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# taz.de -- Annäherung zwischen den USA und Kuba: Zuerst das Geschäft
> Eine hochrangige Delegation des US-Außenministeriums verhandelt ab
> Mittwoch in Havanna. Der Wandel vollzieht sich rascher als angenommen.
Bild: Havanna: die kubanische und die US-Flagge vor dem Hotel Saratoga, in dem …
NEW YORK taz | Wer Kuba noch einmal vor der Ankunft der McDonald‘s,
Starbucks und Pizza Hut erleben will, muss sich beeilen. Denn die
Annäherung mit dem großen Nachbarn geht plötzlich schnell voran. Nachdem
die USA in der vergangenen Woche eine Serie von Reise- und
Handelserleichterungen verkündet haben, ist in dieser Woche eine
hochrangige Delegation aus Washington in Havanna. Hauptthema der
zweitägigen Gespräche ist die Wiedereröffnung der Botschaften sowie die
Handlungsfreiheit für künftige Diplomaten.
In den letzten Jahren standen sowohl die „Interessenvertreter“ der USA in
Havanna, als auch jene von Kuba in Washington de facto unter Stadtarrest.
Sie durften die Hauptstadt nur mit Genehmigung der jeweiligen Regierung
verlassen.
Kurz vor Auftakt der Gespräche bekam Präsident Barack Obama für seinen Kurs
der Annäherung am Montag ein [1][Unterstützungsschreiben von 78
Prominenten] aus Politik, Geschäftswelt und Universitäten. Die
Unterzeichner – darunter eine Mehrheit von Demokraten, aber auch Ronald
Reagans Außenminister George Shultz sowie US-kubanische Geschäftsleute –
loben den US-Präsidenten für seinen „Mut“ und für sein Vorgehen „im
nationalen Interesse“. Die US-Methoden der zurückliegenden 54 Jahren
bezeichnen sie als „gescheitert“.
Die Motive der Unterzeichner driften weit auseinander. Viele wollen mit
einer neuen Kuba-Politik zugleich die Isolierung der USA in Lateinamerika
beenden. Die US-kubanischen Unterzeichner, darunter der Zucker-Tycoon
Alfonso Fanjul, haben wirtschaftliche Interessen. Gerade letztere zeigen,
dass es Obama gelungen ist, mit seiner 180-Grad-Wende einen Keil in die
kubanische Diaspora zu treiben. Mehrere Vertreter der alten Kuba-Lobby in
Florida, die seit Jahrzehnten den Ton in der US-Kuba-Politik angegeben hat,
wüten jetzt gegen Fanjuls „Verrat“.
Der republikanische Abgeordnete Mario Diaz-Balart spricht von
„kurzfristigem Profitinteresse“. Seine Kollegin Ileana Ros-Lehtinen, nennt
es „erbärmlich“, dass Fanjul dabei helfe, „den kommunistischen Gangstern…
Kuba mehr Geld für die Repression“ zu verschaffen. Die große Öffentlichkeit
nimmt Obamas neue Kuba-Politik positiv auf. Eine Pew-Umfrage aus diesem
Monat zeigt, dass 63 Prozent eine Intensivierung der Beziehungen zu Kuba
wünschen und nur 28 Prozent dagegen sind. 66 Prozent der Befragten wünschen
auch eine Aufhebung des Embargos.
## US-Amerikaner unter 50 wünschen sich Tauwetter
Doch letzteres kann Obama nicht im Alleingang entscheiden. Dazu ist die
Zustimmung des US-Kongress nötig. Und die ist angesichts der
republikanischen Mehrheiten in beiden Kammern nicht in Sicht. Allerdings
dürfte es republikanische Kongressabgeordnete nachdenklich stimmen, dass
die unter 50jährigen in den USA – auch solche, deren Vorfahren aus Kuba
stammen – quer durch alle Parteien ein Tauwetter mit Kuba wünschen. Pew
fragte auch, ob die bilaterale Annäherung mehr Demokratie in Kuba bringen
würde. Das erwarten nur 32 Prozent der Befragten.
Die US-Delegation in Havanna, unter Führung von Roberta Jacobson, die im
US-Außenministerium für die westliche Hemisphäre zuständig ist, will
erreichen, dass US-Diplomaten sich unkontrolliert in Kuba bewegen können
und dass Kubaner freien Zugang zur US-Botschaft bekommen.
Zugleich will die US-Regierung schon bei dem ersten Treffen auch über
Abschiebungen und Auslieferungen reden. Washington möchte die Auslieferung
der politischen Flüchtlinge aus den USA, die in Kuba Asyl genießen.
Darunter die in den USA wegen eines Polizistenmordes gesuchte ehemalige
Black Panther-Aktivistin Assata Shakur. Sie bestreitet jede Beteiligung.
Außerdem suchen die USA nach Möglichkeiten, Kubaner, die wegen Straftaten
in den USA verurteilt worden sind, abzuschieben. Theoretisch könnte das bis
zu 34.000 Kubaner betreffen. Viele von ihnen haben ihre Strafen längst
abgesessen, konnten aber – anders als fast alle anderen straffällig
gewordenen Ausländer – anschließend nicht abgeschoben werden. Viele
Betroffene waren so sicher, dass es zu ihrer Lebzeit nicht zu einer
Abschiebung kommen könnte, dass sie ihre „Deportationsbescheide“ als reine
Formsache gewertet und nicht einmal angefochten haben. Seit einigen Wochen
lassen sie bei Rechtsanwälten in Florida die Telefonleitungen heiß laufen.
## Computer und Handys aus den USA
Das andere heikle Thema steht bislang nicht auf der offiziellen
Tagesordnung: Die Ansprüche von Kubanern und US-Amerikanern, die nach der
Revolution enteignet worden sind. Sie gehen in die Millardenhöhe. Bislang
stehen sie nicht auf der offiziellen Gesprächstagesordnung. Das Thema
„Terrorismus“ hat John Kerry ausgelagert. Der Außenminister hat eine
Untersuchung angeordnet, die herausfinden soll, ob Kuba tatsächlich auf die
Liste der Länder gehört, die nach US-Interpretation Terrorismus
unterstützen. Das Ergbnis will er in sechs Monaten vorlegen.
Die geschäftliche Annäherung läuft als erstes. US-Bürger und Unternehmen
dürfen künftig bestimmte elektronische Geräte – darunter Handys und
Computer – ohne Genehmigung der US-Regierung schicken. Privatleute dürfen
ab sofort mehr Geld (2.000 Dollar pro Vierteljahr) überweisen. Und
US-Unternehmen dürfen Geschäfte und Landwirtschaftliche Betriebe
„unterstützen“.
Wie die künftige Reisefreiheit für US-Bürger aussieht, ist kniffeliger und
langwieriger. Nachdem bislang eine Sondergenehmigung des
US-Finanzministeriums für jede Kuba-Reise nötig war, dürfen künftig
bestimmte US-Bürger ohne US-Genehmigung reisen. Allerdings ist Tourismus
bislang kein von den USA gestattetes Reisemotiv. Und bevor die ersten
Linienflüge von den USA nach Kuba gehen, wird – wegen des langwierigen
Luftfahrtgenehmigungsprozesses – noch mindestens ein Jahr vergehen.
20 Jan 2015
## LINKS
[1] http://www.as-coa.org/articles/open-letter-president-obama-support-new-cour…
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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