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# taz.de -- Die Wahrheit: Patentierte S-M-Partnerschaft
> Jedem Sachsen sollte ein persönlicher Muslim zugeordnet werden. Denn die
> Sachsen-Muslim-Partnerschaft geht rechnerisch perfekt auf.
In meiner Jugend war alles besser. Deutschland gab es noch zweimal und „Du
Sachse!“ war eines der beliebtesten Schimpfwörter in unserer
Pubertanden-Clique. Natürlich kannten wir gar keine Sachsen, aber das stört
ja bekanntlich nicht bei der Generierung eines Feindbilds. Doch, warte mal,
ein paar hatten in unserem Land Asyl beantragt und waren nicht
zurückgeschickt worden.
Die waren eigentlich ganz okay, außer dass einer unbedingt Zahnarzt werden
musste. Aber wir meinten es ja auch nicht persönlich. In unserem Land meint
niemand je irgendwas persönlich. Der Sachse um die Ecke ist immer nett,
aber alle Sachsen zusammen sind eine Bedrohung des Abendlands. Wir haben
uns auch gar nichts dabei gedacht. In diesem Land denkt niemand je
irgendwas.
Na ja, was soll ich sagen, schon in der nächsten Generation waren die
Sachsen assimiliert, sprachen feinstes Breit-Hamburgisch und waren von uns
Eingeborenen kaum zu unterscheiden, außer vielleicht, dass sie in der
Schule Ehrgeiz zeigten, wie es Migrantenkinder manchmal tun. Wir
versuchten, ihnen das nicht übel zu nehmen, und das nächste Schimpfwort war
„Du Sänger!“.
Eigentlich kannten wir keine Sänger außer denen im Fernsehen, und warum
die, außer wegen alberner Glitzer-Outfits, zu verabscheuen waren, kann ich
heute nicht mehr erklären. Wir waren halt jung und brauchten die
Schimpfwörter.
## Die Sachsen sind ein gottloser Haufen
##
Inzwischen bin ich vom pöbelnden Teenie zur ängstlichen Oma geworden und
gründe demnächst die ENGSDÖ – „Eingebildete Norddeutsche gegen die
Sachsifizierung der Öffentlichkeit“. Ich rufe jeden assimilierten
Exilsachsen der alten Bundesrepublik auf, sich von dem politischen Unfug in
Dresden zu distanzieren, sonst muss ich ihn als Schläfer betrachten und
anzeigen. Jeder Sachse hat sich für sein Sachsendasein künftig zu
rechtfertigen oder gleich zu entschuldigen.
Denn den Sachsen wird irgendwann einfallen, Niedersachsen (!) sei ihr
Kerngebiet, Stammland quasi, und dann sickern sie ein und werden versuchen,
uns mit Eierschecken und ihrem Dialekt unmerklich zu sachsifizieren.
Zuckerzeug und Sprachpeitsche, so in dem Stil. Das ist ein realistisches
Szenario – ihre Kinder dürfen ja längst in unseren Schulen sächsisch reden,
ohne Disziplinarmaßnahmen fürchten zu müssen!
Außerdem sind sie ein verdammt gottloser Haufen, während bei uns immer noch
die Kirche mit dem Kreuz über alles wacht. Wir überstehen hier nicht mal
die Einschulung ohne Gottesdienst, und dann kommen die und glauben einfach
nichts, so geht es ja nun auch nicht. Ein bisschen Anpassung wird man schon
noch verlangen können, oder?
Zur Vermeidung weiterer aufziehender Konflikte schlage ich vor, in Zukunft
jedem Sachsen seinen persönlichen Muslim zuzuordnen oder umgekehrt – es
gibt vier Millionen Sachsen und vier Millionen Muslime in diesem Land,
Überschneidungen praktisch keine. Die Sachsen-Muslim-Partnerschaft, das
lasse ich mir patentieren. Christstollendöner. Zuckerfest mit Kaffeetante.
Ich bin auf jeden Fall dabei.
14 Jan 2015
## AUTOREN
Susanne Fischer
## TAGS
Hamburg
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Schwerpunkt Pegida
Sachsen
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Claus Weselsky
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