperiert. Und | |
| > dafür zahlten die Schlapphüte einen hohen Preis. | |
| Bild: Wochenlang hingen die armen Agenten in den Warteschleifen fest. | |
| Seit Oberstufenzeiten wissen wir, dass Aufklärung den Keim der | |
| Selbstzerstörung in sich trägt. Man sollte also rechtzeitig damit aufhören, | |
| ehe einem der Salat um die Ohren fliegt. Die neuesten Enthüllungen aus dem | |
| Hause Snowden zeigen allerdings, dass insbesondere die angloamerikanischen | |
| Auslandsaufklärer weder Halt noch Skrupel kannten: Über Jahre hinweg | |
| kollaborierten die NSA wie auch ihr britisches Pendant mit einer späteren | |
| Vodafone-Tochter. Nur um ein paar Unterseekabel anzuzapfen, ließen sich | |
| seriöse staatliche Dienste mit Vertretern der berüchtigten | |
| Telekommunikationsbranche ein. | |
| Gerade die Geheimagenten hätten wissen müssen, mit wem sie da gemeinsame | |
| Sache machten. Netzbetreiber und Mobilfunkanbieter gelten als | |
| Vorzeigeprojekte der organisierten Kriminalität. Ihr Ziel ist es, die Welt | |
| unter sich aufzuteilen und jeden einzelnen ihrer Bewohner zu unterjochen. | |
| Mit der willkürlichen Zuteilung von Terminen und Leistungen brechen sie den | |
| Willen ihrer Opfer. Mit komplizierten Knebelverträgen versklaven sie diese | |
| und pressen das letzte Geld aus ihnen heraus. Was sie nahezu unbesiegbar | |
| macht: Die Lebenszeit derjenigen, die ihnen in die Hände fallen, bedeutet | |
| ihnen überhaupt nichts – sie pfeifen drauf. | |
| Aber sie tun alles, um Menschen in ihre Gewalt zu bringen. Sie lügen, | |
| betrügen und locken mit falschen Versprechungen; nirgends klaffen Werbung | |
| und Wirklichkeit so weit auseinander wie hier. Anfangs stellen sie dir ein | |
| neues mobiles Leben in Aussicht, dazu jede Menge Gratismonate, ködern dich | |
| mit den neuesten Smartphones für null Euro und unglaublichen Bitraten in | |
| HD-Qualität und LTE-Geschwindigkeit – zwölf Monate später aber zieht sich | |
| die Schlinge gnadenlos zu. Dann wird unbarmherzig abkassiert, bis der Dispo | |
| quietscht und der Schuldturm winkt. | |
| Diesem abgefeimten Treiben dürften die Männer vom Geheimdienst kaum | |
| gewachsen gewesen sein. Woche um Woche verbrachten die tapferen Spione | |
| vermutlich in den Warteschleifen von Callcentern und schnitten Ansagen und | |
| Plätschermusik mit, ehe sie brutal zu irgendjemandem durchgestellt wurden, | |
| der sie irgendwann zu jemandem durchstellte, der ihnen eine andere | |
| kostenpflichtige Rufnummer empfahl. Wer es lediglich gewohnt ist, über tote | |
| Briefkästen zu kommunizieren, ahnt gar nicht, um wie viel toter eine | |
| gewöhnliche Service-Hotline sein kann. | |
| Monatelang dürften die Schlapphüte dann gezittert haben, ob ihre Mails | |
| beantwortet werden oder nicht. Ob unterschiedliche Ansprechpartner auch | |
| ähnliche Antworten geben oder nicht. Und vor allem: ob überhaupt jemand zu | |
| den vereinbarten Verhandlungsrunden in aufwendig verwanzten Tagungsräumen | |
| kommt oder nicht. Wenn es nach unendlichen Mühen doch so weit gewesen sein | |
| mochte, müssen den Agenten die Köpfe geschwirrt haben angesichts der | |
| undurchschaubaren Tarifangebote, die ihnen von den Abzockprofis vor die | |
| Sonnenbrillen geknallt wurden. Selbst die besten ihrer Kryptografen dürften | |
| vom Kleingedruckten überfordert gewesen sein und sich schließlich irgendwo | |
| in den Fußnoten verirrt haben. | |
| Alsdann die nächste dicke Überraschung: Obwohl die Geheimdienstler meinten, | |
| extrem vorsichtig gewesen zu sein, Spitzel im anderen Lager zu haben, und | |
| sogar ihre eigene Geheimtinte benutzten, hatten sie am Ende Dutzende von | |
| Verträgen mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten und ebenso langen | |
| Kündigungsfristen rechtsverbindlich unterzeichnet. Da war wohl die | |
| Geheimtinte das Papier nicht wert, auf dem sie entwickelt wurde. | |
| Das wichtigste aber: Selbstredend funktionierte der gewünschte | |
| Datentransfer anschließend nicht. Beziehungsweise: Mal funktionierte er, | |
| dann wieder nicht. Bei ihren Reklamationen wurden die Männer ewig | |
| hingehalten, dann mit nackter Willkür mürbe gemacht. Mal gab es eine | |
| Gutschrift über ein paar schlüpfrige Extrageheimnisse, dann plötzlich ein | |
| Storno der Freiminuten fürs Belauschen des Kanzlerinnenhandys, schließlich | |
| eine verblüffend einseitige Tariferhöhung, für die Barack Obama und David | |
| Cameron jeweils einen eigenen Nachtragshaushalt verabschieden mussten. Die | |
| meisten der Mitarbeiter in den Arbeitsgruppen wurden anschließend | |
| krankgeschrieben, viele befinden sich heute noch in psychiatrischer | |
| Behandlung. | |
| Diese Form der „Zusammenarbeit“ muss die Agenten jahrelang in Beschlag | |
| genommen und Milliarden von britischen und US-amerikanischen Steuergeldern | |
| verschwendet haben. Sie hat die Nachrichtendienstarbeit der staatlichen | |
| Aufsicht entzogen und die kriminelle Telekommunikationsbranche mit | |
| Staatsgeldern gepäppelt. War es das wert? Vermutlich nicht. Aber wenigstens | |
| wissen zwei große Geheimdienste jetzt, wie hoch der Preis dafür ist, wenn | |
| man sich mit dem Teufel einlässt. | |
| 1 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Mark-Stefan Tietze | |
| ## TAGS | |
| Geheimdienst | |
| Netzbetreiber | |
| Abhören | |
| Trend | |
| Schwerpunkt Pegida | |
| Buchhandel | |
| Helene Fischer | |
| Luxemburg | |
| Joachim Gauck | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Die Wahrheit: Hoffnungsstreifen am Partyhorizont | |
| 2015 wird sich nicht alles ändern, doch was sich alles grundlegend ändert, | |
| steht hier. Vorab: Der Weltuntergang wird um ein Jahr verschoben. | |
| Die Wahrheit: „Lasst uns roh und munter sein …“ | |
| Die investigative Wahrheit-Reportage: als V-Mann undercover bei der | |
| Weihnachtsfeier der Fragida-Bewegung in Frankfurt-Heddernheim. | |
| Die Wahrheit: Furchtbares Leiden | |
| Eine moderne Seuche ist derzeit auf dem Vormarsch: Veganismus lässt sich | |
| nicht mehr aufhalten, geschweige denn in den Griff kriegen. | |
| Die Wahrheit: Gerechtigkeit für Helene Fischer | |
| Das sind die Folgen der Gerüchte: Die tendenziöse Berichterstattung der | |
| Medien über die große Sängerin fällt auf sie selbst zurück. | |
| Die Wahrheit: Die Gallenblase Europas | |
| Willkommen in Luxemburg, einer wahren Wellness-Oase für sparsame | |
| Superreiche und steuergeizige Weltkonzerne. | |
| Die Wahrheit: „Er ist mir unheimlich!“ | |
| Das Wahrheit-Interview: Das Hausgespenst vom Schloss Bellevue über seinen | |
| Clinch mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck. |