# taz.de -- Kommentar zu Obamas Rede zur Nation: Offensiv gegen die Republikaner | |
> Politisch kann der US-Präsident nichts mehr verändern. Also sagte er, was | |
> er denkt und ging die Konservativen frontal an. | |
Bild: Kämpferisch und ohne große Kompromissbereitschaft: Barack Obama bei sei… | |
Keinen Millimeter ist US-Präsident Barack Obama in seiner Rede zur Lage der | |
Nation in der Nacht zum Mittwoch auf die Republikaner zugegangen. | |
Obama weiß, dass die republikanische Mehrheit keinen einzigen seiner | |
Vorschläge, etwa zu einer höheren Besteuerung der Gutverdiener, zur | |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder zur Aufhebung der Studiengebühren | |
für bestimmte Studenten an den öffentlichen finanzierten Community Colleges | |
verabschieden wird. Und doch hat er eine kämpferische Rede gehalten, hat | |
seine eigenen Errungenschaften verteidigt und wiederum eine größere | |
Verantwortung des Staates für das Wohlergehen der Mittelschicht angemahnt. | |
Er hat vom Klimaschutz gesprochen und von seiner Bereitschaft, jeden | |
Versuch der Republikaner, die Gesundheitsreform zurückzudrehen, per Veto zu | |
stoppen. | |
Retrospektiv wirkt das alles vollkommen verrückt. Als Obama demokratische | |
Kongressmehrheiten hatte, versuchte er sich im Kompromiss mit den | |
Republikanern und scheiterte. Jetzt, da diese Mehrheiten verloren sind, | |
geht er die Konservativen frontal an. | |
Andersherum wäre besser gewesen. Doch die Erklärung scheint recht simpel: | |
Obama konnte zu Recht vermuten, dass der konservative Flügel seiner eigenen | |
Partei eine zu liberale Agenda nicht mitgetragen hätte – und hatte in | |
seiner ersten Amtszeit, wo es noch um eine Wiederwahl ging, nicht die | |
Traute zur Offensive. Jetzt, vor seinen letzten zwei Jahren im Weißen Haus, | |
ist das vollkommen egal. Anders gesagt: Wenn er eh nichts mehr umsetzen | |
kann, kann er auch einfach sagen, was er denkt. | |
Für die Regierungsfähigkeit der USA heißt das zunächst einmal: Nichts wird | |
sich verändern. Obama hat mit der Verordnung zur Migrationspolitik, die | |
einigen Millionen Papierloser Schutz vor Deportation gewährt, einen Pflock | |
eingeschlagen, er hat die Wende der Kubapolitik eingeleitet, er besteht auf | |
dem Fortgang der Verhandlungen mit dem Iran und will neue Sanktionen gegen | |
das Land verhindern. Da kann er noch etwas bewegen, um in die Geschichte | |
einzugehen. | |
Was Steuerpolitik und dringend notwendige Investitionen in Bildung und | |
Infrastruktur angeht, wird er genauso scheitern wie in den Jahren zuvor – | |
in diesen Punkten wird er der Präsident bleiben, der Recht hatte. Das ist | |
ein bisschen so – wenn das deutsche Wahlsystem das zuließe -, als wäre | |
Navid Kermani Bundeskanzler, aber die Pegida hätte die Mehrheit im | |
Bundestag. | |
21 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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