# taz.de -- Bio und Verbraucherschutz: Grüne bei Bio konservativ | |
> Die Pläne der EU-Kommission, die Bio-Verordnung stärker am | |
> Verbraucherschutz auszurichten, kommt bei den grünen Agrarministern im | |
> Norden nicht so gut an. | |
Bild: Pestizide im Essen finden die meisten blöd - unklar bleibt, wer dafür h… | |
KIEL/BREMEN taz | Auf Widerstand aus Norddeutschland stoßen die Pläne der | |
EU-Kommission, die Bio-Verordnung stärker am Verbraucherschutz | |
auszurichten. Heute entscheidet die „Europaregierung“, ob das | |
Landwirtschaftsressort von Phil Hogan das von seinem Vorgänger Dacian | |
Ciolos geerbte Gesetzesvorhaben weiter verfolgt: Der [1][Agrarausschuss] | |
des EU-Ministerrats hatte gestern über die Vorschläge für die Neufassung | |
des Rahmengesetzes beraten und war dem Kompromissvorschlag des Iren mit | |
Wohlwollen begegnet. | |
Die Grundzüge hatte Hogan am Freitag per Gastkommentar in der taz | |
[2][skizziert]. „Mir liegt die europäische Biolandwirtschaft am Herzen“, | |
hatte er betont, jedoch an der Diagnose des Reformbedarfs festgehalten: Das | |
aktuelle Regelwerk werde „manchen Herausforderungen nicht mehr gerecht“. | |
Das sehen Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) und sein | |
schleswig-holsteinischer Amts und Parteikollege Robert Habeck anders. Beide | |
forcieren seit Amtsantritt den Ausbau der Bio-Landwirtschaft. „Der | |
Ökolandbau braucht endlich Planungssicherheit statt Verunsicherung“, wandte | |
sich Meyer nun gegen ein Projekt der „Totalrevision“ – und erinnert daran, | |
dass die jüngsten Änderungen der „Öko-Basisverordnung“ erst seit 2009 | |
gelten. Mit „einer Komplett-Reform würde man fahrlässig den Boom bei Bio | |
bremsen“, warnt Meyer. | |
Etwas moderater räumte Habeck zwar ein, die Bio-Verordnung sei „kein | |
Dogma“, nannte aber die Novellierungs-Pläne „eher kontraproduktiv“. | |
Immerhin sei Hogans Vorschlag „ein Signal hin zu größerer | |
Kompromissbereitschaft“: Einen ersten Entwurf für eine neue Bio-Verordnung | |
hatte im März der damalige Agrarkommissar Dacian Ciolos vorgestellt. Der | |
[3][sorgte] allerdings für [4][Entsetzen] bei der [5][Bio-Lobby]: Auf die | |
Barrikaden getrieben hatte sie insbesondere der Vorschlag, für Bio-Obst und | |
Gemüse strengere Pestizid-Grenzwerte einzuführen. | |
Tatsächlich müssen Öko-Landwirte auf den Einsatz chemischer | |
Pflanzenschutzmittel seit jeher verzichten – und die geringere Belastung | |
mit den Giften ist das stichhaltigste Argument, teurere Bio-Produkte zu | |
kaufen. Und dort, wo sich der ökologische Landbau stärker aus einem | |
Verbraucherschutzdenken entwickelt hat wie beispielsweise in den USA, | |
gelten deutlich strengere Auflagen: Überschreitet der Pestizidgehalt in | |
ökologisch angebautem Gemüse oder Obst fünf Prozent der in konventionellen | |
Früchten tolerierten Konzentration, darf es in den Vereinigten Staaten | |
nicht mehr als „organic“ gehandelt werden. | |
Kontrollen von Bio-Lebensmitteln speziell aufs Endprodukt auszurichten, | |
empfände Meyer indes als „Frontalangriff“, schließlich sei das | |
Markenzeichen von Öko und Bio doch, „dass vom Acker bis zum Teller die | |
verschiedenen Stufen des Produktionsprozesses unter die Lupe genommen“ | |
würden. | |
Habeck verwies darauf, dass stichprobenartige Untersuchungen ohnehin immer | |
wieder „bestätigen, dass Ökoprodukte deutlich weniger mit Rückständen | |
belastet“ seien als konventionelle. Zugleich dürfe niemand „für das haftb… | |
gemacht werden, was andere verursacht haben“, so der | |
schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister. | |
In dieser Frage hatte Hogan allerdings deutlich gegenüber dem | |
Ciolos-Entwurf nachgesteuert. Hatte der noch einseitig auf die | |
Produktsicherheit fokussiert, fragte der seit November amtierende Hogan in | |
der taz, wie unter einem derartigen Grenzwert-Regime „dem Biobauern der | |
entgangene Gewinn ersetzt werden“ könne „und durch wen?“, ohne freilich | |
eine konkrete Finanzierungsidee zu entwickeln. | |
Lob fand Habeck für den Kommissions-Plan, Importe den EU-Regeln zu | |
unterwerfen. „Die Verbraucher erwarten zu Recht einen hohen und vor allem | |
gleichen Standard bei Öko-Produkten“, sagte er. Es sei daher „folgerichtig, | |
dass auch für Drittlandimporte die EU-Standards gelten sollen“. | |
15 Dec 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://video.consilium.europa.eu/webcast.aspx?ticket=775-979-15236 | |
[2] /!ui=taz_akt_704367/ | |
[3] http://www.ifoam.org/ | |
[4] http://www.boelw.de/ | |
[5] http://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Loewenstein-Stoppt-die-Totalrevi… | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
Benno Schirrmeister | |
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