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# taz.de -- Annäherung von Kuba und den USA: Zwischen Aufregung und Hoffnung
> Die Kubaner hoffen auf bessere Internetverbindungen oder ein wenig
> Baumaterial. Andere Dissidenten sind skeptisch, ob sich die Lage
> tatsächlich ändert.
Bild: Jubel in Havanna: Kubaner freuen sich am Mittwoch über die Freilassung d…
HAMBURG taz | Die Schlange vor dem Cybercafé vom Focsa war so lang, dass
Iván García abdrehte und nach einer Alternative suchte, um ins Internet zu
kommen. „Die Rede von Staatschef Raúl Castro hat eingeschlagen wie eine
Bombe und alle Welt ist froh, dass der Kalte Krieg nun auch bald zwischen
Kuba und den USA beendet sein wird“, sagt García, der aussieht wie ein in
die Jahre gekommener Basketballer. Er arbeitet seit Mitte der 1990er Jahre
als unabhängiger Journalist für spanische und US-amerikanische
Tageszeitungen, aber auch für mehrere exilkubanische Nachrichtenportale.
In Havanna hat die Nachricht, dass die USA eine neues Kapitel in ihrer
Kubapolitik aufschlagen wollen, viele Begeisterung, aber auch Skepsis
hervorgerufen. Die bekannte kubanische Bloggerin [1][Miriam Celaya
schreibt] in der kubanischen Online-Tageszeitung 14ymedio, dass der
„gordische Knoten der Konfrontation und der Immobilität“ durchschlagen
worden sei. Die gebetsmühlenartige Wiederholung von altbekannten Positionen
hängt nicht nur ihr zu den Ohren raus, sondern auch großen Teilen der
Bevölkerung.
Künftig sei Schluss mit Formulierungen wie „Söldner im Dienst eines
feindlichen Landes“, hofft Celaya, die sich solche Vorwürfe anhören musste,
weil sie an Veranstaltungen in der US-Interessenvertretung am Malecón in
Havanna teilgenommen hatte.
Bald könnte das Haus wieder zur Botschaft aufgewertet werden. Kaum mehr als
die Schilder müssten geändert werden, schließlich diente das stattliche
Funktionsgebäude schon vor der Revolution von 1959 als Botschaft der USA.
„Dort Schlange zu stehen, um Papiere für die Ausreise zu beantragen, war
aber nie Normalität“, erklärt Iván García, der erst vor zwei Wochen aus d…
USA zurückkam, wo er ein Journalistenseminar absolvierte. Das ist Neuland
und Celaya blickt der Normalisierung optimistisch entgegen.
## Barack Obamas zensierte Rede
Anders die Sprecherin der „Damen in Weiß“. Berta Soler glaubt nicht, dass
Demokratie und die Freiheit des Volkes mit diesen Zugeständnissen Obamas zu
erreichen seien. Sie ist ähnlich wie die im Pariser Exil lebende
Schriftstellerin Zoé Valdés der Meinung, dass die USA Raúl Castro zu weit
entgegengekommen seien. Die Rede Barack Obamas sei immer noch nicht in
ganzer Länge im kubanischen Fernsehen gezeigt worden – Business as Usual
eben, kritisiert Valdés.
Damit ist sie nicht allein, aber es gibt auch Dissidenten wie Martha
Beatriz Roque, die zum Abwarten mahnen. Man müsse beobachten, wie es in den
nächsten Monaten weitergehe, schließlich liege der Ball nun in der Hälfte
von Raúl Castro. Er habe sich verpflichtet, politische Gefangene
freizulassen, und dass seien Voraussetzungen für den direkten Dialog.
Bei vielen Kubanern herrscht hingegen Euphorie und die Hoffnung, dass mit
der Annäherung auch ökonomische Impulse für die marode Inselwirtschaft
einhergehen werden. Schon die Erhöhung der Summe von 500 auf 2.000
US-Dollar, die Familienangehörigen alle drei Monate überwiesen werden darf,
könnte für einen neue Welle von Kleinbetrieben auf der Insel führen,
prognostizieren Ökonomen wie Pavel Vidal. Investitionskapital ist knapp auf
der Insel, und eine der großen Reformen der Regierung wird gerade zu Grabe
getragen.
## Kubas Abhängigkeit von Lebensmittelimporten
Die wichtigste Agrarreform, die Vergabe von staatlichem Agrarland zur
Nutzung an landlose Kleinbauern, „bringt keine Resultate“ wie es in Havanna
heißt. De facto heißt das, dass die Bauern keine ausreichenden Erträge
produzieren und die Versorgung mit Lebensmitteln sich in Kuba nicht
merklich verbessert hat. Folgerichtig müssen weiterhin großen Mengen an
Lebensmitteln aus den USA und anderen Lieferländern wie Brasilien
importiert werden.
Neue Optionen für die Insel wären daher nötig. Schon die Option
Baumaterialien und einige andere Produkte, die nicht direkt unter das
Handelsembargo fallen, direkt aus den USA zu importieren, ist daher ein
attraktives neues Geschäft.
Darüber macht man sich Gedanken, so Iván García. „Doch auch billigere
Telefongespräche und bessere Internetleitungen sind aus unserer Sicht ein
Faktor“, so der Journalist. Derzeit gibt er im Monat zwischen 20 und 40
US-Dollar für den Gang zum Internetcafé aus. Ein ökonomischer Faktor, der
zukünftig wegfallen könnte – falls sich die beiden Seiten auf ein Modell
einigen sollten. Das steht allerdings genauso in den Sternen wie das Ende
des Handelsembargos, über das in Kuba viel diskutiert wird. Das ist jedoch
Zukunftsmusik. „Nur wenige Kubaner wissen, dass es ein Gesetz ist, welches
nur mit großer Mehrheit rückgängig gemacht werden kann“, sagt García.
18 Dec 2014
## LINKS
[1] http://www.14ymedio.com/opinion/Conquistar-democracia-tarea_0_1690630922.ht…
## AUTOREN
Knut Henkel
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