# taz.de -- Erinnerung an Brechmittel-Opfer: Condé-Denkmal auf dem Weg | |
> Am Mittwoch vor zehn Jahren starb Laye Condé an den Folgen von | |
> Brechmittel-Folter. Ein permanentes Denkmal gegenüber der Kunsthalle wird | |
> konkreter. | |
Bild: Nur ein vorrübergehendes Gedenken: die Umbenennung der Sielwallkreuzung … | |
Zum zehnten Todestag von Laye Condé werden die Planungen für ein | |
permanentes Denkmal immer konkreter. Am 7. Januar 2005 war der aus Sierra | |
Leone stammenden Condé an der Zwangsvergabe von Brechmitteln in | |
Polizeigewahrsam gestorben, an einer Folter, die jahrelang in Bremen | |
politisch gewollt und von der Justiz als legitim angesehen wurde. | |
Während AktivistInnen um die „Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé“ | |
in den vergangenen Jahren am Todestag immer ein provisorisches Denkmal an | |
der Sielwallkreuzung aufstellten, soll am Mittwoch eine Aktion gegenüber | |
der Kunsthalle stattfinden: Am Rande der Wallanlagen ist hier der Standort | |
für einen festen Gedenkort geplant. | |
Gespräche mit dem Ortsamt und dem Beirat Mitte wurden geführt, ein | |
klärender Termin mit dem Denkmalpfleger und dem Umweltbetrieb Bremen steht | |
an. Der Gedenkort solle „mahnend erinnern, dass kein Mensch im Zuge | |
staatlicher Maßnahmen gequält oder gar getötet werden darf“, heißt es von | |
der Initiative. | |
Der konzeptionelle Entwurf stammt von den Künstlerinnen Doris Weinberger | |
und Jule Körperich: In einem Ensemble aus vier Metallstühlen, wie sie in | |
der westafrikanischen Region, aus der Laye Condé geflohen ist, gebräuchlich | |
sind, ist einer der Stühle umgekippt – laut Initiative als „Zeichen für d… | |
Tötung Condés und den zivilisatorischen Bruch der langjährigen | |
Brechmittelvergabe“ insgesamt. Daneben sollen eine Gedenktafel und mehrere | |
Tonspuren auf einem Abspielgerät über die Hintergründe informieren sowie | |
eine Website entstehen. | |
„Wir stehen dem sehr positiv gegenüber“, sagt der Grünen-Politiker Michael | |
Rüppel, Sprecher des Beirates Mitte. Er hoffe, dass der Beirat noch in den | |
nächsten Monaten den Standort und Entwurf beschließt. „Ich gehe davon aus, | |
dass das Denkmal beim nächsten Todestag fertig ist“, so Rüppel. | |
Laut Gundula Oerter von der Initiative sei der Denkmals-Standort mit | |
Bedacht gewählt: „Einerseits mit Kontakt zum ’Viertel‘, in dem die Mehrz… | |
derjenigen festgenommen wurden, die der Brechmittel-Folter unterzogen | |
wurden. Andererseits mit Kontakt zur Innenstadt, wo sich mit der | |
Bürgerschaft, der Justiz und bis 1999 dem Polizeipräsidium die | |
Institutionen befinden und befanden, die maßgeblich für den über | |
1.000-maligen Einsatz von Brechmitteln verantwortlich waren.“ | |
Im Sommer war dieses „Brechmittel-System“ auf einem öffentlichen „Hearin… | |
dargestellt und kritisiert worden, unter anderem durch den grünen | |
Fraktionsvorsitzenden Matthias Güldner, den Arzt Hans-Joachim Streicher | |
sowie von Danja Schönhofer und Mathias Brettner vom Anti-Rassismus-Büro. | |
Zum Todestag kommt nun eine schriftliche Dokumentation dieses Hearings | |
heraus. Es gehe darum, dass die Gefahren bei allen verantwortlichen Stellen | |
bekannt waren und bewusst in Kauf genommen wurden, heißt es von der | |
Initiative: „Während sich Polizeipräsident Lutz Müller bei mehreren | |
Gelegenheiten zur Verantwortung seiner Behörde bekannt hat, fehlt aus den | |
Reihen der federführend verantwortlichen SPD, aber auch aus der Justiz | |
sowie der Ärztekammer bis heute noch jede Übernahme von Verantwortung“, | |
sagt Volker Mörchen von der Initiative. | |
Bei der Bremer Ärztekammer etwa sieht der Arzt Hans-Joachim Streicher | |
„klare Indizien für eine Verstrickung im Sinne einer stillschweigenden | |
Komplizenschaft“. Dennoch weigere sich die Kammer bis heute, sich mit dem | |
Thema zu befassen. | |
Der Prozess gegen den verantwortlichen Polizeiarzt Igor V. war im November | |
2013 endgültig eingestellt worden. Für die Vergabe der Brechmittel, die von | |
1991 bis 2004 systematisch zur vermeintlichen Beweissicherung eingesetzt | |
wurde und von der hauptsächlich schwarze Menschen betroffen waren, wurde | |
niemals jemand verurteilt. | |
1992 hatte der damaligen Justizsenator Henning Scherf (SPD) für die | |
Prozedur die rechtliche Grundlage geschaffen, die vom Ärztlichen | |
Beweissicherungsdienst unter Leitung von Michael Birkholz durchgeführt | |
wurde und die Grundlage für zahlreiche Anklagen durch die | |
Staatsanwaltschaft und Urteile durch Bremer Richter war. 2006 sah der | |
Europäischen Menschenrechtsgerichtshof darin einen Verstoß gegen das | |
Folterverbot. | |
## Gedenkaktion gegenüber der Kunsthalle: 7. 1., 17.30 Uhr; | |
## Bestellung der Broschüre (ab 8. 1.): | |
5 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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